Ein Erfahrungsbericht von YOUPAX-Autorin Sophie Kiko
Ich lebe im Stress und frage mich oft, ob das eigentlich noch gesund ist.
Einen vollen Tag hat jeder Mal. Von der Uni, schnell noch was einkaufen, für ein paar Stunden auf der Arbeit einspringen und abends zum Geburtstag einer Verwandten. Was für viele die Ausnahme ist, ist für mich eher der Alltag. Ich lebe und studiere in Münster – zwei Fächer: Deutsch und Englisch. Um das zu finanzieren, pendle ich einen Tag die Woche zu meinem Job in Soest. Aus meinem persönlichen Glauben heraus ist es mir wichtig, mich zusätzlich zu engagieren und für andere einzusetzen: als Teil der Fachschaft meines Studienfachs, in der Hochschulpolitik, als langjährige KjGlerin und in meiner Heimatgemeinde. Dabei gebe ich ehrlich zu: Nein sagen fällt mir schwer.
»Es gibt Nächte, in denen ich nicht schlafen kann, weil ich die Gedanken und Aufgaben nicht aus meinem Kopf verbannen kann «
Wer versucht, so viele Dinge gemeinsam mit seinen persönlichen Interessen unter einen Hut zu bringen, stößt automatisch auch an seine Grenzen. Mit jeder Rolle, die ich einnehme, gehen Aufgaben, Termine und Verpflichtungen einher, für die es Zeit und Raum zu finden gilt. Die kleine Perfektionistin in mir möchte Bestleistungen im Studium erzielen, im Ehrenamt möchte ich möglichst immer dabei sein und meine Freunde würden gerne öfter Zeit gemeinsam verbringen. Um das leisten zu können, sind meine Tage durchstrukturiert und ich versuche, jede Zeit sinnvoll zu nutzen. Lange ToDo Listen sind nicht ungewöhnlich, ein freier Tag im Kalender unüblich und eine Zugverspätung viel zu häufig ein mittelgroßes Desaster.
Meine Freunde und Familie kennen mich nicht anders und haben sich damit arrangiert. Die Reaktionen variieren zwischen Frustration, weil mit mir keine Termine zu finden sind und Bewunderung für meine Disziplin und Struktur. In den meisten Fällen geht meine Planung auf und alles findet seinen Platz. Häufig genug klappt das aber auch nicht. Dann vergesse ich eine Verabredung, bin viel zu spät oder stelle meine Beiträge für YOUPAX erst weit nach dem abgesprochenen Datum fertig. Und obwohl ich mich für solche Situationen entschuldige, bleiben sie nervig für meine Mitmenschen, die sich auf mich verlassen, und sorgen in mir für ein schlechtes Gewissen.
Stress geht nun mal an keinem spurlos vorbei. Es gibt Nächte, in denen ich nicht schlafen kann, weil ich die Gedanken und Aufgaben, die mich beschäftigen, nicht aus meinem Kopf verbannen kann. Es gibt Tage, an denen ich nach einer besonders stressigen Zeit wiederum so erschöpft bin, dass ich nicht aus dem Bett komme. Trotz Vorlesung um 8 Uhr. Und es gibt auch die Momente, in denen mich die Überforderung überkommt, mir zum Weinen zu Mute ist und meine beste Freundin sich endlose Sprachnachrichten anhören muss.
Möglicherweise sollte man viel eher an dem Gedanken arbeiten, grundsätzlich all den verschiedenen Rollen zu 100 % gerecht werden zu müssen. Ist das nicht einfach eine Idealvorstellung, die uns täglich viel mehr stresst, als die Termine? Wenn andere mir sagen, dass sie eine anstrengende Zeit durchleben und Dinge dabei auf der Strecke bleiben, kann ich das nur zu gut nachvollziehen. Schließlich betonen wir auch immer wieder, dass Gott jeden so liebt und annimmt, wie er ist. Dieser Gedanke fasst ziemlich genau das zusammen, was ich glaube und warum ich davon so überzeugt bin. Mein Ziel ist es meine Mitmenschen mit all ihren Stärken, Schwächen und Fehlern zu akzeptieren und zu unterstützen wie auch Gott es tut. Vielleicht sollte ich mir dieses Ziel nicht nur für den Umgang mit anderen setzten, sondern auch für den mit mir selbst: Beginnen mir Fehler zuzugestehen, Überforderung einzusehen und auf der anderen Seite trotzdem stolz auf das sein, was ich bereits geleistet habe. Wenn ich diesen Grundgedanken im Herzen trage, kann ich auch meine Ambition, immer perfekt sein zu müssen, guten Gewissens vergessen. Gott liebt mich mit all meinen Fehlern und wenn ich das auch tue, bekommt Perfektion eine viel nichtigere Dimension.
Den Glauben so zu verstehen, fällt mir deutlich leichter, als diesen Gedanken tatsächlich im täglichen Stress zu verinnerlichen, um nicht in gewohnte Muster und Vorwürfe zu verfallen. Ein guter Freund hat vor einigen Tagen seinen Vater zitiert und mir in all meiner chaotischen Hektik entgegnet: „Nimm dir die kleinen Momente. Manchmal muss man den Gedanken einfach Zeit geben, um sich zu entfalten.“ Und ich glaube, damit hat er mehr als Recht. Dann wird die Zeit im Zug eben einmal nur zum Musikhören genutzt und zwischen den Bib-Zeiten eine Kaffeepause mehr eingebaut. Dann nehme ich mir eben mal Zeit für einen Weinabend mit den Mädels, um wieder mal zu merken, dass ich mit meinen Problemen nicht allein bin. Pausen sind definitiv essentiell im Umgang mit Stress, aber auch einige weitere Tipps und Tricks, können dabei helfen, entspannter und strukturierter mit der eigenen Belastung klarzukommen.
10 Tipps für den Umgang mit Stress
1. Auf dem Papier ist aus dem Kopf
Aufschreiben ist für mich ein Schlüssel, um mit allen Aufgaben und Terminen umgehen zu können. Wenn man an viele Dinge denken muss, ist es nicht verwunderlich, dass man immer mal wieder etwas vergisst. Grade wenn ich nicht schlafen kann, weil darüber nachdenke, was alles noch zu tun ist hilft es mir, all das aufzuschreiben. Indem ich aus diesem Wirrwarr eine ordentliche Liste für den nächsten Tag schreibe, mache ich sie mental an dem nächsten Tag fest und verhindere, dass sie mich nachts noch belasten.
Wenn es um das Aufschreiben geht, habe ich für mich mittlerweile durch viel ausprobieren ein gutes Konzept gefunden. Mir hilft es, für alle Gedanken einen Ort zu haben. Aus diesem Grund trenne ich ganz klar zwischen Terminen, Studium, Ehrenamt und Arbeit. Alles hat seinen Platz, und zwar jeweils in einem eigenen Notizbuch.
Meine Strategie: Alles direkt aufschreiben und für jeden Bereich einen Platz haben.
Meine Strategie: Den Überblick behalten und gezielt Zeit nehmen um zu lernen und Freunde, Familie oder Partner zu sehen.
Meine Strategie: Wochentags zu einer festen Zeit aufstehen, entspannt in den Tag starten und die Kraft daraus mitnehmen.
Meine Strategie: Täglich eine ToDo Liste schreiben in der Termine und Aufgaben zusammenkommen. Dabei werden die Aufgaben in drei Prioritäten sortiert, um Wichtiges zuerst zu erledigen.
Meine Strategie: Große Ziele in viele kleine Schritte unterteilen und sich darüber freuen, wenn sie erledigt sind.
Meine Strategie: Darauf achten welche Menschen, Orte und Situationen mir Ruhe und Kraft geben und diese nutzen und wertschätzen.
Meine Strategie: Ehrlich damit sein an Grenzen zu stoßen und Fehler und Überforderung offen kommunizieren.
Meine Strategie: Alles mit meiner besten Freundin teilen, sie um Rat bitten und ihr zeigen wie dankbar ich dafür bin, sie zu haben.
9. Das Handy als Freund und Feind
Das Handy begleitet uns eigentlich überall hin. Für mich ist das Fluch und Segen zugleich. Viel zu oft versinke ich in Instagram, Facebook und Snapchat und merke gar nicht, wie die Zeit verfliegt. Auf der anderen Seite gibt es unzählige praktische Annehmlichkeiten, die das Smartphone mitbringt. Wer eher digital unterwegs ist, findet für nahezu alles hier eine App und kann bequem Termine, Bankgeschäfte und anstehende Aufgaben verwalten. Wer wirklich effektiv arbeiten möchte, sollte das Gerät aber auch mal in der Tasche lassen um Ablenkung zu vermeiden. Alternativ lassen sich Handys auch in den Flugmodus stellen und einige Hersteller ermöglichen es die tägliche Nutzungszeit für konkrete Apps zu begrenzen. Auch den Bildschirmen auf schwarz-weiß zu stellen, soll dabei helfen, sich nicht so schnell bzw. lange von sozialen Medien ablenken zu lassen.
Meine Strategie: Das Handy für sinnvolles Dinge auf jeden Fall immer dabeihaben, aber darauf achten, sich nicht zu viel ablenken zu lassen.
Meine Strategie: Versuchen abends direkt aufzuräumen, sich an die eigenen Ordnungssysteme halten und Zeit, die man beim Suchen spart, für schöne Dinge nutzen.