24 Stunden bei Gott sein
09.07.2013

24 Stunden bei Gott sein

Jugendkloster in Bielefeld

Jugendliche wünschen sich besondere Angebote, wie sie ihren Glauben leben können? "Da können wir etwas bieten", dachte sich ein Team des Pastoralverbundes Bielefeld-Süd. Und brachte das Jugendkloster auf den Plan. Am letzten Juni-Wochenende startete das Angebot in die erste Runde. JUPA war dabei und hat den Teilnehmern über die Schultern geschaut.

So richtig konnte sich am Anfang keiner der Teilnehmer etwas darunter vorstellen: Jugendkloster – was ist das denn, fragten sie sich? Lebt man da mit Nonnen oder Mönchen zusammen? Schon an dieser Stelle sei kurz geklärt: Nein. Aber was sich genau dahinter verbirgt, wollten die sechs Jugendlichen trotz Ungewissheit auf eigene Faust herausfinden. Sie zogen für 24 Stunden ins Jugendkloster Bielefeld ein.

„An sich klang das Angebot sehr interessant“, erklärt die 15-Jährige Julia rückblickend. „Ich dachte, da kann man eigentlich nichts falsch machen.“ Schon ein wenig konkretere Vorstellung hatten Kamila und Angela, beide 16 Jahre alt. „Wir haben uns vorgestellt, dass man viel zusammen betet, singt und über Gott redet. Da wollten wir dabei sein.“ Erfahren hatten die Teilnehmer von dem Angebot über einen Flyer, den sie während der Firmvorbereitung in die Hand gedrückt bekommen hatten.

Doch nicht nur für die Teilnehmer war das Ganze eine Premiere. Auch die Organisatoren, Pastor Herbert Bittis und Andrea Lindhorst, sollten ihre ersten Erfahrungen im Jugendkloster machen. Es war der erste Termin, zu dem sie junge Menschen ab 14 Jahren eingeladen hatten. Sechs weiterer Termine sollen bis zum Juli 2014 folgen.

Ort des Geschehens: die St. Michael Kirche in Bielefeld-Ummeln. Moment mal, werden sich viele nun denken: Eine Kirche ist doch kein Kloster! Stimmt, aber wer schon einmal in St. Michael war, bekommt sofort den Eindruck, sich in einer Art Klosteranlage zu befinden. Das Kirchengebäude ist direkt mit dem Gemeindezentrum, den Räumen wie Küche und Meditationsraum, verbunden. Es gibt sogar einen kleinen Innenhof mit Springbrunnen.

So war es vor allem dieser Ort, der die Organisatoren inspirierte, dem Angebot den Namen „Jugendkloster“ zu verleihen. „Wir haben uns natürlich schon am Anfang gefragt, ob der Titel auf junge Leute nicht eher abschreckend wirkt“, gibt Andrea Lindhorst zu. Doch auf der anderen Seite habe man schon öfters die Erfahrung gemacht, dass „Kloster“ bei Jugendlichen auch eine positive Bedeutung habe, im Sinne von Ruhe, Auszeit, zu sich selbst finden. „Jugendliche haben eine eigene Spiritualität, die sie auch leben wollen. Wir können ihnen hier die Gelegenheit dazu bieten.“

Von 16 Uhr am Samstag bis um 16 Uhr am Sonntag. Viel Zeit, um gemeinsam über Glaube und Gott zu sprechen, das Leben, sich selbst, um gemeinsam zu beten und zu essen, Spaß zu haben und sich bis in die frühen Morgenstunden, eingemummelt in Schlafsäcke, über alles mögliche zu unterhalten. Am Anfang stand natürlich der große Einzug auf dem Programm. Die Jugendlichen konnten frei wählen, wo sie ihre Isomatten ausrollen wollten – sogar in der Kirche. Das wollte dann aber doch keiner, weil es dort zu kalt war. So erschien der mit Teppich ausgelegte Meditationsraum schön kuschelig und man schlug hier im Kollektiv das Lager auf.

Richtig zur Sache ging es dann zum ersten Mal bei der Testamentseröffnung – zum Tod von Jesus von Nazareth. Dazu las die Gruppe zunächst gemeinsam einen Text. Die Idee dahinter: Wer zu einer solchen Angelegenheit geladen ist, muss dem Verstorbenen sehr nahe stehen. Daraus formulierte Pastor Bittis den Auftrag an die Jugendlichen, die drei Dinge aufzuschreiben, die ihnen im Leben besonders wichtig sind. Gesagt, getan. Zusammen kamen zum Beispiel die Begriffe Geduld, Gesundheit, Liebe, Glück und Hilfsbereitschaft. Die Zettel mit den Worten brachten die Jugendlichen in die Kirche zum Altar und jeder entzündete eine Kerze dazu.

„Wenn ich mich mit Religion und Glaube auseinandersetze, kann ich daraus häufig Anregungen für mein eigenes Leben ziehen“, beschreibt Kamila, warum sie es wichtig findet, sich mit dem Thema auseinander zu setzen. Ihre Beziehung zu Gott, sagt sie, sei sehr innig. Auch wenn sie zuhause ist, spricht sie mit Gebeten immer wieder zu ihm. „Das gibt mir Hoffnung.“

Nach der Testamentseröffnung folgte die Abendmesse, die die Jugendlichen mit der Gemeinde feierten. Abendbrot und ein Videoabend standen außerdem auf dem Programm. Bis der letzte die Augen zu machte, wurde es schließlich vier Uhr morgens. Trotzdem blickten Pastor Bittis und Andrea Lindhorst beim Frühstück am nächsten Morgen wieder in recht wache Gesichter. Nach der Sonntagsmesse mit der Gemeinde ging es zur Abwechselung raus ins Grüne, auf eine kleine Wanderung durch den angrenzenden Wald. Mit dabei eine Bibelstelle aus dem Johannesevangelium, die die Gruppe bei einem kleinen Stopp zusammen las. Darin geht es um die Überzeugung, warum man anderen von Jesus erzählen, warum man sich auf ihn einlassen sollte.

So bietet das Jugendkloster einen ganz eigenen Weg, wie sich Jugendliche mit ihrem Glauben beschäftigen können. Im Vordergrund steht das gemeinsame Erleben und die Reflexion des eigenen Lebens und Glaubens. Bei den Teilnehmern kam das durchweg gut an. „Ich finde es toll, dass es solche alternativen Angebote gibt“, sagt die 15-jährige Melissa. So könne man Kirche und Religion auch von einer ganz anderen Seite kennen lernen.

Organisatorin Andrea Lindhorst hofft, dass sie mit dieser Idee in Zukunft noch viele Jugendliche erreichen wird. Sie und die anderen Teamer wollen neben Firmgruppen jetzt auch an Schulen Werbung für das Jugendkloster machen. „Wir können Leute auch mit unserem Bulli am Bahnhof abholen, wenn sie von weiter her kommen“, sagt sie. Natürlich sind alle Teilnehmer eingeladen, auch immer wieder zu kommen.

Dafür wurde ein schönes Symbol eingeführt: Jeder Teilnehmer bringt eine Tasse mit, wenn er kommt, als Zeichen des Einzugs ins Jugendkloster. Am Ende kann jeder entscheiden, ob er die Tasse wieder mit nach Hause nimmt oder da lässt – als Botschaft: Es kann gut sein, dass ich noch einmal wieder komme.

Homepage „Jugendkloster Bielefeld“: www.jugendkloster-bielefeld.de

Kontakt: Pastor Herbert Bittis oder Andrea Lindhorst Telefon Gemeinde St. Michael: 0521/ 58 48 27 31 info@jugendkloster-bielefeld.de

Weitere Termine: 31. August bis 1. September 2013 2. bis 3. November 2013 4. bis 5. Januar 2014 1. bis 2. März 2014 3. bis 4. Mai 2014 5. bis 6. Juli 2014

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