Auf dem Weg in den neuen Alltag
09.09.2019
Perspektive

Aus der Schule - In den neuen Alltag

Wie der Start in das Studium und die Ausbildung wirklich ist

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von Sophie Kiko

August, September, Oktober. In diesen Monaten beginnt für viele junge Menschen ein neuer Lebensabschnitt. Nach dem erfolgreichen Schulabschluss stellen sich alle die eine Frage: Ausbildung oder Studium? Was passt zu mir? Wo will ich hin? Ist die Entscheidung dann getroffen, wird es erst richtig spannend. Was erwartet mich fernab der Schulbank? Einige ziehen aus. Rein in eine neue Stadt. In einen neuen Alltag mit fremden Mitarbeitenden oder Mitstudierenden, die vielleicht neue Freunde werden. 


YOUPAX hat zwei junge Menschen getroffen, die im letzten Jahr bereits in die Ausbildung beziehungsweise ins Studium gestartet sind. Sie berichten von ihrer Entscheidung, vereinzelten Startschwierigkeiten und dem Gefühl „Aus der Schule – In den neuen Alltag“.

Auszubildende Miriam Lewe

»Letztlich habe ich die Ausbildung dem Studium vorgezogen, weil ich dort praktischer arbeiten kann.«

Miriam Lewe 
19 Jahre, Ausbildung zur Mediengestalterin

Miriam hat nach ihrem Abitur die Ausbildung zur Mediengestalterin mit Fachrichtung Gestaltung und Technik begonnen. Die Delbrückerin hat schon immer gerne gezeichnet und kreative Aufgaben erledigt. Nach mehreren Praktika wurde der Beruf der Mediengestalterin für sie immer interessanter. Letztendlich hat sie eine praktische Ausbildung dem Design-Studium vorgezogen. Bis zu ihrem Betrieb fährt die 19-Jährige täglich nur knapp 20 Minuten. Aus diesem Grund kam auch ein Umzug für sie noch nicht infrage.

Die Studenten haben die O-Woche. Feiern Azubis auch ihren Ausbildungsstart?
Mein Ausbildungsbetrieb bietet dafür ein sogenanntes „Azubisegeln“ an. Dabei segeln alle Azubis fünf Tage lang über das Ijsselmeer. Dabei quatscht man ganz viel und lernt sich besser kennen und wird als Team auch viel stärker. Außerdem waren wir einmal mit der ganzen Firma auf Libori. Das kann man vielleicht damit vergleichen.

Wie sieht dein Alltag als Azubi aus? Was unterscheidet Ausbildung und Schule?
Jeder Tag ist komplett unterschiedlich. In einem kreativen Beruf gleicht keine Aufgabe der anderen. Aber genau das macht das Ganze auch extrem interessant. Wir arbeiten immer von 8-17 Uhr mit einer Stunde Mittagspause. Meistens haben wir morgens eine Besprechung, bei der kurz abgeklärt wird, wer noch welche Aufgaben zu erledigen hat. Dann geht es auch schon los: gestalten, drucken, schneiden und Absprachetermine zu Projekten.

Was fiel dir am Anfang schwer? Was hat dir bei der Eingewöhnung geholfen?
Bei uns duzt man sich in der Firma. Auch die Chefs werden alle geduzt und das fällt am Anfang echt schwer, aber eigentlich ist es viel angenehmer und lockerer, so zu kommunizieren. Auch die vielen unbekannten Gesichter haben am Anfang etwas verunsichert. Dabei hat es mir sehr geholfen, dass in unserem Betrieb jedem Azubi ein Pate zur Seite gestellt wird, den man mit seinen Fragen löchern kann.

Azubi sein – was bedeutet das für dich?
Azubi sein ist wirklich cool. Ich darf schon so viel Verantwortung übernehmen und meine eigenen Projekte betreuen. Dabei lerne ich auch so unglaublich viel. Man steigt ganz seicht in das Berufsleben ein - im Gegensatz zu Studierenden, die direkt ins kalte Wasser geworfen werden.

Dein Ausbildungsstart ist noch nicht so lange her. Was rätst du den neuen Azubis?

Immer höflich bleiben, sich aber auch nicht alles gefallen lassen und Probleme immer direkt ansprechen. Meist wird dann nämlich direkt nach einer guten Lösung gesucht.

»Vor allem hatte ich am Anfang durch die verschiedenen Wissensstände den Eindruck, dass alle viel mehr konnten als ich.«

Johannes Lamers
20 Jahre, Studium der Physik

Johannes Lamers

Johannes studiert seit Oktober 2018 Physik an der Technischen Universität Dortmund. Der gebürtige Paderborner hat sich aufgrund der Berufsaussichten für das Physikstudium und gegen das ursprünglich geplante Musikstudium entschieden. Im mathematischen Bereich sei er außerdem schon immer gut gewesen. Weil der tägliche Weg von Paderborn nach Dortmund zu lang gewesen wäre, hat der damals 19-Jährige nach dem Abitur seine Sachen gepackt und ist nach Dortmund gezogen. Er erzählt, welche Umstellung ein Studienanfang in einer fremden Stadt bedeutet.

Wie war es plötzlich alleine zu wohnen, beziehungsweise Familie und Freunde nicht mehr direkt um sich zu haben?
Ganz alleine wohne ich nicht. Ich lebe in einer Zweier-WG, was den Schritt des Ausziehens ungemein erleichtert. Mein Mitbewohner hat mir am Anfang auch dabei geholfen, mich in der Stadt zu orientieren.
Neue Leute kennenzulernen, ging am Anfang echt schnell. Ich habe jedoch auch gemerkt, dass es einen Unterschied macht, ob ich die Leute, mit denen ich zu tun habe, schon mein Leben lang oder erst kurz kenne. Im Physikstudium hatte ich zudem recht selten genug Freizeit, um viel mit den neuen Freunden unternehmen zu können. Außerdem waren meine Kommilitonen und ich an den Wochenenden oft Zuhause. Deswegen haben wir in der Zeit auch wenig zusammen unternommen und es konnten keine so festen Bindungen entstehen, wie man sie vielleicht mit den Leuten aus der Heimat hat.
Durch Telefonate und soziale Medien konnte ich trotzdem immer gut den Kontakt in beide Richtungen halten. Ich war immer auf dem neuesten Stand darüber, was Zuhause und in Dortmund passiert.

Wird in der Orientierungswoche – also der Einführungswoche zu Beginn des ersten Semesters - wirklich so viel getrunken und sind Erstsemester echt so verpeilt, wie Vorurteile besagen?
In der O-Woche wurde bei uns moderat viel getrunken. Im Vergleich zu anderen Studiengängen war unsere O-Woche auch nicht so umfangreich. Da zu der Zeit noch der Vorkurs in Physik lief, haben sich viele zurückgehalten, um nicht allzu viel vom wichtigen Kurs zu verpassen.
Am Anfang war man schon relativ verpeilt. Die Uni ist aber auch daran interessiert, dass man sich schnell zurechtfindet. Es gab viele Hilfen in Form von Treffen oder einer Erstizeitung und die Professoren und Kommilitonen waren alle sehr hilfsbereit.

Vorlesungen, Seminare, Hausarbeiten – was unterscheidet Unis und Schule? Wie gut kommst du im Unialltag klar?
Der größte Unterschied ist, glaube ich, die Art des Unterrichts. In der Schule war man eher Teil des Unterrichts. Durch das Melden konnte man quasi mit dem Lehrer reden, Fragen klären oder diskutieren. Es war persönlich und die Art des Lernens fiel mir leichter. In der Uni muss man den Professoren vor allem zuhören. Natürlich sind auch Fragen erwünscht, jedoch ist eine gewisse Hürde vorhanden, im Vorlesungssaal mit Hunderten Fremden potenziell „doofe Fragen“ zu stellen.
Vor allem hatte ich am Anfang durch die verschiedenen Wissensstände den Eindruck, dass alle viel mehr konnten als ich, wodurch ich manchmal verzweifelt vor irgendwelchen Aufgaben saß, die andere mit links geschafft haben. Das war recht demotivierend. Später erst wurde mir bewusst, dass meine Kommilitonen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen hatten. Ich hatte auch Schwierigkeiten damit, eine Arbeitsgruppe zu finden, da relativ viele Mitstudierende in der ersten Zeit schon wieder aufgehört haben. Nachdem ich dann aber eine Gruppe gefunden hatte, mit der ich gut arbeiten konnte, war der ganze Stoff deutlich einfacher zu lernen. Die Menge ist deutlich größer als in der Schule, wodurch es vorkam, dass ich an einigen Tagen 12 Stunden in der Uni war, Vorlesungen besucht und Aufgaben gerechnet habe. Durch die Gruppe war das aber nie wirklich problematisch und hat deutlich mehr Spaß gemacht, als alles alleine verstehen zu wollen.

Lernender Student

Studentenleben – was bedeutet das für dich?
Studentenleben bedeutete vor meinem Studium noch viel Party machen, viel Freizeit haben und zur Uni gehen wann man möchte. Vor allem beim Physikstudium sah die Realität dann anders aus. Es hat wahnsinnig viel Zeit in Anspruch genommen. Und am Anfang, wenn man vielleicht noch nicht so die richtigen Leute gefunden hat, war es recht knifflig mal in die Stadt zu gehen oder Ähnliches. Mittlerweile hat sich das natürlich geändert. Jetzt ist man zwar immer noch hauptsächlich in der Uni, aber das kann ja auch Spaß machen. Und wenn man dann abends mal Zeit hat, geht man auch gemeinsam etwas trinken. Studentenleben in den Semesterferien besteht zu Beginn wegen anstehenden Klausuren viel aus Lernen, aber dann ist es super. Man hat ewig frei und kann alles machen, worauf man Lust hat, da alle anderen ja auch frei haben. In der Zeit kann man das Studentenleben schon eher so verbringen, wie ich es mir ursprünglich vorgestellt habe.

Dein Studienbeginn ist noch nicht so lange her. Was rätst du den diesjährigen Erstis?

Zieht erst mal in eine WG. Man glaubt gar nicht, wie wichtig es ist, dass wenigstens einer da ist. Das fällt dann am meisten auf, wenn nämlich gerade niemand da ist, aber man Hilfe benötigen würde.
Dann: Stellt immer Fragen. Es hilft keinem, wenn man sich nicht traut. Auch wenn die anderen alle den Eindruck machen, viel mehr zu können als man selbst, geht es denen genau wie euch.
Und es ist wichtig, direkt viel mit anderen Leuten zu machen. Sowohl für die Uni als auch in der Freizeit. In einer fremden Stadt sind Leute, die man kennt, ziemlich hilfreich.

Wie ihr euch also auch entscheidet, ob Ausbildung, Studium oder doch ein ganz anderer Weg: Macht euch bereit für einen aufregenden, neuen Lebensabschnitt. Seid gespannt auf das, was auf euch wartet, und habt den Mut die Herausforderungen, die auf euch zukommen, anzugehen.

»Der Herr selbst zieht vor dir her. Er ist mit dir. Er lässt dich nicht fallen und verlässt dich nicht. Du sollst dich nicht fürchten und keine Angst haben.«

5. Mose 31, 8.

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