Christina Schmitt hört gerne zu - Teil des Geheimrezeptes für ein erfolgreiches Ehrenamt.
Christina Schmitt hört gerne zu - Teil des Geheimrezeptes für ein erfolgreiches Ehrenamt.
07.10.2020
Miteinander

Die Sache Jesu braucht Begeisterung

Christina Schmitt will nicht zusehen, sondern mitmachen – ein Porträt über ihre „ehrenamtliche Karriere“.

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von Maike C. Kammüller

Manche Sätze von Christina Schmitt aus Gütersloh könnten auch auf einen Motivationskalender gedruckt werden. Zum Beispiel: „Habe Herz bei allem, was du tust.“ Die 47-Jährige berät in ihrem beruflichen Leben Kunden bei einer Bank. Im privaten Leben engagiert sie sich seit ihrem 19. Lebensjahr in ihrer Heimatgemeinde. Jugendchor, Kolpingjugend und Kirchenvorstand. Erst musste sie dazu überredet werden. Heute mag man das kaum glauben, so kraftvoll und selbstverständlich spricht sie über ihre Ehrenämter. 

Christina Schmitt in Action auf der Orgelempore.
Christina Schmitt in Action auf der Orgelempore.

Ich kenne Christina Schmitt aus der St. Pankratius-Gemeinde Gütersloh, wo sie gefühlt mit jedem bekannt ist, da sie sich seit so vielen Jahren unermüdlich für die Belange der Kirchenmusik einsetzt und nicht so schnell locker lässt, wenn sie irgendwo Veränderungspotenzial entdeckt. Man erkennt sie an ihren kurzen hellblonden Haaren, an Halskette und Schal, die sie immer trägt (außer bei 30 Grad im Schatten ;-) und daran, dass sie überall zu finden ist, wo neue Ideen gefragt sind.

„Seitdem ich 19 Jahre alt bin, engagiere ich mich in der Kirche. Ich kam in den Jugendchor in der St. Pankratius-Kirche in Gütersloh. Dort gab es einen sehr engagierten Chorleiter, der viele internationale Chorfahrten organisiert hat. Zusammen mit einer Freundin wollte ich da mitmachen.“ Ein halbes Jahr nachdem Christina Schmitt in den Jugendchor eingetreten war, wurde sie plötzlich gefragt, ob sie in den Jugendchorvorstand kommen möchte. „Ich war anfänglich unsicher, denn ich kannte noch nicht viel vom Chorleben und den Menschen dort. Trotzdem habe ich mich überreden lassen.“

Das war der Beginn des ersten Ehrenamtes in der katholischen Kirche. „Da hat wohl jemand in mir etwas gesehen“, sagt Christina. „Dass ich etwas bewegen und nicht nur zusehen will.“

»Wenn ich etwas bewegen will, dann muss ich mitmachen.«

Weil sie sich bei einer Ferienfreizeit der Kolpingjugend engagierte, folgte für Christina Schmitt schnell das zweite Ehrenamt. Kurz vorher hatte sie das erste Mal an einer kirchlich organisierten Ferienfreizeit teilgenommen und großen Spaß dabei. Sie kannte das Team und wurde von Freunden an die Hand genommen, um alles Wichtige zu lernen. „Dann war ich dabei. Seitdem verbringe ich viel Freizeit in und für die Kirche.“

Sie schätzt es, in der Kirche „nah an den Menschen dran“ zu sein. Und sagt: „Ich glaube, in einer politischen Organisation hätte ich mich nicht so lange engagiert.“ Da ihr von Freunden diese Tür geöffnet wurde, sei sie gerne bei Kolping und in der Kirchenmusik dabei. Sie sagt: „Die Sache Jesu braucht Begeisterung!“ Wieder so ein druckreifer Spruch. Dabei merke ich, dass Schmitts Gottesbeziehung doch ganz intim und unpathetisch ist. Als sichtbares Zeichen ist ihr rückblickend ihre Taufe ein wichtiger Markstein für die eigene Gottesbeziehung, denn die Taufe sagt auch: Gott ist immer da. Gott ist für sie der Allumfassende, der über jeden Menschen die Hand hält. Er ist es, der jeden Tag beschützend und stärkend uns zur Seite steht.

Ein Ehrenamt soll Spaß machen.
Ein Ehrenamt soll Spaß machen.

Die Geschichte von Christina Schmitt ist die von einer, die geblieben ist, um von innen her zu verändern. Es ärgert sie, dass sich seit einiger Zeit viele Menschen laut über die katholische Kirche beschweren und meinen, mit einem Kirchenaustritt würde sich etwas ändern. Nach dem Motto: Die da oben würden das dann schon kapieren. Doch das glaubt Schmitt nicht. „Wenn ich etwas bewegen will, wenn ich möchte, dass sich etwas verändert, dann muss ich mitmachen! Erst wenn ich in einer Sache drin stecke, kann ich etwas bewegen.“

Es ist eine Erfahrung, die ich persönlich gut nachvollziehen kann: Wie schön ist es, gemeinsam eine Lösung zu finden und Verantwortung für das zu übernehmen, was mir wichtig ist. Christina Schmitt pflichtet mir bei: „Natürlich gibt es gerade in den oberen Ebenen der Kirche festgefahrene Strukturen, auf die ich keinen direkten Zugriff habe. Also will ich vor Ort das zum Guten ändern, wo ich das Ergebnis mitgestalten und sehen kann.“ Das sei eine schöne Erfahrung. Ein Ehrenamt solle man nicht ausüben, wenn es einem um persönliche Profilierung gehe. Das gäbe es auch, doch für Schmitt gehört vor allem echtes Interesse an den Mitmenschen dazu, Flexibilität in den eigenen Gedanken und Gestaltungswille.

»Wenn ihr etwas machen wollt, dann traut euch! Gemeinsam seid ihr stark.«

Selbst zu denken ist erlaubt - vor allem beim Ehrenamt.
Selbst zu denken ist erlaubt - vor allem beim Ehrenamt.

Erst seitdem sie sich auch in größeren kirchlichen Strukturen engagiert, als Kassiererin für Kolping, als Chor- und Kirchenvorstandsmitglied, versteht sie, warum manche Entscheidungsprozesse so lange brauchen. Schmitt nennt mir ein Beispiel: Wenn ich Geld für ein Projekt in meiner Gemeinde brauche, kann ich oft nicht einfach welches vom Bankkonto abheben, denn das Geld gehört der Kirchengemeinde und die muss es gerecht unter den Vereinen und Gruppen vor Ort aufteilen. Dazu muss man miteinander sprechen: Wer braucht was? Denn auch eine Kirchengemeinde muss einen Finanzbericht abgeben und erklären können, warum und wofür das Geld ausgegeben wurde. Dieses Aufteilen und im Voraus planen braucht oft viel Zeit.

Für Schmitt ist es nicht so entscheidend, ob sie sich in der katholischen oder evangelischen Kirche einsetzt, denn für sie geht es um Kirche als Gemeinschaft, um den Menschen. „Ich halte Kirche für einen wichtigen Grundstein in unsere Gesellschaft, in unserem täglichen Leben. Deshalb engagiere ich mich.“ Kirche ist für Schmitt das Bindeglied zwischen Politik und Gesellschaft. Kirche sei sozial, sie helfe Menschen in Notlagen, sei Stütze, könne Gemeinschaft bieten und die Seele stärken. „Das alles können Parteien nicht alleine. Eine gute Gesellschaft funktioniert nur, wenn sie christliche Werte lebt, wenn sie miteinander gut umgeht und die Schöpfung wertschätzt.“ Diese Stärke sollten die zwei großen christlichen Kirchen vermehrt in das Bewusstsein der Medien und der Gesellschaft rücken. Auch dafür leistet Schmitt gerne ihren Beitrag, indem sie vor Ort in der Kirche für die Menschen da ist im Ehrenamt. Das ist gelebte Kirche.

»Natürlich freue ich mich über positives Feedback. Mein Motto ist: Wage neue Wege zu gehen und habe Herz bei allem, was du tust!«

Doch klar ist auch: Wer sich einsetzen und etwas verändern möchte, der muss dafür auch Opfer bringen. Zum Beispiel Zeit. „Du musst natürlich bereit sein, deine Freizeit verbindlich einzusetzen“, ergänzt Schmitt. „Bei einem Ehrenamt kannst du nicht sagen, heute habe ich keine Lust, dass mache ich vielleicht morgen.“ Im Gegenzug lernt man, Verantwortung zu übernehmen, für eigene Entscheidungen einzutreten und vor einer Gruppe zu sprechen. Dass sie das außerhalb der Arbeitswelt erproben konnte, fand Schmitt erleichternd. „Hier herrscht kein Leistungsdruck.“ Natürlich koste es auch Überwindung. Wenn das Team passe und man Spaß habe, dann sei es egal, wie alt oder jung die Mitstreiter wären. In einem Ehrenamt wie dem Chorvorstand gehe es um Teamwork: Konzerte organisieren, die Chorgemeinschaft durch Aktionen lebendig halten oder mit dem Chorleiter über die Pläne für die Zukunft sprechen. Daran müsse man Freude haben. Sonst sei es nicht das Richtige.

Mit jeder neuen Tätigkeit lernt man etwas Spannendes dazu - z.B. vor einer Gruppe zu sprechen.
Mit jeder neuen Tätigkeit lernt man etwas Spannendes dazu - z.B. vor einer Gruppe zu sprechen.

Schmitt rät: „Wenn ihr wirklich etwas verändern wollt, dann redet mit Freunden. Sucht euch Mitstreiter und sprecht mit Verantwortlichen über euer Vorhaben. Dann tun sich Türen auf und man kann vor Ort für das eintreten, was einem wichtig ist. Ihr werdet sehen, dass ist ein gutes Gefühl und man braucht keine Angst zu haben.“

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