Denkmal für Edith Stein in Köln
Denkmal für Edith Stein in Köln
09.08.2022
Liebe

Edith Stein – ihr Lebensweg

Eine Geschichte von gescheiterten Lebensplänen und der Liebe für Jesus

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von Theresa Oesselke

In meiner Familie ist es gute Tradition, neben dem Geburtstag auch den Namenstag zu feiern. Dabei gibt es drei große Heilige, die meinen Namen tragen und alle Karmelitinnen waren: Teresa von Avila (1515–1582), Therese von Lisieux (1873–1897) und Teresia Benedicta vom Kreuz (1891–1942) – auch bekannt unter ihrem bürgerlichen Namen Edith Stein. Heute, am 9. August, jährt sich Edith Steins Todestag zum 80. Mal.

Zwar feiere ich meinen Namenstag nicht am Gedenktag von Edith Stein, aber ich fühle mich ihr trotzdem verbunden – und das nicht nur, weil wir den gleichen Namen haben.

Wer war Edith Stein und was kann sie mir heute noch sagen?

Edith Stein als Studentin in Breslau
Edith Stein als Studentin in Breslau

Faszination für Philosophie

Edith Stein wurde am 12. Oktober 1891 als elftes Kind einer jüdischen Holzhändlerfamilie in Breslau geboren. Bereits früh zeigte sich, dass sie überdurchschnittlich intelligent ist. Sie studierte Philosophie und fand in dem Philosophieprofessor Edmund Husserl ihren Doktorvater. In den Jahren 1916 bis 1925 folgten ihre Promotion in Freiburg und weitere umfangreiche philosophische Tätigkeiten.

Wenn Lebenspläne scheitern

Ihre Promotion wurde mit der höchsten Auszeichnung versehen – und doch zerbrachen ihre ersten Lebenspläne. Ein weiterer wissenschaftlicher Weg wurde ihr verwehrt.
Ihre Habilitationsversuche wurden mehrfach abgelehnt, zunächst weil sie eine Frau war, später aufgrund ihrer jüdischen Herkunft. Schließlich kündigte Stein ihre Stelle als Assistentin bei Husserl.

»Ich habe mir das Beten ganz bewusst und aus freien Entschlüssen abgewöhnt«

Als geborene Jüdin distanzierte sich Edith Stein schon als Jugendliche von ihrem traditionellen Kinderglauben an Gott. Schon in frühen Jahren bezeichnete sie sich selbst als Atheistin und sagte: „Ich habe mir das Beten ganz bewusst und aus freien Entschlüssen abgewöhnt“.

Ein wichtiger Wendepunkt in ihrem Leben war das Jahr 1921. Sie las die Autobiographie von Teresa von Avila, die den Karmeliterorden reformierte. Nach dieser Lektüre war sich Edith Stein sicher, die Wahrheit gefunden zu haben. Im christlichen Glauben.

Auch Teresas Vorstellung des Betens faszinierte die junge Frau: „Beten ist nichts anderes als Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammenkommen, um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt.“ Am 1. Januar 1922 wurde Edith Stein mit 31 Jahren getauft und empfing zum ersten Mal das Sakrament der Eucharistie.

Edith Stein steht für gelebte Nächstenliebe.
Edith Stein steht für gelebte Nächstenliebe.

»Beten ist nichts anderes als Verweilen bei einem Freund, mit dem wir oft allein zusammenkommen, um bei ihm zu sein, weil wir sicher wissen, dass er uns liebt.«


Weg in den Orden der Unbeschuhten Karmelitinnen

Edith Stein sehnte sich nun nach einem Leben im Orden der Karmelitinnen. Diesen Herzenswunsch schob sie aus Rücksicht auf ihre jüdische Mutter jedoch auf. Stattdessen arbeite sie für elf Jahre als Lehrerin in Speyer und Münster. Ebenfalls in dieser Zeit widmete sie sich Übersetzungstätigkeiten und Vortragsreisen im In- und Ausland zu zeitgenössischen Fragestellungen wie Bildung, Frau, Berufsethos.
Viele Menschen schätzten sie als Ratgeberin im Glauben.

Als Edith Stein 1933 die Arbeit als jüdische Wissenschaftlerin verboten wurde, trat sie in den Kölner Karmel „Maria vom Frieden“ ein. Sie erhielt den von ihr erbetenen Namen Sr. Teresia Benedicta vom Kreuz. Ihre ewigen Gelübde legte sie am 21. April 1938 ab.

Edith Stein als Karmelitin
Edith Stein als Karmelitin

Opfer der Nazidiktatur

Einige Jahre später wurde Edith Steins Leben endgültig durchkreuzt. Am 2. August 1942 wurde sie verhaftet und schließlich am 9. August in Auschwitz-Birkenau vergast.

Am 1. Mai 1987 sprach Johannes Paul II. Edith Stein in Köln selig und am 11. Oktober 1998 in Rom heilig. Gemeinsam mit Katharina von Siena und Brigitta von Schweden wurde sie 1999 zur Patronin Europas ernannt.

Das Konzentrationslager Auschwitz
Das Konzentrationslager Auschwitz

»Gott erlegt uns keine Prüfungen auf, ohne uns zugleich die Kraft zu geben, sie zu ertragen.«

Gottvertrauen

Edith Stein hat ihren Glauben aus der täglichen Begegnung mit Gott gelebt, vor allem aus der Eucharistiefeier. Wenn ich auf ihren Lebensweg blicke, bewundere ich ihr tiefes Gottvertrauen. An manchen Punkten des Lebens scheint Gott doch so fern zu sein. Aber Edith Stein selbst war davon überzeugt: „Gott erlegt uns keine Prüfungen auf, ohne uns zugleich die Kraft zu geben, sie zu ertragen.“ Ihren eigenen Lebensweg deutete sie vertrauensvoll im Licht des Glaubens: „Was nicht in meinem Plan lag, das hat in Gottes Plan gelegen.“ – Etwas, worauf auch ich vertrauen darf, auch wenn das nicht immer leicht ist.

Vorbild in vielerlei Hinsicht

Aus verschiedenen Perspektiven kann Edith Stein ein Vorbild sein.

Als Jüdin und später bekennende Christin war sie stets auf der Suche nach der Wahrheit und die Frage nach Gott bildete für sie die zentrale Frage ihres Lebens.

Als Pädagogin hat sie wichtige Impulse für die Frage nach den Bildungsaufgaben unserer Zeit gegeben. Viele Schulen sind nach ihr benannt und an ihrer Pädagogik ausgerichtet.

Als Frauenrechtlerin suchte sie nach einer Verbindung der verschiedenen Rollen als Ehefrau, Mutter und Berufstätige.

Als Ordensfrau zeigte sie wie wichtig Meditation und Stille als Kraftquelle im stressigen Alltag sind.

Als Märtyrerin schließlich mahnte sie, die Würde jedes Menschen zu achten und Intoleranz und Hass nicht zuzulassen.


Edith Stein war eine der bedeutendsten Frauen des 20. Jahrhunderts: Jüdin, Atheistin, Philosophin, Christin, Karmelitin, Märtyrerin.

Ich fühle mich ihr verbunden, weil sie mir ein gutes Vorbild sein kann. Ihr Leben und Tod geben Zeugnis für einen unbeirrt gelebten Glauben. Edith Stein hat in ihrem Leben eine Verbindung geschaffen zwischen wissenschaftlicher Leistung und gläubiger Hingabe. Manchmal frage ich mich, was sie mir für meinen eigenen Lebens- und Glaubensweg raten würde.

Edith Stein

Gebet von Edith Stein

Ohne Vorbehalt und ohne Sorgen
Leg ich meinen Tag in Deine Hand.
Sei mein Heute, sei mein Morgen,
Sei mein Gestern, das ich überwand.

Frag mich nicht nach meinen Sehnsuchtswegen,
Bin aus Deinem Mosaik ein Stein.
Wirst mich an die rechte Stelle legen,
Deinen Händen bette ich mich ein.

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