Ferienfreizeiten 2023

Dieser eine Moment

Spiritualität im Ferienlager ist wie 'ne Slackline zwischen Magie und Cringe.
Hier kommen ein paar Tipps, wie ihr nicht abrutscht.
Von Carolin Schnückel

Sommerzeit ist Lagerzeit! YOUPAX versüßt euch das Warten aufs Zeltlager oder die Ferienfreizeit mit einer Serie rund um die schönste Zeit des Sommers. Bis endlich die Isomatte entstaubt wird, liefern wir euch alles, was ihr zum Vorfreude-Boostern braucht.

In Folge 2 unserer Miniserie stellen wir die S-Frage: Wie kann man in der Ferienfreizeit oder im Lager einen Rahmen für Spiritualität setzen? Wie wird's nicht seltsam,
sondern besonders?

Und plötzlich sind alle still

Spiritualität im Ferienlager – das ist der herrlichste Sonnenuntergang bei Lagerfeuer und Gitarre. Das ist diese Atmosphäre, die niemand beschreiben kann, aber alle spüren. Die Stimmung, die nur beim Duft von Sommerwiesen und Rauch in den Haaren entsteht. Das ist dieser Moment, in dem die lautesten Kinder plötzlich große Augen kriegen. Die Stille nach dem letzten Lied der Abendrunde, die niemand durchbrechen will. Das Gefühl der Geborgenheit, das unterm Sternenhimmel entsteht und so viel größer ist, als man fassen kann.

Alle mal herhören, wir sind jetzt spirituell!

Spiritualität im Ferienlager ist aber auch das:

Die Wasserschlacht nähert sich ihrem Höhepunkt und in fünf Minuten geht die Abendandacht los. Die du leitest.

Der Abschlussgottesdienst ist wunderschön. Theoretisch. Denn tatsächlich schnippt die letzte Reihe der vorletzten Reihe permanent die Finger in die sonnenverbrannten Nacken und du fühlst bei deinem Gesangssolo irgendetwas in deinen Haaren. Es klebt. Es krümelt. Es krabbelt?!

Schau auf die Gruppe!

Auf Knopfdruck eine besondere Atmosphäre erzeugen zu wollen, endet zwangsläufig im Cringe. Aber wie kann man sich dann vorbereiten, wie als Team während des Lagers einen spirituellen Rahmen setzen und aufrechterhalten?

Für Tipps rund um Spiritualität im Ferienlager haben wir uns BDKJ-Diözesanseelsorgerin Helena Schmidt und Martin Grummich, Geistliche Leitung des KjG-Diözesanverbands, ins Boot geholt. Und beide sind sich einig: Als Leitung ein gutes Gefühl für die Gruppe zu haben ist das wichtigste.

Immer schön flexibel bleiben

„Jedes Ferienlager tickt anders, es gibt unterschiedliche Traditionen und Gegebenheiten. Nehmt Bezug auf das, was gerade passiert und wer gerade dabei ist“, rät Helena. „Vielleicht ergibt sich bei der Tagesrallye ein spontaner Kirchenbesuch, bei dem ein Lied gesungen werden kann. Oder beim Lager-Gottesdienst kann der Insider der Woche eingebaut werden – immer die Flexibilität bewahren!“

»Greif' nicht direkt zum tiefsinnigsten Impuls, sondern schaff' zunächst den Rahmen dafür.«

MARTIN GRUMMICH
Geistliche Leitung KjG-Diözesanverband Paderborn

Fragt man Martin nach Tipps für die Gestaltung spiritueller Einheiten, meint er: „Schau auf die Gruppe – was braucht sie gerade? Eine gute Morgen- oder Abendrunde wirkt nur dann, wenn sie einen Anknüpfungspunkt hat. Greif' nicht direkt zum tiefsinnigsten Impuls, sondern schaff' zunächst den Rahmen hierfür. Dabei ist sehr wichtig, die richtige Sprache und Themen aus der Lebenswelt der Gruppe zu wählen. Wenn dein Impuls nichts mit dem Leben der Kinder oder Jugendlichen zu tun hat, wird er nicht wirken können.“

Alle haben ihren Platz

Wo man gerade mit seinem Glauben steht, hängt von so vielen verschiedenen Dingen ab und ist was mega Persönliches. Vielleicht ist man total im Reinen damit und kann die eigene Begeisterung weitertragen – vielleicht zweifelt man auch gerade heftig und findet keine Worte dafür. Wenn man als Leiterin und Leiter abweichende Vorstellungen oder kritische Gedanken gegenüber dem gelebten Glauben im Zeltlager hat – wie kann man als Team damit umgehen?

»Auch Nichtglaubende oder Zweifelnde haben bei uns ihren Platz. Sorgen, Gedanken oder auch Zweifel dürfen oder müssen besprechbar sein.«

HELENA SCHMIDT
Diözesanseelsorgerin BDKJ-Diözesanverband Paderborn

Dazu hat Helena auch ein paar gute Gedanken parat. „Die Leitenden überlegen am besten vorab gemeinsam, wie sie Gemeinde leben möchten und diskutieren dies zusammen. Wir in den Jugendverbänden sind offen für den Austausch mit anderen Konfessionen und Religionen. Auch Nichtglaubende oder Zweifelnde haben bei uns ihren Platz. Sorgen, Gedanken oder auch Zweifel dürfen oder müssen besprechbar sein. Bei größeren Hemmungen kann man sich während des Lagers zum Beispiel an die Tagesleitung wenden.“

Hauptsache, ihr nehmt die Fragen ernst

Dasselbe gilt natürlich für die Teilnehmenden: Jede und jeder steht an einem anderen Punkt. Vielleicht ist das Ferienlager auch die Gelegenheit, bei der sich einige der Teilnehmenden zum ersten Mal überhaupt so richtig mit ihrem Glauben auseinandersetzen. Oder mit Leuten in Berührung kommen, die ihren Glauben ganz selbstverständlich leben.
Wie geht man am besten mit den Glaubensfragen der Kinder und Jugendlichen um? „Wenn Fragen aufkommen, versucht, die eigene Sicht auf das Thema zu erklären“, meint Helena. „Falls eine Frage nicht beantwortbar scheint, können sicherlich andere Kinder, Jugendliche oder Leiterinnen behilflich sein. Glaubensfragen von Kindern können auch in Tagesrunden thematisiert werden. Hauptsache, Fragen und Themen werden ernst genommen. Stehen viele Fragen im Raum, bietet doch einen Thementag dazu an und ladet jemanden ein – zum Beispiel jemanden aus dem Pastoralen Team eurer Gemeinde, eures Verbands oder Pastoralen Raums.“

Martins Rezept für den Lagergottesdienst

1. Alleine arbeiten ist doof
Such dir Menschen, mit denen du gemeinsam einen Gottesdienst vordenken kannst. Es ist immer gut, verschiedene Ideen einfließen zu lassen. Auch, um sich zu versichern, dass meine Ideen auch zur Gruppe passen.

2. Schau auf die Gruppe
Was brauchen die Menschen, mit denen du Gottesdienst feierst? Was sind ihre Themen, was bewegt sie gerade? Versuch einmal, dich ganz auf die Adressatinnen und Adressaten einzustellen. Brauchen sie mehr Ruhe, mehr Action, die Möglichkeit der kreativen Beschäftigung mit dem Thema?

3. Werdet kreativ
Lasst die Teilnehmenden selber Fürbitten formulieren, Kerzen dabei entzünden. Vielleicht könnt ihr auch Weihrauch einsetzen oder im Lagerfeuer verbrennen. Statt einer von euch vorbereiteten Deutung der Texte kann aber auch eine Aktion nach der Lesung folgen: eine durch Impulse geleitete Diskussion in Kleingruppen oder Paargesprächen, ein World Café, eine Kreativmethode. Schaut hierbei, dass es zur Situation, zum Anlass, in euer Zeitkonzept und vor allem zur Gruppe passt.

Material-Tipps von Helena

Flexibel sein geht nur, wenn man weiß, welche Möglichkeiten man hat.
Helena hat ein paar Link- und Material-Tipps für euch.

1.

Die Diözesanarbeitsgemeinschaft Verbandliche Jugendpastoral hat einige Ferienfreizeit-Broschüren rausgebracht. Dort sind Gottesdienst-Vorlagen drin, welche genutzt werden können und natürlich für das eigene Lager abgewandelt werden dürfen.

Zu den Broschüren

2.

In den Verbänden gibt es teilweise eigenes Material, wie z.B. Gebetswürfel für Tischgebete. Dazu einfach den eigenen Verband mal anfragen.

3.

In der eigenen Kirchengemeinde im Pastoral-Team oder beim Referat für Jugend und Familie im Dekanat anfragen.

Zu den Expertinnen und Experten

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