Jesus tauft Maria Magdalena am Ufer eines Sees.
NEU im Kino

Maria Magdalena

"Ich werde nicht schweigen. Ich werde gehört werden."

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Von Miriam Pawlak

"Ich werde nicht schweigen. Ich werde gehört werden." Stark wie diese Aussage stellt sich Maria Magdalena (Rooney Mara) vor die Jünger Jesu, zu deren Kreis sie selber im Film gehört. Ihre mutige Art, die sich ab ihrer Berufung in die Jüngerschaft durch den gesamten Film zieht, stellt ihren Charakter dar. Für die damalige Zeit, ist sie eine Rebellin, die den Bogen aber niemals überspannt, sondern stets gewissenhaft und ruhig handelt. Darum geht es im gleichnamigen Bibeldrama "Maria Magdalena", das jetzt in den Deutschen Kinos läuft.

Weil sie nicht wie jede "normale" Frau heiraten möchte und stattdessen in den Tempel flieht, um dort im Gebet Gottes Nähe aufzusuchen, vermutet ihre Familie, dass sie von einem bösen Dämon besessen ist. Nachdem ein von ihrem Vater exorzistisches Ritual sie nur verschreckt und emotional noch mehr von den traditionellen Absichten ihrer Familie trennt, lernt sie über ihren Bruder Jesus (Joaquin Phoenix) kennen. Während die Kamera auf Maria Magdalena ruht, ist Jesus zwar präsent, jedoch zunächst nur über seine Stimme wahrnehmbar. In dem Moment, indem ihre Blicke das erste Mal aufeinander treffen, bleiben ihre Augen aufeinander haften. Die Besonderheit ihrer Freundschaft, die auf Augenhöhe ist, wird von der ersten Sekunde an deutlich. Von da an folgt sie Jesus.

Maria Magdalena am Strand von Magdala. Während sie Fischernetze flickt, verspürt sie eine innere Sehnsucht nach Gott.
Petrus, der Jünger, den Jesus mit Maria Magdalena zur Verkündigung aussendet.
Maria Magdalena, die Apostolin der Apostel.

Jesu Wirken, seine Heilungen und nicht zuletzt die Auferweckung des Lazarus kosten ihm sichtlich Kraft, die bis zur Erschöpfung führt. Maria Magdalena ist diejenige, die es schafft, ihn aus der Extase zu befreien, die ihn aus der gegenwärtigen Welt zu entreißen scheint, und ihn ins Hier und Jetzt zurückzuholen.

Jesus tauft sie. Maria tauft Frauen, die sich vor der Männerwelt fürchten. Als Botin des Glaubens schlägt sie die notwendige Brücke, die es weiteren Frauen ermöglicht, in ihre Fußstapfen zu treten. Eine wahre Heldin.
Doch damit ist nicht genug: Jesus fordert sie auf zu segnen. Sie dient in Nächstenliebe und hingebungsvoller Fürsorge, tränkt Dürstende und verkündet die Botschaft vom Reich Gottes. Sie ist die rechte Hand Jesu, tröstet und ermuntert ihn in schweren Stunden und nimmt damit seinen Platz ein. Sie hält Jesus das Wort und geht den Weg mit - bis zuletzt. 
Sie wird Zeugin seiner Auferstehung.

"Es ist nicht Recht, dass sich eine Frau über uns erhebt."


Noch nie hat es einen Film gegeben, der Maria Magdalena so makellos zeigt: Ihr Porzellan ähnelndes Gesicht deutet bis auf einige Tränen nur vage Emotionen an, ihr Kontakt zu Männern kommt ohne sexuelle Konnotation aus und ihr Ruf als Prostituierte erfährt nicht die geringste Anspielung. Im Gegenteil, sie ist als Frau nicht nur anerkannt im Jüngerkreis, sondern führt diesen an der Seite Jesu und manchmal sogar an seiner Stelle. Nur Petrus kann sich nicht mit ihr anfreunden: "Es ist nicht Recht, dass sich eine Frau über uns erhebt".

Wer den Film unter die theologische Lupe nimmt, der sollte keine hohen Erwartungen haben. Es handelt sich dabei um keine Bibelverfilmung. Neben der Auslassung der Einsetzungsworte bei der Feier des Paschamahls, bei der Maria Magdalena auch anwesend ist, fehlt die Auferstehung Jesu komplett. Der Fokus ist eben ganz auf Maria gerichtet. Dennoch: Wer offen ist für Neuinterpretationen und Fantasie, der wird vielleicht sogar Anregungen finden, sich mit der Geschichte dieser einzigartigen Frau auseinanderzusetzen.

Auch wenn für uns Christen spirituelle Nuancen und rituelle Vollzüge, die biblisch bezeugt sind, zu wünschen übrig lassen, so ist der Film zumindest verständlich in seiner Sprache. Die Grundbotschaft kommt aus dem Mund der Hauptfigur selbst:

"Die Welt wird sich nur ändern,
wenn wir uns ändern."


Marias fester Glauben, die Standhaftigkeit und ihre herausragende Position als Apostolin der Apostel zeugen von einem modernen und emanzipierten Frauenbild. Der Film beweist, dass es auch anders gehen kann. Somit kann man Maria Magdalenas Worte als einen Appell an alle Frauen verstehen, die männlich-hierarchische Strukturen durchbrechen wollen. Eines Tages werden sicherlich auch sie gehört werden.

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