Buntes Statement: Ich liebe Jesus
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20.11.2020
Faszination

Christus, König über die Erde

Warum Christkönig ein politisches Fest ist – und was es mit Widerstand gegen Adolf Hitler zu tun hat.

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von Maike C. Kammüller

Fest der Jugend, Zeichen des Widerstandes gegen den Führerkult unter Adolf Hitler, Protest gegen den Legitimationsverlust der Monarchie – das Christkönigfest hat einiges zu bieten. Dabei ist das Fest noch keine hundert Jahre alt. Papst Pius XI. hat es 1925 eingeführt. Die katholische Kirche feiert Christkönig am Sonntag vor dem ersten Advent, dem letzten Sonntag im Kirchenjahr. Dieser Tag hat viele Namen: evangelische Christen nennen ihn Totensonntag oder Ewigkeitssonntag, Orthodoxe begehen den Sonntag vom Jüngsten Gericht – und Katholiken feiern das Christkönigfest.

Überraschenderweise hat gerade das Christkönigfest einen politischen Ursprung. Es steht also die Frage im Raum: Wozu brauchte es 1925 ein neues Kirchenfest?

Papst Pius XI. hatte sich auf die Fahne geschrieben, eine neue Mode strikt zu bekämpfen: die Trennung zwischen Staat und Kirche. Als die Schlachten des Ersten Weltkriegs vorbei waren entstanden in einigen Ländern neue Demokratien. Nun herrschte das Volk anstatt eines Königs oder Kaisers. Die Demokratiebewegung wollte auch ein Gedankenkonstrukt aufbrechen, das in den Monarchien gegenwärtig war: dass ein Herrscher allein von Gott auserwählt und in Gottes Auftrag regieren würde.

In dieser Situation rief Papst Pius XI. das neue Fest Christkönig ins Leben, um zwei Dinge klarzumachen. Erstens, dass die Katholiken mutig für ihren Glauben eintreten und ihn öffentlich und politisch leben sollen. Und zweitens, dass es darum geht, friedfertige Gesellschaftsordnungen auf Grundlage der katholischen Religion aufzubauen. Ein Leben im Frieden Christi im Reich Christi.

Hatte Jesus nicht versprochen, am Ende der Welt würde sein gerechtes Himmelreich, sein Königreich, anbrechen? Genau diesen Anspruch wollte Papst Pius XI. wieder in das Bewusstsein aller Katholiken rufen. So entstand das Fest Christkönig.

Symbolische Regentschaft: Christus als Figur auf einem Kirchendach
Symbolische Regentschaft: Christus als Figur auf einem Kirchendach

Schon im 19. Jahrhundert gab es eine starke Bewegung, die Herz-Jesu-Verehrung, die in Jesus den gütigen, liebenden Sohn Gottes und König über alle Welt feierte. Das Argument war auch hier: Jesus vereint Völker, anstatt sie nationalistisch voneinander zu trennen. Denn Jesus war bereit, für die sündige Menschheit zu leiden. Nur er ist ein gerechter Weltenlenker.

Christusfigur mit den Königsinsignien
Christusfigur mit den Königsinsignien

An diesem Sonntag, 22. November 2020, ist es wieder so weit: Wir feiern das Christkönigfest!

Besonders in der Zeit des Nationalsozialismus gewann Christkönig für die katholische Jugend an Bedeutung. In diesem Fest konnte die katholische Jugend ihren Widerstand gegen die Herrschaft Adolf Hitlers formulieren.
Hitler verstand sich als Führer Deutschlands. Um ihn herum entwickelte sich ein Führerkult, der religiöse Komponenten übernahm. Da bot das Christkönigfest die Möglichkeit, der NS-Elite zu zeigen, dass der wahre „Führer“ der Welt einzig Jesus Christus sein konnte. Christus, der versöhnend und vereinend alle Welt bedenkt, statt sie zu zerstören und zu spalten, wie es Adolf Hitler tat.

In einer Zeit, als die Nationalsozialisten Juden, Menschen mit Behinderung und politische Gegner verfolgten, bekannte die katholische Jugend durch das Tragen ihrer Uniformen und Banner mit Christkönigmotiven ihren Glauben an Christus. Das NS-Regime versuchte mit aller Härte gegen diese offiziellen Bekundungen vorzugehen. Es verbot nichtreligiöse Zusammenkünfte wie Ausflüge, versuchte die Jugendlichen zur Mitgliedschaft in der Hitlerjugend und dem Bund Deutscher Mädchen zu zwingen, um schließlich auf den Bekenntnissonntag, den Tag an dem die katholischen Jugendverbände deutschlandweit zusammenkamen und ihren Glauben an Christus öffentlich feierten, das Reichssportfest zu legen. Nun gab es keine Möglichkeit für die katholische Jugend, diesen Tag zu feiern. Als Alternative wählten sie den Termin des Christkönigsonntags. Aus dieser Bewegung rührt es, dass Christkönig weit bis in die 1960er Jahre das „Fest der Jugend“ genannt wurde, denn in den 1950ern und 1960ern gab es weiterhin eine starke Tradition, das Christkönigfest als Fest der deutschen katholischen Jugend zu zelebrieren.

Auch wenn man den Blick über Deutschland hinaus richtet, zeigt sich eine große politische Bedeutung des Fests Christkönig. Im mexikanischen Bürgerkrieg von 1926 bis 1929 kämpften Katholiken im Cristero-Krieg gegen einen kirchenfeindlichen Staat. Sie forderten die freie Ausübung des katholischen Glaubens und sahen in Christus das Ideal eines gerechten Herrschers. 1929 gelang sogar ein Kompromiss zwischen Kirche und Staat.

Heute gibt es zwar feierliche Messen im Erzbistum Paderborn zum Christkönigsonntag, aber keine großen Feierlichkeiten wie früher. Manche wissen mit diesem Fest nichts mehr anzufangen.

Christkönigfeier in Indien
Christkönigfeier in Indien

In Kerala, Indien, wird das Christkönigfest hingegen besonders festlich gefeiert. Dort ist es in den umliegenden Regionen bis heute Tradition, in einer langen Prozession von Kirche zu Kirche zu ziehen mit Gesängen und Gebeten. Ihr könnt euch diese Umzüge wie unsere Fronleichnamsprozessionen vorstellen. In manchen Umzügen laufen verkleidete Engel mit und einer darf sich als Christ-König verkleiden. Man unterscheidet zwischen einer Prozession mit Christ-König-Statue oder einer eucharistischen Prozession. Viele Menschen bauen vor ihren Häusern kleine mit vielen Blumen und Kerzen geschmückte Altäre auf. An jedem Altar bleibt der Festumzug stehen, um Gebete zu sprechen. In der Kirche, wo die Prozession startet, gibt es eine Heilige Messe mit Eucharistiefeier. In der letzten Kirche wird ein Abschlusssegen gesprochen. Danach setzen sich die Familien zu Hause gemütlich zu einem Festessen zusammen.
Hier bekommt ihr einen kleinen Einblick, wie dieses Fest in Kerala, Indien, aussieht:

Bleibt die Frage, welches Potential hat das Christkönigfest heute?

Diözesanjugendpfarrer Stephan Schröder hat folgenden Tipp: „Christkönig kann bedeuten, dass wir an dem Reich Gottes mitarbeiten können. Wir sind viele Völker, die zusammen zu Christus gehören. Für die Jugend könnte das bedeuten, dass sie an der neuen Weltordnung beteiligt wird, eine Verantwortung dafür hat, dass wir diese neue Weltordnung aufbauen. Nicht so weiterzumachen, wie bisher, sondern viel mehr aufeinander zugehen, Rücksicht nehmen, vielleicht auch auf ein Stück Wohlstand verzichten.“

In der Bergpredigt Jesu finden wir all das formuliert. Wir sollten uns wieder bewusst machen, wie wichtig ein gerechtes Miteinander ist. Dass Christus keine Spaltung der Welt, keine Ressentiments wollte, sondern Menschen, die füreinander sorgen und fair sind. Menschen, die christliche Werte leben und sich einbringen in der Gesellschaft für die Schutzbedürftigen, Schwachen und Vergessenen. In diesem Sinne: Christus Sieger, Christus König, Christus Herr in Ewigkeit?!

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