Freiwillige im Fatima Center
27.11.2017
Miteinander

Glauben leben und lernen auf den Philippinen

YOUPAX-Autorin Laura hat das Fatima Center besucht. Der Glauben spielt dort eine wichtige Rolle

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Von Laura Konieczny

Alma Aganon ist 17 Jahre alt. Sie lebt im Fatima Center nahe Iriga City, einer Kleinstadt auf der philippinischen Insel Luzon. Wie 81 Prozent der Filipinos ist sie Katholikin. Das Land ist das größte christlich geprägte Land in Südostasien und das bevölkerungsmäßig größte katholische Land in Asien. Der Glaube spielt in Almas Leben eine große Rolle.
Jeden Morgen um fünf Uhr klingelt bei ihr nicht der Wecker, sondern klingen christliche Songs aus den Lautsprecherboxen der Kapelle neben den Schlafräumen. Täglich um halb sechs treffen sich alle knapp hundert Bewohner des Fatima Centers, einem Heim für Kinder und Jugendliche aus sozio-ökonomisch benachteiligten Familien, zum gemeinsamen Gebet.

Alma im Fatima Center
Alma im Fatima Center

»Ich bin dankbar dafür,
lernen zu dürfen.«

ALMA AGANON (17)

„Manchmal ist es für mich schwierig, so früh aufzustehen“, berichtet Alma. Trotzdem verpasse sie das Morgengebet nie, denn sie habe in den vergangenen Jahren gelernt, wie wichtig der Glaube für ihr Leben sei: „Er gibt mir Halt.“

„Als ich vor fünf Jahren herkam, hatte ich oft Heimweh“, erinnert sie sich. Schließlich habe sie verstanden, dass ihre Eltern nur das Beste für sie und Schwester Erika (13) wollten. Die nächste High School nahe ihres Heimatdorfs in einer ländlichen Region sei einfach zu weit weg und der die tägliche, zwei Stunden lange Fahrt dorthin zu teuer für die Familie gewesen.

Unterricht im Kinderheim
Flagge im Grünen
Die Kinder im Fatima Center übernehmen selbst viele Aufgaben
Natürlich kommt auch der Spaß nicht zu kurz

Nur drei Mal im Jahr sieht
Alma ihre Familie.

Sister Felicitas ist wie eine Mutter für die Kinder im Heim

Außer Erika hat Alma vier jüngere Brüder. Via SMS bleibt sie mit ihren Verwandten in Kontakt, die sie aufgrund des Schulunterrichts und der großen Entfernung nur drei Mal im Jahr, nämlich zu Ostern, Allerheiligen und während der Sommerferien, besucht. Sister Felicitas, die Gründerin und gute Seele des Fatima Centers jedoch sei im Laufe der Zeit „wie eine Mutter“ für sie geworden. Die 79-Jährige, die von allen liebe- und respektvoll „Sister Itat“ genannt wird, kennt die Lebensgeschichte jedes der mehreren hundert jungen Menschen, für die sie seit der Gründung des Fatima Centers 1980 gesorgt hat. Ihre Mission war es ursprünglich, die Bauern in den Bergen auszubilden. Als sie dort mehr und mehr hilfsbedürftigen Kindern begegnete, entschied sie, ihnen ein Heim zu schaffen.

»Das Morgengebet verpasse ich nie -
auch, wenn mir das frühe Aufstehen manchmal schwer fällt.«

ALMA

Für Alma beginnt nach dem Gebet und Frühstück beginnt um acht Uhr Schultag. Ein Kindergarten, Grundschule und High School befinden sich auf dem Gelände des Fatima Centers und werden nicht nur von den Bewohnern, sondern auch rund 500 Mädchen und Jungen aus der Umgebung besucht. Vor Unterrichtsbeginn versammeln sich alle zum gemeinsamen Gebet und Fahneneid auf dem Schulhof.

Alma besucht die zehnte Klasse. In der ersten Stunde steht Erdkunde auf ihrem Stundenplan. Lehrer Richard Plasencia begrüßt die Klasse und beginnt, den Kreislauf der Jahreszeiten und Gravitation der Erde mit einem Tafelbild zu erklären.„Trust God and love others“ steht in großen Lettern an der Wand neben dem Kreuz, das wie in jedem Klassenraum über der Tafel hängt. Die übrigen Wände des Raumes sind mit aufbauenden Zitaten und bunten Lernpostern verziert. „Ich gehe gern zur Schule“, sagt Alma während der Pause. Sie sei sehr dankbar dafür, lernen zu dürfen. Obwohl die Schulbildung auf den Philippinen bis zur 10. Klasse kostenfrei ist, haben nicht alle Familien das Geld für Schuluniform, Bücher, Transport und Mittagessen in der Schulkantine.

Die Mädchen und Jungen, die im Fatima Center leben, essen mittags gemeinsam in ihrem Speisesaal, gleich neben der High School. Vor und nach den gemeinsamen Mahlzeiten beten sie – so gehört es sich auf den Philippinen. Die meisten Filipinos beten mehrmals täglich und besuchen mindestens jeden Sonntag eine Messe. Die Bewohner des Fatima Centers treffen sich nach Schulschluss um 16 Uhr an sechs Tagen in der Woche um 17.30 Uhr zum Rosenkranz gebet. Sonntags und zu Feiertagen besucht sie der Priester aus dem Nachbardorf.

Der gemeinsame Glaube gibt Halt im Alltag
Der gemeinsame Glaube gibt Halt im Alltag

„Die gemeinsamen Gebete geben neben dem Schulunterricht Halt und eine Tagesstruktur“, erklärt Sister Felicitas. Um den jungen Menschen außerdem Selbstständigkeit beizubringen, sind die Kinder in Teams organisiert. Jedes Team hat eine täglich wechselnde Aufgabe, die der Gemeinschaft zugute kommt, zum Beispiel Essen für alle kochen, Wäsche waschen oder den Hof fegen. „An die Arbeiten gewöhnt man sich schnell“, sagt Alma. Zusammen mit ihren Freunden machen ihr die Hausarbeiten meistens sogar Spaß. Wenn sie erledigt sind, ist der Abend frei.

Alma liebt es, zu lesen und Karten zu spielen. „Außerdem freue ich mich immer, wenn wir Freiwillige aus Deutschland, Australien oder anderen Ländern der Welt zu Besuch haben“, meint sie. Die Gäste bringen Abwechslung in ihren Alltag. Häufig bringen „Volunteers“ wie die die Workcamp-Gruppe der Kolping Jugendgemeinschaftsdienste (siehe Infobox) Spiele, Mal- und Bastelsachen mit. „Mit den deutschen Gästen haben wir zuletzt viel Halli Galli gespielt, Mandalas ausgemalt und uns über unser Leben in Deutschland und den Philippinen ausgetauscht“, berichtet Alma. Wenn Besuch da ist, dürfen sie und ihre Freude manchmal gar die Bettruhe von eigentlich 21 Uhr überschreiten, sagt sie – „Aber nur, wenn wir am nächsten Morgen trotzdem pünktlich zum Gebet erscheinen.“

Das Fatima Center strahlt durchs Grün
Das Fatima Center strahlt durchs Grün

YOUPAX-Autorin Laura Konieczny hat an einem Workcamp der Kolping Jugendgemeinschaftsdienste teilgenommen. Drei Wochen lang erlebte sie gemeinsam mit einer deutschen Reisegruppe das Leben im Fatima Center auf den Philippinen mit und bereiste anschließend eine Woche lang weitere Landesteile. Workcamps finden ganzjährig in verschiedenen Ländern der Welt statt. Weitere Informationen auf www.kolping-jgd.de.

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