Das Miteinander soll durch das Glaubensnetzwerk gestärkt werden.
18.05.2019
Perspektive

"Den Glauben in neue Formen packen"

Im neuen Jugendspirituellen Zentrum sind Jugendliche die Protagonisten

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Von Till Kupitz

Sehnsüchte wecken, in die Herzen junger Christen eindringen und auch mal aus gewohnten Strukturen ausbrechen: Vom neuen Jugendspirituellen Zentrum in Lennestadt soll zukünftig junger, christlicher Glaube in das südliche Sauerland ausgehen. Seit April ist das Zentrum eine Anlaufstelle für Jugendliche, um Ideen einzubringen und Kirche aktiv zu gestalten. YOUPAX hat mit Leiter Alexander Sieler über Pläne, Ideen und Ziele des Projektes gesprochen.

Jugendspirituelles Zentrum - wie kann man sich das genau vorstellen?

Alexander Sieler: Das jugendspirituelle Zentrum soll eine Art Glaubensnetzwerk werden, bei dem junge Menschen bzw. junge Christen ihren Glauben lebendig und vielfältig (er)leben können. Es wird verschiedene Angebote und Kooperationen geben, unter anderem Jugendgottesdienste oder Lebensimpulse. Es soll ein lebendiges Netzwerk entstehen, wo in einem guten Miteinander gelebt und geglaubt werden kann.

Wie kam es dazu?

Ausgangspunkt ist der Wunsch des Erzbistums Paderborn, auch im Süden des Bistums die Jugendpastoral zu stärken. Es ist die Chance, in direkter Nachbarschaft vom Jugendhof Pallotti und dem Gymnasium Maria Königin nochmal eine Jugendarbeit zu initiieren, die unabhängig von Pfarrei-Strukturen ist. Die Lage ist bewusst gewählt, da die Jugendarbeit hier schon stark ist.

Was bedeudetet das konkret?

Wir können experimentieren, den Glauben in neue Formen packen und jugendgerecht gestalten. Das gibt den besonderen Reiz. Ich selbst komme auch aus der Region, auch mir liegt dieses Projekt sehr am Herzen.

Alexander Sieler leitet das Zentrum in Lennestadt.

Gibt es denn noch viel Nachholbedarf in Sachen Jugendarbeit?

Absolut. In der Beziehung von Kirche und Jugend können wir auf jeden Fall noch etwas tun. Ich spüre immer, wie sehr eine Sehnsucht nach religiösen Erfahrungen da ist, nach Liebe, Frieden, funktionierenden Partnerschaften und guten Gottesdiensten. Wir müssen es schaffen, die Kraft des Gebetes und des Evangeliums jugendgemäß zu verkünden. Wir müssen gute Musik machen, sollten Gottesdienste machen, die an das Leben der Menschen andocken. Wir brauchen Menschen, die das lebendig und überzeugend rüberbringen. Es gibt viel Bedarf, es ist aber auch eine große Chance.

"Nicht nachdenken, sondern losgehen und machen"

Ihr seid im April gestartet: Wie sind denn die ersten Reaktionen?

Bisher bin ich positiv überrascht. Es gibt viele Menschen, die mit einsteigen. Wir haben mittlerweile unter anderem eine Band, die auch am Eröffnungstag im Juni spielen wird. Und wir haben eine Kooperation mit Studierenden der Universität Siegen, die als Workshop-Leiter bei der Eröffnung da sein werden. Ich erlebe ein großes Interesse und viele Menschen, die den Weg mitgehen möchten, ohne zu wissen, wo das am Ende hingeht. Einfach mit der Gewissheit: "Wir haben von oben Kraft bekommen und schauen mal, was so geht." Wichtig ist am Anfang, dass wir viel zuhören und Ideen sammeln - und dann gehen wir gemeinsam auf den Weg, um Jesus nachzufolgen.

Die Jugendlichen soll ausbrechen können aus den normalen Strukturen.
Die Jugendlichen soll ausbrechen können aus den normalen Strukturen.

Das klingt auch ein wenig nach "Learning by doing" - oder täuscht das?

Natürlich habe ich Ideen und Visionen. Das Wichtigste beim Glauben ist aber: einfach losgehen und machen. Nicht so viel nachzudenken und am Schreibtisch zu planen, sondern mit Jesus an der Hand loszugehen. Und je mehr Leute am Ende diesen Weg mitgehen, desto vielfältiger und lebendiger wird er auch. Wir experimentieren, übernehmen aber auch Traditionen der Kirche. Die alten "Schätze" und die neuen Dinge müssen wir verbinden. Tradition und Neuerung gehören immer zusammen.

Was genau wollen Jugendliche denn heutzutage? Was erwarten sie von einem jugendspirituellen Zentrum?

Ich glaube, Jugendliche stellen denselben Anspruch wie die Bevölkerung insgesamt. Impulse für ihr konkretes Leben, Orientierung, Glaubwürdigkeit und Authentizität. Es muss eine dienende und lebendige Kirche sein. All diese Dinge möchte ich in dem Zentrum erfahrbar machen.

Jeder Mensch wird so geliebt, wie er ist.

»Viele Jugendliche fühlen sich alleine in ihrem Glauben. Wir brauchen Veranstaltungen, bei denen sie merken: Hier sind ganz, ganz viele Menschen, die ebenfalls auf der Suche sind, die Sehnsüchte haben und Gott erleben wollen.«

ALEXANDER SIELER
Leiter des Jugendspirituellen Zentrums

Gibt es da schon Pläne zur Umsetzung?

Ich bin selbst Musiker und stelle mir vor, dass wir gute Musik in die Gottesdienste bringen. Dadurch werden Sehnsüchte berührt, da kann die christliche Botschaft weich landen und in die Herzen der Menschen gehen. Zum anderen kommt immer wieder durch: ausbrechen aus der normalen Struktur, also auch mal Gottesdienste an besonderen Orten zu veranstalten. Allgemein ist die Sehnsucht groß, zu erleben, dass man nicht alleine ist auf dem Weg der Kirche. Viele Jugendliche fühlen sich alleine in ihrem Glauben. Wir brauchen Veranstaltungen, bei denen sie merken: Hier sind ganz, ganz viele Menschen, die ebenfalls auf der Suche sind, die Sehnsüchte haben und Gott erleben wollen.

Ihr trefft euch immer donnerstags von 14 bis 21 Uhr. Da werden dann sicherlich Ideen ausgearbeitet?

Genau. Wir treffen uns zum Kennenlernen, Beten, Kaffee trinken und Ideenspinnen. Wir besprechen alles, was rund um das Zentrum passieren soll. Das ist nicht die Planung eines Weges, sondern wir sind schon selbst mit auf dem Weg. Das ist das Schöne. Wie groß die Runde dann wird, ist gar nicht so wichtig. Menschen, die begeistert sind und brennen für eine Idee, sind dort willkommen.

Startschuss für die Öffentlichkeit:

Am 16. Juni feiert das Jugendspirituelle Zentrum in Lennestadt für die Öffentlichkeit seine Eröffnung. Von 13 bis 19 Uhr gibt es ein Kennenlernen, bei dem alle Jugendliche und junge Erwachsene willkommen sind. 

Das Motto: #lebensfeuer - "Wofür brennst du?". Jugendliche können Wünsche, Sehnsüchte und Ideen diskutieren, unter anderem wie Gottesdienste aussehen sollen. Dazu werden viele Workshops vor Ort angeboten. Um 18 Uhr feiern alle zusammen einen Gottesdienst.

Ansonsten finden Treffen immer donnerstags von 14 bis 21 Uhr im Jugendspirituellen Zentrum in Altenhundem in unmittelbarer Nähe des Jugendhofes Pallotti und des Gymnasiums Maria Königin statt.

Worauf freust du persönlich dich am meisten?

Glücklich macht mich vor allem eines: Wenn Menschen, die mit dem Netzwerk in Berührung kommen, in den Alltag zurückkehren und das Gefühl haben, dass sie eine Erfahrung gemacht haben, die Orientierung oder Motivation fürs Leben bietet. Wenn Menschen da rausgehen und ein Mehr an Leben haben. Weil sie etwas erkannt haben, das sie vorher vielleicht nicht gesehen haben.

Und dabei hilfst du den Jugendlichen und jungen Erwachsenen?

Ich möchte Jugendliche begleiten und zuhören. Ihnen Mut machen, dass sie geliebt werden, wie sie sind und sich nicht verstellen müssen. Das ist das wichtigste in meiner Rolle. Das Zentrum ist ja als Netzwerk zu verstehen. Die Idee soll kreisen.

Vom Zentrum sollen also christliche Impulse in die Region ausgehen?

Mir ist wichtig, dass es kein Zentrum für Jugendliche wird, sondern von Jugendlichen, mit Jugendlichen und für Jugendliche. Ich möchte, dass sie selbst zu Protagonisten werden und ihre Vorstellung von Kirche, Glaube und Christentum mit gestalten. Davon wird auch die Kirche profitieren. Denn die Jugendlichen leben am Puls der Zeit.

Vielen Dank für das Gespräch.

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