Juli: Birgitta von Schweden
Zuerst habe ich mich politisch engagiert, weil mir der Frieden der Königshäuser Europas wichtig war. Dann sollte der Papst aus Avignon zurück nach Rom kommen, um für einen besseren Lebenswandel der Bischöfe und Priester zu sorgen. Das war ja nicht auszuhalten, wie sehr sich das Papsttum von den französischen Machthabern beeinflussen ließ! Wie routiniert und unmoralisch alles zuging!
Für mich als Frau gehörte es dazu, jeden Tag einen Kampf mit der Angst zu führen. Der Angst, zu versagen. Aber ich hatte nie das Gefühl, nicht gut genug zu sein, weil die Verwirklichung meines größten Traums noch bevorstand und ich mir sicher war, dass Gott mir beistehen würde: Ich wollte ein Kloster errichten.
So oft es ging, nahm ich Katharina mit auf Reisen, teilte alle Vorhaben mit ihr. Ich konnte leider nur die Grundlagen für den Klosterbau sichern, aber meine Tochter Katharina hat mit meinem Beichtvater die Realisierung des Traums vorgenommen und sich somit selbst auch den Herzenswunsch erfüllt, mein Erbe fortzuführen.
Ich weiß, dass ich für viele Europäerinnen und Europäer zu einem Vorbild wurde. Man schätzt die Art und Weise, wie ich diskutierte. Aber Diplomatie ist nicht alles; es war oft auch ein psychisches Kräftemessen. Ich bin davon überzeugt: Männer und Frauen sollten sich ergänzen, nicht konkurrieren. Deswegen auch meine Idee mit der Errichtung eines Doppelklosters für Männer und Frauen. Was ich versucht habe, vorzuleben, scheiterte nicht selten an mangelndem Empathievermögen, Machtmissbrauch und Fehleinschätzungen.
Ich habe durch die vielen internationalen Kontakte vieles gelernt, aber eines erscheint mir auch für dich heute noch erwähnenswert zu sein: Wenn du dich selbst nur über andere definierst, erfährst du niemals, wer du bist oder was du willst.
Suche das Potenzial in dir, das Gott dir gegeben hat. Höre auf die Worte, die er dir in dein Herz gibt. Ich mag jetzt wie eine alte weise Mutter klingen, aber hey, wer, wenn nicht die Mutter Schwedens, für die ich manchmal gehalten werde, könnte das sagen?
Wenn du dich allein zu schwach fühlst, deine Gedanken umzusetzen, suche dir Gleichgesinnte - egal welchen Geschlechts. Denn Gott schuf uns Menschen als Mann und als Frau. Aber vor allem als Mensch und als solcher ist jede und jeder einzelne von uns ein Highlight Gottes. Das hat mir immer Mut gemacht. Ich wünsche dir, dass du das auch so sehen kannst, denn dieser Gedanke birgt so viel Kraft in sich…