Like father, like son
26.01.2016

Like father, like son

Ein Albtraumszenario: Eltern bekommen nach der Entbindung im Krankenhaus ein falsches Kind überreicht.

Aufrecht, zurechtfrisiert, leicht lächelnd sitzen sie in der Aufnahmeprüfung. Vater Ryota, Mutter Midori und ihr Sohn Keita. Er soll es auf eine international renommierte Schule schaffen – und bei dem Vorzeigebild, das die Familie abgibt, hat das Komitee nichts einzuwenden.

So idyllisch wie beim Vorstellungsgespräch ist das ganze Leben der kleinen japanischen Familie – zumindest oberflächlich betrachtet. Der ehrgeizige Vater Ryota verdient gut, Midori ist eine fürsorgliche Mutter und Keita hat es nicht nur auf die Schule geschafft, sondern übt in seiner Freizeit auch noch fleißig Klavier. Eigentlich klingt das alles perfekt – bis sich das Krankenhaus bei ihnen meldet. Sie hätten bei der Geburt ihr Kind vertauscht.
Keita mit seinem Vater Ryota.

Wie tief der Schock sitzt kann man sich nur grob vorstellen. Plötzlich scheint beiden Eltern vieles klar zu werden. Warum Leute sagten, das Keita keinem der beiden ähnlich sieht. Wieso Keita charakterlich nicht nach seinem Vater kommt. Die Fassade des Familienidylls bröckelt.
Immer wieder werden Babys nach der Entbindung verwechselt und wachsen in den falschen Familien auf – das kann auch in den exzellentesten Krankenhäusern passieren. Zahlen dazu gibt es nicht; wahrscheinlich ist die Dunkelziffer hoch. Meistens wird eine Verwechslung gar nicht erkannt. Doch es gibt Fälle, die öffentlich werden. Das Krankenhaus muss Schadensersatz in Millionenhöhe zahlen. Im Nachhinein fragt man sich, wie es zu solch folgenschwerer Fehlern kommen kann.

Das fragen sich auch Ryota und Midori in „Like father, like son“. Der Arzt im Krankenhaus sagt ihnen, dass nahezu 100 Prozent der Eltern ihre Kinder zurücktauschen. Zumindest wollen Ryota und Midori ihren leiblichen Sohn einmal sehen. Als sie die Familie kennenlernen, die ihren Sohn heranzieht, wird die Situation nicht nur für die Eltern viel verworrener; auch ihr Sohn beginnt zu zweifeln, wo er hinwill.


Der Film „Like father, like son“ zeigt lebhaft, welchen schwierigen Prozess eine Familie durchmachen muss, wenn eine solche Verwechslung passiert. Der Regisseur Hirokazu Kore-eda schafft es ausgesprochen gut, den Konflikt zu zeigen, in dem sich die Charaktere befinden. Und den unerwarteten Sinneswandel ihrer Vater- und Mutterschaft, der sich bei ihnen vollzieht, nach monatelangem Ringen mit der ausweglosen Situation.

Der Film besticht durch seine realistische Visualität und eine klare Kameraführung ohne Effekte und Filter. Ganz nebenbei lernt man die japanische Kultur kennen, die in vielerlei Hinsicht der deutschen ähnelt. Gleichzeitig ist die Liebe der Familie so universal gezeichnet, dass die Geschichte überall auf der Welt passieren könnte.

Zwei Familien, zwei Kinder und viele Gefühle.

Dass eine Familie weitaus mehr ist als ihre Gene, wird einem beim Schauen des Filmes erneut bewusst. Dass man seine Blutsverwandtschaft aber nicht ignorieren kann, genauso. Es bleibt bis zum Ende spannend, für welche Lösung sich die Familien entscheiden. Ein kunstvoller Film, der meisterhaft von der elterlichen Liebe erzählt.

„Like Father, like son“ läuft am 25.01. und 17.02. im Cineplex Paderborn in der Reihe „Kirche und Kino“ und ist als DVD zu kaufen.

Mix