JFs-Infospritze
17.05.2020
Body + Soul

„Es ist tatsächlich ein Projekt geworden – ein Großprojekt“

Das Projekt JFS-Attack der Jugendfreizeitstätte Wellinghofen in Dortmund

test
von Rebecca Pohl

Wie gehen die Jugendfreizeitstätten im Erzbistum Paderborn mit der Schließung im Zuge der Corona-Pandemie um? In der Dortmunder Jugendfreizeitstätte (JFS) Wellinghofen lautet eine Antwort: JFS-Attack! So lautet das Format, dass sich Marcel Pier, Einrichtungsleiter der Jugendfreizeitstätte Wellinghofen und dem Jugendtreff Herz Jesu im Pastoralverbund am Phoenixsee im Dortmunder Süden, mit seinem Team ausgedacht hat. YOUPAX-Autorin Rebecca war zu Besuch in einem etwas anderen Fernsehstudio.

JFS-Attack

„Die Infospritze ist eine Nachrichtensendung zu einer Zeit, in der es eigentlich nichts zu berichten gibt.“

Marcel Pier
Einrichtungsleiter Jugendfreizeitstätte Wellinghofen

Ein Greenscreeen, Kamerastative und Scheinwerfer stehen im neuen TV-Studio. In der Mitte ein Schreibtisch und ein großer, schwerer, schwarzer Lederdrehstuhl. Die Kulisse erinnert an eine Nachrichtenshow. Soll sie auch, denn hier wird zweimal in der Woche die Infospritze gedreht. Die neue Nachrichtensendung der JFS Wellinghofen.

„Die Infospritze ist eine Nachrichtensendung zu einer Zeit, in der es eigentlich nichts zu berichten gibt“, sagt Marcel Pier. Deshalb ist das Ziel der Videos, die Jugendlichen zu unterhalten. „Input bekommen sie schon von der Schule genug“, kommentiert Pier. Das Format ist wie eine richtige Nachrichtensendung aufgebaut. Ein Mitarbeiter moderiert durch das Programm und der Rest liefert Beiträge. Die Inhalte sind vielseitig. So sind von Bastel- und Kochideen zu Nachmachen bis spirituell inhaltlichen Elementen alles dabei, erklärt der Einrichtungsleiter.

Ein Blick hinter die Kulissen
Ein Blick hinter die Kulissen
Die neue JFS-Infospritze
Die neue JFS-Infospritze

„Die Idee einer Nachrichtensendung von und mit den Jugendlichen gibt es schon seit dem Beginn dieser Jugendfreizeitstätte 2016“, erzählt Marcel Pier. Er gibt betroffen zu, dass für so ein Projekt nur bisher immer die Zeit fehlte. „Denn wenn ich etwas mache, dann bin ich da auch sehr perfektionistisch“, gibt er lachend zu.

„Hier muss immer was los sein in der Einrichtung. Offene Jugendarbeit ist immer auch eine Baustelle, wo gearbeitet wird und sich etwas fortentwickelt.“

Marcel Pier
Einrichtungsleiter Jugendfreizeitstätte Wellinghofen

Wie jede Jugendeinrichtung auch, musste auch die Jugendfreizeitstätte Wellinghofen, auch Haus der offenen Tür genannt, von heute auf morgen aufgrund der Corona-Pandemie schließen. Häuser der offenen Tür heißen jeden Jugendlichen willkommen, egal wo er herkommt. Das gesamte Team hat, dann in Videokonferenzen, überlegt, welche Alternativen sie ihren Jugendlichen bieten können. So kam die Idee der Nachrichtensendung, der sogenannten Infospritze, wieder auf. Einrichtungsleiter Marcel Pier ist es wichtig gewesen, alle Beschäftigten in das Projekt mit einzubinden.
Er legt großen Wert auf den Wiedererkennungswert seiner Einrichtung, deswegen das Logo zum Beispiel überall gut erkenntlich zu sehen ist. Auch die Umsetzung des Zukunftsbildes des Erzbistums Paderborn ist ihm wichtig, alle arbeiten sehr talentorientiert. Pier erzählt, dass in einer der ersten Videokonferenzen geschaut wurde, wer was kann, wer welche Idee mitbringt und wer sich wo einbringen möchte. „Für uns sind konkret drei Dinge wichtig: Wir wollen für die Jugendlichen weiterhin verlässlich offenbleiben, wir wollen als Mitarbeiter selbst etwas für uns tun und wir merken, dass auch wir uns stetig weiterentwickeln und daran wachsen. Wir als Team, aber auch jeder für sich, entwickelt neue Fähigkeiten“, erklärt er.

Und, Aufnahme. Auf dem Tisch neben dem Greenscreen liegen verschiedene Requisiten. Von Toilettenpapier, über Sonnenbrillen, Zeitschriften bis hin zur Tischlampe. „Kann man alles irgendwie mit einbinden“, lacht Marcel Pier. Die Infospritze erscheint mittwochs und freitags auf der Seite jfs-attack.de. Daran beteiligt sind insgesamt 16 Mitarbeiter der JFS. Die Hauptamtlichen moderieren das Format, die Honorarkräfte und freiberuflichen Mitarbeiter liefern die Beiträge, die sie von Zuhause aus produzieren. So erzählt Pier, war es ihm wichtig, niemanden in dieser Situation jetzt gehen lassen zu müssen. „Und so habe ich eine Möglichkeit, alle Mitarbeiter zu beschäftigen und demnach auch bezahlen zu können. Keiner muss mitmachen, aber jeder kann und hat so die Chance, seine Stunden weiterhin abzuleisten“, so hilft er seinen Mitarbeitern durch die schwierige momentane Situation. Zudem unterstützt er das Motto „Qualität vor Quantität“, nach dem auch alle Beiträge produziert werden.

Requisite

„Ich habe ein super Team, auf das ich echt stolz bin. Vor einem Jahr hätte ich dieses Projekt so noch nicht durchführen können.“

Marcel Pier
Einrichtungsleiter Jugendfreizeitstätte Wellinghofen

Für die Bearbeitung des Beitrages müssen noch einige Absprachen getroffen werden
Für die Bearbeitung des Beitrages müssen noch einige Absprachen getroffen werden

Die Scheinwerfer, Kamerastative und der Greenscreen im ehemaligen Mehrzweckraum der Einrichtung wirken im ersten Moment deplatziert. Diese wurden glücklicherweise schon vor einiger Zeit angeschafft, erzählt Pier. „Ich muss zu meiner eigene Schande gestehen, dass ich diese Sachen aus Platzgründen nicht anschaffen wollte. Meine beiden mich unterstützenden Fachkräfte haben mich dennoch, nach einer längeren Debatte, davon überzeugt, dass das eine sich lohnenden Sache sei“, gibt er lachend zu. Sowas sei im Moment restlos ausverkauft. „Wir können uns glücklich schätzen, dass Pfarrer Matthias Boensmann, Leiter des Pastoralverbundes, dem wir angeschlossen sind, unsere Arbeit sehr schätzt und uns vieles finanziell möglich macht. Ebenfalls haben wir in unserer Trägergemeinde Heilig Geist einen wohlwollenden und Jugendarbeit befürwortenden Kirchenvorstand, der uns unterstützt und trägt. Es ist schön zu merken, dass es allen Beteiligten hier um die Sache als solches geht“, bedankt er sich bei allen Geldgebern und Unterstützern. Ohne die finanzielle Hilfe sei auch die Anschaffung der Technik und der Kauf von Lizenzen für die Schnittprogramme gar nicht möglich gewesen.

Auch die Seite jfs-attack.de wurde von einem Mitarbeiter gebastelt. Alles wird von den Mitarbeitern selbst geschnitten, wer Hilfe braucht, wendet sich an das Team. So wird die Arbeit auf alle verteilt, daran merkt man den Zusammenhalt des Teams, der Marcel Pier sehr wichtig ist. „Im letzten Jahr wurde mir die großartige Fortbildung „Fokus Führung“ seitens des Trägers und der Erzdiözese Paderborn ermöglicht. Die dabei erworbenen Fähigkeiten und Optimierungsimpulse, um einen noch professionellerem Führungsstil zu gelangen, haben sich an dieser Stelle, in allen Bereichen bezahlt gemacht“, berichtet er begeistert.


„'Fokus Führung' hat mich dazu befähigt, meinen Führungsstil zu optimieren.“

Marcel Pier
Einrichtungsleiter Jugendfreizeitstätte Wellinghofen

Leeres Studio

Die Videos auf der Website und bei YouTube haben nach einer Woche ca. 150 Klicks, damit sind alle Beteiligten sehr zufrieden. Die Jugendlichen, die sonst die Jugendfreizeitstätte besuchen, sollen in die Infospritze mit eingebunden werden. Von den Stammgästen werden auch teilweise Beiträge produziert. Hier bemängelt Pier allerdings das Problem des Datenschutz. „Der kirchliche Datenschutz ist eine Sache, die in offener Jugendarbeit vieles verlangsamt und vieles nicht mehr ermöglicht. Er ist wichtig und gut, aber eben auch eine große Herausforderung“. So brauche er für jeden der noch nicht 16 Jahre alt ist das schriftliche Einverständnis der Eltern zum Foto und zur Veröffentlichung auf jfs-attack.de und auf YouTube. „Das kann eine echt demotivierende Angelegenheit sein“, so der Einrichtungsleiter.

„Der kirchliche Datenschutz ist eine Sache, die in offener Jugendarbeit vieles verlangsamt und vieles nicht mehr ermöglicht.“

Marcel Pier
Einrichtungsleiter Jugendfreizeitstätte Wellinghofen

Für die Zukunft ist geplant, das Konzept des Projekts umzuschreiben und in den Alltag mit zu integrieren. Die Jugendlichen sollen von ihren Erfahrungen berichten, wie die Infospritze bei ihnen ankam und eigene Ideen mit einbringen. Marcel Pier kann sich gut vorstellen, das die Infospritze als eine Medien-AG weiterzuführen, dafür biete sich das Format gut an. „Vielleicht ist die Coronakrise auch potenzialfördernd, um so etwas einfach mal vorzubereiten. Ich sehe da eine große Chance für die Jugendlichen hinter. Partizipation ist das Stichwort in der offenen Kinder- und Jugendarbeit“, blickt er optimistisch in die Zukunft.

Jugendfreizeitstätte Wellinghofen

Die Jugendfreizeitstätte Wellinghofen und der Jugendtreff Herz Jesu sind offene Türen im Pastoralverbund am Phoenixsee in Dortmund. Die Jugendlichen im Alter von 8 bis 17 Jahren kommen dort montags bis freitags zwischen 15 und 20 Uhr hin und können dort an verschiedenen Angeboten wie spielen, kochen, basteln und musizieren teilnehmen oder andere Freizeitmöglichkeiten nutzen.

Infos unter: www.jfs-wellinghofen.de

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