In Bild und Text dem "Dreiklang von Taizé" nachspüren
26.11.2013

In Bild und Text dem "Dreiklang von Taizé" nachspüren

Interview mit Benjamin Eckert

Benjamin Eckert, Jahrgang 1988, studierte bis 2013 Fotografie an der FH Dortmund, Fachbereich Design. Er lebt und arbeitet als freier Fotograf in Dortmund und reist für sein Leben gern. In seiner Freizeit engagiert er sich für die KjG auf Diözesanebene und kocht auch schon mal für 30 Kids im Zeltlager. Nun ist sein Buch „Innerlichkeit“ erschienen, die Abschlussarbeit seines Studiums. „Innerlichkeit“ ist ein Buchprojekt über den Dreiklang von Taizé. JUPA hat mit Benjamin Eckert über sein Buch, Taize, seinen Glauben und sein Engagement in der KjG gesprochen.

Du hast dein Buchprojekt mit dem Titel „Innerlichkeit“ überschrieben. Wie bist Du darauf gekommen?

Aus meiner Sicht erfährt man Taizé anhand eines „Dreiklangs“: durch Begegnungen, Geschehen und die „Innerlichkeit".

Das musst Du uns genauer erklären!

Immer begegnet man in Taizé Menschen, man lernt sie kennen und geht mit ihnen einen kurzen, gemeinsamen Weg. Das Geschehen vor Ort ist das Offensichtlichste für seine Gäste: die Gebete, der geregelte Tagesablauf, die Bibelgruppen und Workshops. Und dann ist da noch die „Innerlichkeit“ – das sind die innersten Gedanken und Gefühle, die jede und jeder selbst in sich mit nach Taizé trägt und mit denen man sich dort von ganz allein auseinandersetzt. Und Frère Roger, der Gründer von Taizé, nutzte in seinen Texten und Gebeten immer wieder die Begriffe vom „Innersten Sein“ und der „Innerlichkeit“ – was schließlich All dem einen Namen gab, was mich in Taizé immer wieder so beschäftigt hat.

Was war der Auslöser für dich, dieses Buch mit diesem Thema zu erstellen?

Als Fotodesign-Student muss man sich zum Ende seines Studiums damit auseinandersetzen, welches umfangreiche künstlerische Projekt man als Abschlussarbeit angehen möchte. Nach Rucksackreisen durch Indien und Europa beschäftigte mich immer wieder das Thema „Einfachheit“: Wo stellen sich Menschen in unserer heutigen, immer komplexer werdenden Gesellschaft der Herausforderung, ihren Alltag und ihren Besitz zu reduzieren? Welche Werte ersetzen dann den Konsum, die Medialisierung und den Leistungsdrang?

Und in Taizé bist du auf diese „Einfachheit“ gestoßen?

Taizé ist letztlich ein repräsentativer Ort für dieses Überthema und ein mir vertrauter Ort. Dadurch, dass der Fokus auf einem für mich sehr prägenden Schauplatz lag, wurde das Ergebnis meiner fotografischen Auseinandersetzung auch viel persönlicher, als anfangs geplant.

Taizé scheint ja eine besondere Anziehungskraft auf dich zu haben. Woran liegt das?

In Taizé trifft man oft junge Menschen, die merken, dass etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist, dass immer nur „Höher, Schneller, Besser!“ nicht erstrebenswert ist und ganz andere Dinge wichtig sind: Gemeinschaft, Vertrauen, Bewusstsein für mich und andere. Taizé verbindet dafür gewisse Strukturen mit einer enormen Offenheit und schafft so Zeit und Raum, welcher es Jugendlichen oft überhaupt erst ermöglicht, diese Werte wieder zu entdecken und in den Alltag zu transportieren.

Brauchen junge Menschen also eine Entschleunigung?

Ich glaube heute fest daran, dass eine materielle und mediale Reduktion dabei helfen kann, zufriedener durchs Leben zu schreiten. Gleichzeitig gehört dies zu den größten Herausforderungen meiner Generation: jungen Menschen fällt es in der Leistungsgesellschaft oft schwer, sich nicht zu vergleichen, gesellschaftlichen Anforderungen gerecht zu werden und in all der medialen Überflutung auch noch in sich zu hören, zu spüren, was ihnen wirklich gut tut.

Wann und mit wem warst Du das erste Mal in Taizé?

Das erste Mal war ich – wie so viele andere auch – als 15-jähriger mit meiner Firmengruppe in Taizé. Damals fand ich es in erster Linie spannend, so viele Gleichaltrige zu treffen. Trotzdem, als ich mit 21 dann "einfach mal weg wollte“, erinnerte ich mich an mein besonderes Gefühl während der Gebete in der Versöhnungskirche und machte in den zwei Wochen dort prägende Erfahrungen. Ich traf Menschen aus anderen Ländern, die heute gute Freunde geworden sind.

Was hat dich dort am meisten beeindruckt?

Völlig überwältigt war ich von dem, was nach einigen Tagen in mir selbst passierte. Aber das Beeindruckendste ist für mich immer wieder die Offenheit, die man in jedem Aspekt von Taizé erkennen kann: in der ökumenischen Bruderschaft, der konfessionsübergreifenden Gemeinschaft von Menschen aus aller Welt, den teils tiefgreifenden Gesprächen untereinander, dem offen gestalteten Gebet. „No, REALLY, how are you?“ Erinnerst Du dich noch an deinen schönsten Moment in Taizé?

2009: Ich sitze alleine, in Gedanken vertieft, mit meinem Mittagessen auf einer Bank. Da kommt ein Franzose zu mir, ich kenne ihn nur flüchtig, und er fragt mich: „How are you?“. Ich antworte: „Fine, thanks!“ – eine höfliche Floskel. Aber er legt seine Hand auf meine Schulter und fragt: „No, REALLY, how are you?“. Danach hatten wir ein langes, sehr tolles Gespräch. Jeder kennt wohl diesen Moment, wenn man merkt, dass es einem Menschen nicht gut geht, man aber nicht den Mut hat, ihn darauf anzusprechen oder ihm beizustehen. In Taizé habe ich das anders erlebt.

Was sollen Deine Bilder zeigen?

Anders als von Bildern aus Taizé vielleicht bekannt, zeige ich keine Menschenmassen, Essenschlangen oder die Brüder in ihren weißen Gewändern. Ich reduziere letztlich meine Bildinhalte auf die Spuren, die die vielen hundert Menschen dort hinterlassen. Ich zeige Taizé als einen Ort voller „Ruheinseln“. Diese werden an drei Stellen von künstlerischen Collagen unterbrochen, die das Gebet abbilden, welche ja auch in Taizé drei Mal am Tag stattfinden. Hinzukommen Portraits von den Menschen, die mich in meinen Wochen in Taizé begleitet, mich am meisten geprägt haben. Auch hier findet man also wieder den „Dreiklang von Taizé“. Wenn man aufmerksam hinschaut, erkennt man in all meinen Bildern das Thema „Einfachheit“ - entweder direkt oder auch konträr abgebildet.

Gibt es ein Lieblingsfoto?

Ich mag das Portrait von Jimmy, einem jungen Footballspieler aus Amerika, der sehr viel in seinem Leben durchmachen musste, aber trotzdem sehr gefestigt ist in seinem Glauben. Wohl auch, weil sich an diesem Bild die Geister scheiden: Manche finden, er sehe einfach grimmig aus. Andere erkennen, wie sensibel er wirklich ist.

Worauf kommt es Dir bei der Motivauswahl an?

Es entstehen viel mehr Bilder, als es dann letztlich in ein Buch schaffen. Die Auswahl ist dann auf das Buchkonzept ausgerichtet, es muss eine Dramaturgie entstehen – wie in einem Film oder einem Musikstück.

Taizé ist für viele junge Menschen der Ort des Glaubens. Bist Du ein gläubiger Mensch?

Ich versuche es.

Was zeichnet denn einen gläubigen Menschen aus?

Ich glaube das, was jeden Menschen ausmacht: gelebte Empathie und ein bewusster Umgang mit den Schätzen, die uns gegeben wurden.

Sollen deine Bilder und Texte deinen Glauben ausdrücken?

Klappt man das Buch nach dem Betrachten zu, ahnt man wohl, dass der Autor und Fotograf gläubig sein könnte. Trotzdem muss ich dies an keiner Stelle direkt sagen. Ich nutze die Portraits und Worte anderer Menschen als Stellvertreter für meine eigenen. Es bleibt offen, ob die niedergeschriebenen Gedanken über Taizé von mir stammen oder von anderen. Tatsächlich lassen sich die Statements aber theoretisch den einzelnen Portraitierten zuordnen.

Man könnte sagen, dass neben Taizé die KjG deine große Liebe ist. Warum engagierst Du dich in diesem Jugendverband?

Ich bin in dem Jugendverband aufgewachsen. Seitdem ich neun Jahre alt bin, ist er Teil meines Alltags. Die Gemeinschaft hat mir als Kind viel gegeben, und die ehrenamtliche Arbeit als junger Erwachsener hat maßgeblich dazu beigetragen, wie ich heute denke und mit Menschen umgehe. In den letzten Jahren konnte ich meine Profession, also meine Fähigkeiten als Fotograf und Gestalter, immer wieder mit dem Ehrenamt verbinden und habe viele bereichernde Kontakte geknüpft. Die KjG hat mich also ganzheitlich geprägt.

Noch mal zum Buch. Wer sollte es kaufen?

All diejenigen, die noch nicht sagen können: „Man muss in Taizé gewesen sein, um zu verstehen was dort passiert.“

Herzlichen Dank für das Gespräch! „Innerlichkeit“ Ein Buchprojekt über den Dreiklang von Taizé. Mit Fotografien und Texten von Benjamin Eckert

  • 104 Seiten in deutscher und englischer Sprache
  • hochwertiger Digitaldruck
  • Leineneinband mit Farbprägung & Schutzumschlag
  • limitiert auf 150 Exemplare
  • Format: 17,5 x 23 cm
  • Preis: 29,50 € zzgl. Versand

Mehr Informationen auf www.innerlichkeit.com

Benjamin Eckert in Taizé.

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