Gedenkstättenfahrt mit Junger Kirche und BDKJ
"Shalom, Salam und Friede sei mit euch" mit diesen Worten begann die Gedenkzeremonie zum Abschluss einer außergewöhnlichen Gedenkstättenfahrt. An der sogenannten Judenrampe neben dem Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau hatten sich 45 junge Menschen versammelt, um der Opfer von Auschwitz zu gedenken. Die Frage "Wo war Gott in Auschwitz?" hatte die jungen Menschen muslimischen, jüdischen und christlichen Glaubens zusammen geführt. Auch zwölf junge Katholiken begaben sich mit der Jungen Kirche Dortmund und dem BDKJ-Stadtverband Dortmund auf die Suche nach einer Antwort.
„Die Woche begann in Berlin mit dem Besuch des jüdischen Museums und des Mahnmals zur Erinnerung an die ermordeten Juden in Europa“, erzählt Hannah, eine der Teilnehmerinnen, vom Auftakt der Gedenkstättenfahrt. Dort, in der Hauptstadt des deutschen Reiches wurde der Völkermord an den Juden und den Sinti und Roma geplant und vorbereitet. Von dort wurde der Antisemitismus geschürt und jeder Widerstand im Keim erstickt. Im jüdischen Museum entdeckten die Jugendlichen die Vielfalt und den Reichtum der jüdischen Kultur und entdeckten die gemeinsamen Wurzeln ihrer Religion. Am Denkmal für die ermordeten Juden Europas bekamen sie einen ersten Eindruck von dem, was in den nächsten Tagen folgen sollte. „Schon dieser erste Eindruck von der geschehenen Grausamkeit bestätigte die Befürchtungen, die einige von uns schon bei den Vortreffen in Dortmund äußerten und machte sehr betroffen“, berichtet Hannah.
Wo war Gott in Auschwitz? Diese Frage führte die jüdischen, muslimischen und christlichen Jugendlichen weiter in die polnische Kleinstadt Oświęcim. Dort errichteten die deutschen Besatzer nach dem Überfall auf Polen das Konzentrationslager Auschwitz. Über eine Million Menschen fanden hier und im später errichteten Lager Birkenau den Tod. Gemeinsam besuchten sie die Orte an denen der Völkermord stattfand. Über Religionsgrenzen hinweg trauerten sie miteinander um die unzähligen jüdischen Opfer. Die Abende waren geprägt von langen Gesprächen. „Nach unseren Besuchen dort versuchten wir, das Gesehene und Gehörte, unsere Gefühle in Worte zu fassen“, berichtet Julia von den Austauschrunden. „Da waren Trauer, Entsetzen, Ekel, Verständnislosigkeit, Wut. Wir waren schockiert von den Bildern, den Geschichten, den Orten.“ Im vertrauten Miteinander habe die Gruppe schließlich die Sprachlosigkeit überwunden und das Gefühl von Wut und Verzweiflung überwunden.
Mut machte den Teilnehmern der Gedenkstättenfahrt das Gespräch mit Edward Paczkowski. Der 83-jährige Roma überlebte als einziger seiner Familie den Völkermord. Packowski ließ die Jugendlichen an seinem Schicksal teilhaben. Er berichtete von seiner Kindheit und Jugend, die geprägt war vom Widerstand gegen die deutschen Besatzer, dem Schrecken von Auschwitz und der Befreiung in Bergen-Belsen. Sein Glauben an Gott hat dem Katholiken immer wieder Kraft gegeben. Er machte den Jugendlichen Mut und gab ihnen sein Lebensmotto mit auf den Weg: „Wir sind alle Menschen! Wir wollen leben!“
„Das Zeitzeugengespräch war für alle der emotionale Höhepunkt der Reise.“, meint Julia, der das Gespräch sehr nahe gegangen ist. „Die grausame Geschichte von jemandem zu hören, der sie miterlebt hat, der das Unheil mit ansehen musste, der seinen Bruder in Auschwitz verloren hat, berührte sehr. Aber diese Begegnung war es, was den meisten eine Antwort gab: Er war da! Gott war da!“
Mit der Frage "Wo war der Mensch in Auschwitz? Wo sind wir heute?" endete eine Gedenkzeremonie vor dem alten Güterwaggon an der sogenannten Judenrampe. Die Antwort gaben die Jugendlichen in einem persönlichen Bekenntnis: "Du und ich, wir alle sind heute und für alle Zeit Botschafter der Erinnerung und Kämpfer für Gerechtigkeit. Lasst uns heute gedenken und morgen handeln."
Den Abschluss der Fahrt bildete eine Visite in Krakau, eine gute Gelegenheit im goldenen Oktober die Stadt kennenzulernen und zu erkunden. Hier feierten die Teilnehmer den letzten Abend der gelungenen Fahrt – bei jüdischem Essen und jüdischer Musik. „Die Antwort, die wir gesucht haben, verband uns und wir fühlten uns zu keinem Zeitpunkt unüberwindbaren Schwierigkeiten ausgesetzt“, lautet Hannahs Resümee. „Viel eher war da eine beeindruckende Gruppendynamik, die dafür sorgte, dass wir uns am Ende alle einig waren, dass diese Reise besonders bleibt, etwas, was wir nicht so schnell vergessen werden.“
Am 10. November, einen Tag nach dem Gedenktag an die Novemberpogrome, trafen sich die Jugendlichen wieder, um mit dem Handeln zu beginnen. Gemeinsam besuchten die muslimischen, jüdischen und christlichen Jugendlichen die Gedenkveranstaltung am Platz der alten Synagoge in Dortmund. Gemeinsam mit den anderen Besuchern setzten sie so ein deutliches Signal gegen Antisemitismus. Direkt nach der Veranstaltung begannen die Vorbereitungen für gemeinsame weiterführende Aktivitäten. Unter dem Motto „Wir sind alle Menschen! Wir wollen leben!“ entwickeln die Jugendlichen in den nächsten Monaten eine Ausstellung die ihre gemeinsame Erfahrung bündelt, gegen Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit Position bezieht und den Besucherinnen und Besuchern Mut macht zu gegenseitiger Anerkennung und zum gemeinsamen Einsatz für Frieden und Gerechtigkeit. "Shalom, Salam und Friede sei mit euch" diese Worte werden die jungen Botschafter der Erinnerung begleiten