Orientierung in der digitalen Welt bieten
18.01.2016

Orientierung in der digitalen Welt bieten

2. Hardehausener Medientage

Wie digital wollen wir leben? Diese Frage stand bei den zweiten Hardehausener Medientagen - #hmt16 – am Wochenende im Mittelpunkt. Die Medientage in der Jugendbildungsstätte des Erzbistums Paderborn thematisierten, wie schnell das Feld der Mediennutzung und der Megatrend Digitalisierung wachsen. 90 Teilnehmer, darunter viele Jugendliche, hörten Vorträge sowie Workshops zu Medienthemen unter dem Leitsatz „Wir haben seinen Stern aufgehen sehen“ (Mt 2,2b). „Das Thema haben wir bewusst gewählt, weil wir auch in der digitalen Welt Orientierung brauchen und suchen“, begrüßte Diözesanjugendpfarrer Stephan Schröder.

Volles Haus bei den Hardehausener Medientagen, 90 Teilnehmer kamen zur zweiten Auflage.
Auf Einladung der Redaktion des Jugendportals des Erzbistums www.jupa-paderborn.de kamen Ehrenamtliche aus Jugendgruppen und Gemeinden, Pädagogen, Sozialarbeiter, Priester und Gemeindereferenten nach Hardehausen. Daraus ergab sich eine bunte Mischung an Erfahrungsschätzen: während einige junge Teilnehmer bereits regelmäßig auf YouTube zu sehen sind, haben andere Teilnehmer bisher kaum Berührungspunkte mit Facebook geschweige denn mit Apps wie Instagram, Snapchat oder Periscope gemacht.

Wie man Nützliches von Kurzzeittrends filtert und Medien praktisch, aber nicht hyperaktiv, nutzt – die Medientage im Jugendhaus Hardehausen haben gezeigt, wie es funktionieren kann. Diözesanjugendpfarrer Stephan Schröder erklärte dazu: „Es liegt an uns, dass wir die digitale Welt nicht anderen überlassen, sondern mit unserer Botschaft Orientierung bieten.“ Dazu hatten die Organisatoren der jugendpastoralen Fachtagung, Diözesanjugendpfarrer Schröder und JUPA-Redakteur Dirk Lankowski, zwei Medienexperten zu Impulsen geladen. Den ersten Impulsvortrag hielt Professor Gerald Lembke, Präsident des Bundesverbandes für Medien und Marketing. Lembke beschäftigte sich unter dem Titel „Zum Frühstück gibt’s Apps“ mit der Frage, wo das Internet freier und autonomer macht und wo es einschränkt.
Prof. Gerald Lembke sprach unter dem Titel „Zum Frühstück gibt’s Apps“.

Lembke zeigte auf, dass junge Menschen immer präsenter in der digitalen Welt werden. Bis zu 150 Mal pro Tag aktiviert ein Nutzer sein Smartphone. Alle täglichen Telefongespräche dauern im Durchschnitt nur zehn Minuten. Für Facebook wenden Nutzer eine Stunde Zeit auf. Er findet, dass sich junge Menschen immer wieder die Frage stellen sollen: wie digital wollen wir leben? Das illustriert er mit dem Beispiel einer Familie, die den ganzen Abend mit „Multi-Screen-Surfing“ verbringt, also fünf oder mehr Bildschirme gleichzeitig benutzt. Die Wirtschaft hat sich längst entschieden, sagt Lembke: „Sie investiert mehrere Milliarden pro Woche in die Entwicklung digitaler Dienste.“ Für die Verantwortlichen in der Kirche stelle sich schließlich die Frage: Wo stehe da die Katholische Kirche und ihre vor allem ehrenamtlich getragene Jugendarbeit?

Prof. Andreas Büsch präsentierte gesellschaftliche Chancen durch den digitalen Wandel.

„Appst du schon oder denkst du noch?“ war der Titel des zweiten Impulsvortrags von Professor Andreas Büsch, Leiter der Clearingstelle Medienkompetenz der Deutschen Bischofskonferenz. Büsch fächerte auf, aus welchen Perspektiven man die Digitalisierung betrachten kann und erläuterte, wie wichtig eine digitale Ethik ist. Auch wenn die digitale Welt ein Abbild der realen sei, entwickelten sich eigene Verhaltensweisen, wie „Hate Speech“ oder Cybermobbing. Auch das Phänomen der Selbstdarstellung spielt seiner Meinung nach eine große Rolle im Netz. Darin manifestiert sich der „Iconic Turn“ – die Wende zum Bild. Menschen zeigen in Bildern, was sie ausmacht. „Ich zeige mich, also bin ich.“ Welche gesellschaftlichen Chancen das Netz bietet, würde sich in der Open Source-, Open Education- sowie der Open Government-Bewegung zeigen.

In die praktische Umsetzung ging es für die Teilnehmer der Medientage am nächsten Tag mit zwei Workshop-Einheiten. „Geht hinaus in alle Welt und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!“ – wie dieser Auftrag aus dem Markusevangelium in Kirchengemeinden umgesetzt werden kann, präsentierte Medienexperte Stefan Lesting aus Köln in einem der sechs Workshops. Eine Strategie für den Erfolg der Kirche in der digitalen Welt beschreibt er so: „Du bist die Botschaft! Nicht die Kirche als Institution, sondern jeder Einzelne muss die frohe Botschaft verkündigen. Wir brauchen keine Auftritte von Institutionen in den sozialen Medien, sondern von Marken und Typen.“

Caroline von Eichhorn zeigte in ihrem Workshop, wie gute Videos gemacht werden.

Wie die Wirtschaft junge Menschen mit digitalen Medien erreicht, berichtete Florian Neudecker, Online Marketing Manager in der Textilbranche. „Die, die nicht auf sich aufmerksam machen, gehen unter.“ Es sei wichtig, eine gute Kundenbeziehung aufzubauen. „Customer-Relationship-Management“ heißt das in der Marketing-Sprache. Im Kirchenkontext könnte das zum Beispiel bedeuten, mal zum Namenstag zu gratulieren oder am Jahrestag der Kommunion einen lieben Gruß zu schicken. „Wenn ich einmal Fan einer Marke bin, folge ich ihr.“ Das, was Kirche als Marke ausmache, könne jedoch noch deutlicher in den Vordergrund gestellt werden. Auf gute Werbung kommt es an. Warum nicht mal eine Facebook-Anzeige für die Firmvorbereitung schalten?

Zwei Tage, zwei Vorträge, sechs Workshops – viel Input. Am Ende überraschten Diözesanjugendpfarrer Stephan Schröder die Teilnehmer mit einer Idee. Zukünftig könnte es „Kaminabende“ für Interessierte rund um die Medien-Thematik geben. Für alle, die nicht mehr so lange auf die nächsten Hardehausener Medientage im Jahr 2018 warten wollen.

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