Die Wallfahrtskapelle Dörnschlade im südlichen Sauerland
Die Wallfahrtskapelle Dörnschlade im südlichen Sauerland
24.02.2022
Heimat

Allein

Warum Pater Norbert Cuypers als Einsiedler im Sauerland lebt

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von  Laura Reuter

Er war auf Papua Neuguinea, in Österreich und Berlin. Pater Norbert Cuypers ist Ordensmann der Steyler Missionare. Heute lebt er im Sauerland. Als Einsiedler. Auf der Dörnschlade, einem Wallfahrtsort mitten im Wald des südlichen Sauerlands. Und irgendwie auch mitten im Nichts. Was hat ihn zu diesem Schritt bewegt? Wie sieht sein Alltag als Einsiedler aus? Und was können wir von ihm lernen?

Pater Norbert Cuypers

»Einsam bin ich nicht, aber sehr viele Stunden am Tag allein. Und das ist auch gut so: Bei sich zu sein.«

Pater Norbert Cuypers
Lebt als Einsiedler im Sauerland

Aus Berlin in eine Einsiedelei im Sauerland

Seit er 20 Jahre alt ist, ist Norbert Cuypers Ordensmann. Als Steyler Missionar hat er in verschiedenen Ländern der Welt gelebt. Immer dort, wo er gebraucht wurde. In Berlin war er zuletzt für die jungen Menschen verantwortlich, die neu in den Orden aufgenommen wurden. Er mochte Berlin und die Gemeinschaft dort. Doch über mehrere Jahre ist in ihm die Sehnsucht nach mehr Stille und Zurückgezogenheit gewachsen.

Eremit zu werden, entscheidet man eben nicht von heute auf morgen. Auch Pater Norbert hat lange mit dem Gedanken gerungen. Abends Sorgen, Zweifel, Ängste. Morgens im Gebet jedoch Gewissheit und Ruhe: „Obwohl ich auf viele Fragen keine Antworten hatte, spürte ich immer dieses: Doch, mach das. Also habe ich beschlossen, es auszuprobieren.“

Über seinen ersten Besuch auf der Dörnschlade spricht er von Liebe auf den ersten Blick. Es kommen viele Leute hier her. Aber trotzdem ist es immer still. Das fasziniert ihn. Inzwischen lebt Pater Norbert fünfzehn Monate in seiner Klause. Einem Häuschen von etwa 30 Quadratmetern Grundriss.

Kapelle Dörnschlade
Pater Norbert kümmert sich um den Garten
Anbetung in der beleuchteten Kapelle

In der Stille auf Gott hören

Pater Norbert ist ansprechbar für die Menschen, die zur Dörnschlade kommen. Er feiert auch Messen und Andachten. Aber viel Zeit verbringt er bewusst allein. Der Eremit erklärt: „Einsam bin ich nicht, aber sehr viele Stunden am Tag allein. Und das ist auch gut so: Bei sich zu sein. Ich glaube, das ist eine Krankheit unserer Zeit, dass viele Menschen außer sich sind.
Außer sich vor Wut, außer sich vor Frust oder was auch immer. Und wenn ich außer mir bin, dann bin ich eben nicht bei mir. Und ich glaube, dass wir nur gut aufeinander zugehen können, wenn man immer wieder auch bei sich selbst ist. Mit sich selbst im Frieden. Im Einklang. Das klingt natürlich einfacher als es ist. Deswegen übe ich das jeden Tag neu.“

Unter dem Dach seiner Klause gibt es einen kleinen Gebetsraum. Schlichte weiße Wände, eine Ikone, ein ewiges Licht. Keine Ablenkung. Jeden Vormittag zieht Pater Norbert sich für eine Schweigemeditation hierher zurück. Diese Stunde der Stille ist ihm besonders wichtig. Er erklärt: „Stille hat für mich viel mit meiner Gottesbeziehung zu tun. Wir denken oft, Beten ist, dem lieben Gott den ganzen Tag etwas zu erzählen oder ihm aus dem Gotteslob ein paar Stellen vorzulesen. Aber für mich ist Gebet erst einmal ein Hören, was Gott mir denn zu sagen hat. Und um hinhören zu können, muss man auch mit Dingen aufhören.“

»Ich glaube, dass wir nur gut aufeinander zugehen können, wenn man immer wieder auch bei sich selbst ist.«

Pater Norbert Cuypers

Was er während dieser Zeit der Stille in sich wahrnimmt, hält der Pater in einem Tagebuch fest. Außerdem nutzt er den Vormittag, um geistliche Texte zu lesen und einen spirituellen Podcast zu hören. Fernseher und Radio hat er nicht, aber WLAN brauche man heutzutage selbst als Einsiedler. Dann heißt es Kochen und den Haushalt erledigen. Am Nachmittag kümmert sich Pater Norbert um die Kapelle. Oft kommen auch Menschen für ein Gespräch zu ihm. Zur Beichte, für eine Aussprache oder auf der Suche nach einem Rat.

Ein missionarischer Ort

Über sein neues Zuhause im Sauerland sagt der Pater: „Die Dörnschlade ist ein Ort, den es seit über 600 Jahren gibt. Dieser Ort ist durchgebetet. Seit Generationen kommen Menschen hier hin. Bis heute. Und zwar nicht nur alte Menschen. Ich beobachte auch sehr viele junge Menschen, die du sonntags wahrscheinlich nicht in der Kirche siehst.“

Zur Dörnschlade kann jeder kommen, um sich einen Augenblick Stille zu gönnen. Pater Norbert berichtet auch von Muslima und indischen Christen. Von den verschiedensten Menschen, die kommen, um auf ihre persönliche Weise zu beten. Oder auch nicht zu beten. „Diese Weite, diese Offenheit, die liebe ich! Du kannst hier eben kommen, ohne dass jemand etwas von dir verlangt.“

Er ist sich sicher, dass alle Menschen religiös sind. Die Suche nach Sinn und Orientierung sei schon immer Teil des Menschen. Und mit diesen Fragen kommen die Menschen zur Dörnschlade. Daher hält Pater Norbert den Ort für „sehr missionarisch.“ Er erklärt: „Missionarisch nicht im Sinne, dass Leute bekehrt werden. Aber ein Ort, wohin auch Menschen gerne kommen, die vielleicht fern stehen von der Kirche. Eben als Suchende.“

Ein Kraftort für Jung und Alt

Neben den Angeboten von Pater Norbert sind dreimal im Jahr junge Leute vom jugendspirituellen Netzwerk Tabor zu Gast auf der Dörnschlade. Verschiedenfarbige Strahler beleuchten dann die Kapelle, in der die ganze Nacht angebetet wird. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen bilden eine Gebetskette. Verbringen ihre persönliche Stunde mit Jesus. „Das ist auch für mich Wahnsinn. Das würde man in Berlin nicht hinkriegen“, erzählt Pater Norbert begeistert.

„Für mich ist das schön, wenn ich abends dann ins Bett gehe und sehe die beleuchtete Kapelle. Ich lege mich schlafen, aber weiß: Die ganze Nacht wird weitergebetet. Und wenn ich morgens aufstehe, sind da noch immer Leute am Beten. Ja, das ist wirklich ein Kraftort. Das finde ich wunderbar!“

»Für mich ist das schön, wenn ich abends dann ins Bett gehe und sehe die beleuchtete Kapelle. Ich lege mich schlafen, aber weiß: Die ganze Nacht wird weitergebetet.«


Die nächste Gebetskette von Tabor wird am 4. März in der Kapelle Dörnschlade stattfinden.

Gebetskette durch die Nacht in der Kapelle Dörnschlade
Gebetskette durch die Nacht in der Kapelle Dörnschlade

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