"Wir sind dazu geschaffen, gemeinsam unterwegs zu sein. Im Leben und im Glauben."
Es ist an der Zeit, dass alle davon erfahren: Der Messias ist da. Jesus Christus. Er heilt Kranke, er verkündet ein Reich des Friedens, er verändert das Leben von so vielen Menschen. Darum sendet Jesus im zehnten Kapitel des Lukasevangeliums 72 Jünger aus. Jeweils zu zweit. Als Duo.
Also brechen sie auf. In fremde Städte, zu unbekannten Menschen. Sicher waren sie auch nervös, wie die Menschen auf sie und ihre Botschaft reagieren werden. Schließlich warnte sie Jesus: „Ich sende euch wie Schafe unter Wölfe“.
Liebe Jugendliche und junge Erwachsene, ein Detail fasziniert mich an dieser Geschichte: Dass Jesus weiß, dass die Aufgabe der Jünger nicht leicht wird. Und auch, dass er sie zu zweit sendet. Ich denke: Darin steckt ein großartiges Zeichen, gerade für euch, die junge Generation. Für euch, die ihr die Gegenwart und Zukunft der Kirche seid.
»Es ist gut, dass es dich gibt«
Erzbischof Hans-Josef Becker
Wenn Jesus seine Jünger zu zweit aussendet, möchte er sie davor bewahren, sich einsam zu fühlen. Natürlich gibt es Momente des Alleinseins, die zum Glauben dazugehören. Wenn wir uns allein an einen etwas ruhigeren Ort zurückziehen, um zu beten. Oder, wenn sich der ein oder die andere vielleicht sogar einige Tage zu Exerzitien aufmacht. Aber Alleinsein ist etwas anderes als Einsamkeit. Einsamkeit ist das Gefühl, dass niemand da ist, der an mich denkt, der mich mag oder der sagt: "Es ist gut, dass es dich gibt!"
Jesus macht klar: Dieses Gefühl gehört nicht zum Reich Gottes. Es ist ein Gefühl, das Zweifel, Traurigkeit und Angst schürt und uns nicht zu Gott hin, sondern allzu oft von ihm wegführt. Wir brauchen Menschen an unserer Seite, die uns stützen und uns das Gefühl geben: "Du bist nicht allein, und es ist gut, dass es Dich gibt!" – nicht allein im Leben und auch nicht allein im Glauben!
Jesus sendet seine Jünger aus, damit sie das Reich Gottes verkünden. In diesem Reich ist Frieden ganz wichtig. Und wie erzählt man vom Frieden? Zum Beispiel, indem man Frieden vorlebt. Natürlich kann es auch schon herausfordernd sein, mit sich selbst in Frieden zu leben. Innerlich. Aber vor allem lege ich Zeugnis für den Frieden ab, wenn ich in Frieden mit den Anderen lebe. Innerlich und äußerlich.
Wenn die Jünger zu zweit unterwegs sind, können sie zeigen: Seht her, bei all unserer Unterschiedlichkeit – der eine war Fischer, der andere war Zöllner – wir leben und arbeiten in Frieden miteinander. Wir haben ein gemeinsames Ziel, eine gemeinsame Vision, die uns viel wichtiger ist als das, was uns trennt. Wenn die Jünger das vorleben, spüren die Menschen, zu denen sie gehen: Hier scheint etwas Neues angebrochen zu sein.
Wenn wir gemeinsam unterwegs sind, gilt es immer wieder, Kompromisse zu schließen. Was ist die richtige Richtung? Jeder muss abwägen: Was ist für mich unverzichtbar? Wo kann ich auf den Anderen oder die Andere einen Schritt zugehen? Wo kann ich flexibel sein?
Der Apostel Paulus schreibt an einer Stelle an seine Gemeinde, dass es auch manchmal ganz schlicht darum geht, dass wir einander ertragen. Aushalten, dass der Andere oder die Andere auch Macken, Ecken und Kanten hat. Wenn wir das Reich Gottes verkünden und Zeugnis für unseren Glauben ablegen, können wir nicht nur auf uns selbst schauen. Wir schauen auf die Anderen und werden mit ihren Wünschen, Interessen, Erwartungen und Eigenarten konfrontiert. Und daran erst wachsen wir.
Im Letzten geht es nicht nur darum, dass die Anderen einen Schritt mehr auch auf mich oder ich einen Schritt mehr auf sie zugehe. Es geht darum, dass wir alle einen Schritt auf Christus zugehen, immer wieder neu auf ihn hören. Denn Christus hat den ersten Schritt auf uns zu immer schon getan. Wenn wir ihm näher kommen, kommen wir auch einander näher. Das ist meine feste Überzeugung, gerade auch im Blick auf die Kirche, die ihr mitgestaltet.
In dieser Linie sehe ich die wertvollen Impulse unseres jungen Glaubensportals YOUPAX zur Initiative 'Mit Dir wird's ein Wir'. Ich danke dem YOUPAX-Team dafür von Herzen, und ich wünsche mir, dass wir uns alle von diesen Impulsen inspirieren lassen – für die Kirche von morgen, die auch nicht zuletzt mit in euren Händen liegt! Es lohnt sich.
Euer Erzbischof
Hans-Josef
Paderborn, am 22. August 2022
Zur Person
Hans-Josef Becker ist seit 2003 Erzbischof von Paderborn. Er wurde 1948 in Warstein-Belecke geboren und studierte zunächst auf Lehramt für Grund- und Hauptschulen. Danach studierte er Theologie und Philosophie und wurde 1977 zum Priester geweiht. Als Neupriester wirkte er für drei Jahre in St. Bonifatius Paderborn. Danach wechselte er in die St. Nikolas Gemeinde Lippstadt, wo er ab 1987 Pfarrer wurde. 1992 wurde er Dechant des Dekanats Lippstadt.
Ab 1995 erhielt Becker eine neue Aufgabe: Er leitete die damalige Zentralabteilung Pastorales Personal im Erzbischöflichen Generalvikariat Paderborn. 2000 wurde er zum Weihbischof geweiht und 2003 als Nachfolger von Kardinal Degenhardt zum neuen Erzbischof von Paderborn gewählt.
Am 10. Juni 2022 hat Erzbischof Becker Papst Franziskus um die Emeritierung gebeten. Wenn der Papst das Emeritierungsgesuch annimmt, tritt Erzbischof Becker in den Ruhestand. Danach folgt eine Zeit der Vakanz, in der ein Diözesanadministrator die Leitung des Erzbistums Paderborn übernimmt - bis das Paderborner Metropolitankapitel den neuen Erzbischof gewählt hat.