Flüchtlinge, Schüler und Pfadfinder malen Bilder der Hoffnung
24.10.2015

Flüchtlinge, Schüler und Pfadfinder malen Bilder der Hoffnung

BDKJ startet Kunstprojekt einer zentralen Füchtlingsunterkunft in Hamm

Es ist Mittagszeit in der zentralen Unterbringungseinheit für Geflüchtete in Hamm. Gleich neben der Pforte der ehemaligen britischen Kasernen sammeln sich einige der rund 800 Bewohner mit ihren Plastikbechern und Besteck und warten auf die Essensausgabe. Gleich nebenan, dort wo sich Schlafräume für die männlichen Bewohner befinden, tönt Musik aus zwei Computerboxen. Es wird mit Pinseln und Farbe hantiert, es wird laut gelacht. Hier, im Flur der ersten Etage, sieht es anders aus als auf dem restlichen Gelände.

Die Einrichtung hat Gäste: rund ein dutzend Freiwillige aus der Umgebung sind mit ebenso vielen Bewohnern zusammengekommen und bemalen die kahlen Wände des Flures, der sonst den Weg zu Kiosk und Aufenthaltsräumen weist. Pfadfinderinnen und Pfadfinder aus Berge, Schülerinnen und Schüler der Marienschule und des St. Franziskus-Berufskollegs in Hamm – sie alle sind dem Aufruf von Maria „Mio“ Reker gefolgt. Die pädagogische Fachkraft des Bundes der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) ist in der Schulzeit an der Marienschule für die Angebote nach dem Unterricht zuständig. In diesen Herbstferien aber koordiniert sie ein Kunstprojekt mit Flüchtlingen.
Mio Reker hat das Projekt in Hamm initiiert.

„Hier passiert etwas nicht Alltägliches im Alltag der Bewohner“, sagt Mio Reker und verweist auf die großen, farbenfrohen Bilder an den Türen des Flures. Sie hat Flüchtlinge und junge Menschen aus Hamm zusammengebracht, die an drei Tagen einen langen Flur und die angrenzenden Aufenthaltsräume verschönern. Die Motive an der Wand sind ebenso vielfältig, wie die Künstlerinnen und Künstler: Susan, eine kurdische Architektin, malt aus der freien Hand symmetrische Formen an die Wand, während gegenüber deutsche Schülerinnen einen Erdball aus bunten Puzzleteilen kreieren.

Entstanden ist das Projekt aus einem Dialog zwischen der Einrichtungs- und der Schulleitung, als die Flüchtlingsunterkunft im August dieses Jahres eröffnet wurde. „Wir haben gefragt, wie wir hier als Schulen langfristig mitwirken können. Denn das müssen wir, so will es unser Selbstverständnis“, betont Mio Reker. Die Einrichtung benötigte schon lange keine Kleider- oder Sachspenden mehr. Viel dringlicher sei es gewesen, etwas Farbe in die Räumlichkeiten zu bringen. Aus diesem Bedarf entstand schließlich ein konkretes Angebot, den Alltag der Bewohner ein Stück bunter machen und gleichzeitig zu echten Begegnungen führen sollte. So wurden schließlich die drei Tage organisiert, Motive überlegt und Materialien besorgt. Finanziell wird das Projekt durch den Flüchtlingsfond des Erzbistums Paderborn gestützt.

Auf dem Boden eines Nebenraumes sitzt Celine und zeichnet mit ihren Bleistiften Manga-Figuren auf eine mittelgroße Leinwand. Die 15-Jährige ist Schülerin der Michaelsschule in Hamm und an diesem Freitag in den Herbstferien nicht mit ihren Freunden unterwegs, sondern schon den dritten Tag in der Unterbringungseinheit. Celines Lehrerin hatte mitbekommen, dass sie gerne zeichnet und sie gefragt, ob sie bei dem Projekt mitmachen wolle. Für sie und einige Freunde war das keine Frage.

Celine zeichnet Manga-Figuren.

„Alle sind sehr freundlich und haben direkt mitgemacht. Das Malen hier ist echtes Teamwork“, erklärt Celine begeistert. Auch die Verständigung sei kein Problem – „zur Not geht das mit Händen und Füßen.“ Sie zeigt eine ihrer Zeichnungen an den Flurwänden: eine schlafende Katze in einem Bücherregal, darunter eine Spur aus Tatzen. Das Bild verweist auf die kleine Bücherei, die hier für die Bewohner eingerichtet wurde.

Auch am gemeinsamen Erstellen von „Hoffnungsbildern“ war Celine beteiligt, die schon jetzt neben den Türen zwischen Aufenthaltsräumen und Kleiderkammer hängen. Zusammen mit Fatima, einer jungen Frau aus Syrien, hatte sie sich mit dem Thema „Träume“ beschäftigt. Die Syrerin kommt dazu und präsentiert ihr Hoffnungsbild. Es zeigt ein großes Bett mit einer schlafenden Frau, um sie herum dunkle Nacht, einige Sterne und der Mond. In einem gelben Kreis in der Mitte erstrahlt der eigentliche Traum: eine vierköpfige Familie, Arm in Arm vor einem braunen Haus. „Sie wünscht sich einfach nur, dass ihre ganze Familie nach Deutschland kommen kann“, weiß Celine aus dem gemeinsamen Gestalten. Fatima strahlt stolz mit ihrem Bild in der Hand.

Der Nachmittag neigt sich dem Ende – und damit auch das Projekt in der Flüchtlingsunterkunft. Die Wände des Flures sind verschönert und viele Begegnungen haben stattgefunden. Mio Reker spricht von einem Erfolg: „Das war ein guter Anfang. Jetzt schauen wir, wie es weitergehen kann.“ Die Idee sei ein langfristiges Gestaltungsangebot in der Flüchtlingsunterbringung. Was daraus wird, muss sich erst noch zeigen. Zum Abschluss des Tages werden sich alle Beteiligten noch einmal zusammensetzen und bei Kaffee und Kuchen über das Erlebte sprechen. „Erst jetzt ist es wichtig zu erklären, was ein BDKJ und die Pfadfinder überhaupt machen“, erklärt Mio Reker. Das Projekt solle den Flüchtlingen eine Perspektive aufzeigen. „Die Bewohner müssen wissen, dass es gute Anlaufstellen gibt, wenn sie weiterhin auf der Suche nach Gemeinschaft sind – auch außerhalb dieser Unterbringung.“

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