YOUPAX wünscht mit dieser Andacht Frohe Ostern
Der indische Jesuit Anthony de Mello erzählt auf eindringliche und humorvolle Weise folgende Begebenheit:
Vor einiger Zeit hörte ich im Radio von einem Mann, der an die Zimmertür seines Sohnes klopft und ruft: „Jim, wach auf!“ Jim ruft zurück: „Ich mag nicht aufstehen, Papa.“ Darauf der Vater noch lauter: „Steh auf, du musst in die Schule!“ „Ich will nicht zur Schule gehen.“ „Warum denn nicht?“, fragt der Vater. „Aus drei Gründen“, sagt Jim. „Erstens ist es so langweilig, zweitens ärgern mich die Kinder und drittens kann ich die Schule nicht ausstehen.“ Der Vater erwidert: „So, dann sage ich dir drei Gründe, wieso du in die Schule musst: Erstens ist es deine Pflicht, zweitens bist du 45 Jahre alt und drittens bist du der Klassenlehrer.“
»Es gibt viele Situationen wo wir am liebsten die Decke über den Kopf ziehen möchten. Es gibt genügend Ausreden, um liegenzubleiben.«
Wer kennt das nicht? – Es gibt viele Situationen, in denen wir am liebsten die Decke über den Kopf ziehen möchten. Es gibt genügend Ausreden, um liegenzubleiben. Bei mir kommt das schon mal vor, wenn ich einen vollen Terminkalender habe und morgens aufwache, dann würde ich am liebsten die Decke über den Kopf ziehen. Jim ist jedenfalls um Ausreden nicht verlegen. Doch wer liegenbleibt steht in der Gefahr den Tag, die Chancen des Tages, die vielen ungenutzten Augenblicke zu verschlafen! Der Vater nennt eindringlich und für uns humorvoll gute Gründe dagegen, er nennt Gründe für das Aufstehen!
Aufstehen und auferstehen, das ist im Neuen Testament übrigens dasselbe Wort „anhistemi“. Mit diesem Wort beschreibt die Bibel, wie Menschen ins Leben zurückkehren. Die kranke Schwiegermutter des Petrus steht auf oder der Gelähmte, die Tochter des Jairus oder Maria, die um ihren toten Bruder Lazarus trauert und hört, dass Jesus kommt: Sie steht schnell auf und geht ihm entgegen. Und mit diesem Wort erzählt die Bibel, was zu Ostern passiert: Jesus steht auf!
Wir sagen meistens „auferstehen“. In der Kirche schieben wir eine Silbe in das Alltagswort und trennen es von dem, was wir täglich erleben. Aus „aufstehen“ wird „auferstehen“ und aus „aufwecken“ „auferweckt“. Doch Ostern gehört mitten in unseren Alltag. Wie Jesus werden wir von Gott höchstpersönlich aufgeweckt: AUFSTEHEN! So haben die Frauen am Ostermorgen von den Engeln erfahren: „Was sucht ihr den Lebendigen bei den Toten. Er ist nicht hier, er ist auferstanden!“
Es gibt so viele Gründe, um liegenzubleiben, um die Decke über den Kopf zu ziehen, um sich selbst zu bemitleiden, es gibt so viel Resignation, so viel Tödliches und Todbringendes was uns erdrückt und uns das Leben schwer macht. Es gibt so viel Karfreitagsstimmung, die uns erdrückt.
Deshalb möchte ich zum Osterfest alle aus dem Schlaf der Gleichgültigkeit, des Desinteresses, der Resignation aufwecken. Denn Ostern heißt: ALLE, DIE GLAUBEN, SOLLEN AUFSTEHEN! Mit drei Argumenten möchte ich sie wachrütteln:
1. Hunderttausende Schülerinnen und Schüler demonstrieren bei „Fridays for Future!“ für eine bessere Klimapolitik. Ihnen liegt Mutter Erde am Herzen. Sie bleiben nicht liegen, sondern sie stehen auf, weil es so nicht weitergeht. Aufstehen für die Schöpfung: Das heißt Ostern.
2. Die Kirche steckt in einer Vertrauenskrise. Durch den Missbrauchsskandal wenden sich tausende Menschen von ihr ab und treten aus. „Das kann doch alles nicht wahr sein!“ – Unfassbar, Wut und Ohnmacht machen sich breit. Aufstehen heißt hier: Jetzt sich erst recht für eine Kirche einzusetzen, die aus den schweren Fehlern lernt, die für die Opfer da ist, die in den Dialog mit den Menschen tritt. Aufstehen für eine neue Kirche für die man sich nicht schämen muß, aufstehen für eine Kirche, die Lust macht auf Jesus Christus, die mir wieder Mut macht und die Menschen für das Evangelium gewinnt! Das heißt Ostern.
3. Wir leben seit gut 74 Jahren im Frieden. Die Nachkriegsgenerationen kennen keinen Krieg. Ich auch nicht. Doch es gibt in unserem Land wieder Tendenzen, die mir Angst machen, die mit der Angst der Menschen spielen. Flüchtlinge raus, raus aus Europa, Deutschland den Deutschen, die das Mahnmal des Holocaust als Schandmal Deutschlands bezeichnen… Mit ähnlichen Parolen wurde unser Land schon einmal in den Abgrund gestürzt. 6 Millionen Juden wurden vergast oder auf andere grausame Weise umgebracht. Über 50 Millionen Menschen hat der zweite Weltkrieg das Leben gekostet. Das ist tiefster Karfreitag, das riecht nach Tod und Verwesung. Ziehen wir bitte angesichts unserer Geschichte nicht die Decke über unseren Kopf, sondern stehen wir vielmehr auf, damit der Jugend und uns nicht der Kopf verdreht wird. Aufstehen für Frieden, Solidarität und Gerechtigkeit! Das heißt Ostern!
Aufwachen und aufstehen und nicht wie unser Jim aus der de Mello-Geschichte liegen bleiben und die Decke über den Kopf ziehen. Es gibt noch viele weitere gute Argumente zum Aufstehen. Überlassen wir das Leben nicht dem Tod und den tödlichen Parolen. Denn Ostern heißt: ALLE, DIE DARAN GLAUBEN SOLLEN AUFSTEHEN!
Dafür stehe ich gerne auf!
In diesem Sinne wünsche ich „Frohe Ostern – Halleluja!
»ALLE, DIE DARAN GLAUBEN SOLLEN AUFSTEHEN! .«
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