Vier Jugendliche blicken in der Abendsonne auf eine Stadt
03.11.2018
Exklusiv

Jugendsynode

Im Oktober hat die Jugendsynode in Rom getagt. Und was jetzt?

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Von Miriam Pawlak

260 Bischöfe, knapp 50 Gasthörer, aufgeteilt in 14 Sprachgruppen. Vertreter von allen fünf Kontinenten stimmen über 55 Seiten in 167 Paragraphen ab, was sie 22 Tage lang diskutiert haben. Sie alle vertreten ein Ziel: Auf die Anliegen der Jugend in der Weltkirche reagieren, sie ernst nehmen und eine wegweisende Zukunftsperspektive eröffnen.

In den letzten Wochen konnten wir auf verschiedenen Kanälen mitverfolgen, was bei der Jugendsynode im Vatikan passierte. Die anwesenden Delegierten aus Deutschland haben uns in Blogs, Videos und kurzen Beiträgen auf dem aktuellen Stand gehalten.

Beraten, paraphrasiert und debattiert wurde genug. Jetzt geht es erst richtig los, denn das mit einer Zweidrittel-Mehrheit Beschlossene muss in die Tat umgesetzt werden. Papst Franziskus hat die Schritte, die einzuhalten sind, eigens in der Predigt vom Abschlussgottesdienst der Jugendsynode vorgetragen: 

1. Hören, 2. Gottes Liebe leben/sich zum Nächsten machen, 3. Zeugnis geben.

Papst Franziskus auf dem Petersplatz umrandet von einer Menschenmenge

»Jesus kommt durch die Begegnung und in der Begegnung schlägt das Herz der Kirche. Also werden nicht unsere Predigten, sondern das Zeugnis unseres Lebens wirksam sein.«

Papst Franziskus in seiner Predigt zum Abschluss der Jugendsynode

Papst Franziskus, der mit der synodalen Kirche eine neue (und vom Zweiten Vatikanum intendierte) Form von Kirche zu finden versucht, die die klerikalen Machtstrukturen langsam aufzubrechen vermag, hat an fast allen Treffen teilgenommen.  Synodal, das bedeutet gemeinschaftlich: Kardinäle, Bischöfe, Priester, Diakone und vor allem Laien, also das ganze Volk Gottes soll zusammenarbeiten. Nur so können festgefahrene Strukturen des Klerus, also den geweihten Menschen in der Kirche, gelöst werden. Franziskus‘ eingangs vorgestellte Programmatik aus der Predigt, spiegelt sich auch im Abschlusspapier vom 27. Oktober wider, das zunächst in italienischer Sprache vorliegt. 

Die Weg-Metapher der Emmauserzählung (Lk 24, 13-15) dient als Eröffnung des Schreibens: Der gemeinsame Weg mit Christus soll ein Weg des Hörens und Sehens mit Empathie sein (ascoltare e videre con empatia). Dazu sind Priester und Laien gleichermaßen beauftragt. Betont wird dabei die Diversität und Pluralität der einen Kirche in der Welt, in der sich die Jugend vernetzt weiß. So widmet sich das zweite Kapitel des Dokuments Fragen der Digitalisierung und Migration. Im Zentrum stehen die großen Überschriften Identität, Sexualität und Beziehungen, die alle in die Fragestellung münden, was es heutzutage heißt, jugendlich zu sein. Neu durchdacht wurden die Themen Berufung und wie Mission heute funktionieren kann. Am Duktus des Schreibens fällt auf, dass man sich um die Aktualität der Themen bemühte und dass die gemischte Konstellation auf beiden Seiten – jung und alt – Eindruck hinterließ.

Welche dieser Themenkomplexe  das Schreiben umfasst, konkret anspricht und was vielleicht noch fehlt, das zeigen folgende Einzelstimmen derjenigen, die mit dabei waren:

Jugendseelsorge

»Das bewährte Prinzip "Jugend leitet Jugend" ist im Abschlussdokument auch weltkirchlich anerkannt: Junge Menschen begleiten sich untereinander! Dies ist ein großer Mehrwert der Synode.«

BDKJ-Vorsitzender Thomas Andonie zieht seine persönliche Bilanz auf katholisch.de

Missbrauch

»Möge unsere Schwachheit Euch nicht entmutigen, und mögen unsere Schwächen und Sünden kein Hindernis für Euer Vertrauen sein. Die Kirche ist Euch eine Mutter, sie lässt euch nicht im Stich, sie ist bereit, Euch auf neuen Wegen zu begleiten, auf den Wegen der Höhe, wo der Wind des Geistes stärker weht und den Nebel der Gleichgültigkeit, Oberflächlichkeit und Entmutigung wegfegt.«

Die Synodenväter in ihrem Brief an die Jugendlichen vom 28.10.2018

Frauen in der Kirche

»Der Eindruck, dass die Kirche, wenn es um die Macht geht, letztlich eine Männerkirche ist, muss in der Weltkirche und auch hier im Vatikan überwunden werden. Sonst werden die jungen Frauen bei uns keine wirkliche Gestaltungmöglichkeit finden. Es ist höchste Zeit!«

Kardinal Reinhard Marx, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz in einem Wortbeitrag auf dbk.de

Der Kommentar des Vorsitzenden der Jugendkommission, Stefan Oster, drückt eher eine Nüchternheit aus: »Die Frage nach der Weihe ist nicht gestellt worden, und da ist die Synode auch nicht der richtige Ort für.«

Stefan Oster SDB, Jugendsbischof (Passau) im Interview auf domradio.de

Daran lässt sich erkennen, dass selbst die Bischöfe untereinander sich nicht immer eins sind. Das zeigen auch die Abstimmungsergebnisse, die am Ende der Synode durchgeführt wurden, als es darum ging, das schriftlich fixierte Abschlusspapier mit seinen Artikeln anzunehmen. Besonders heikel ist das große Thema rund um Sexualität, darunter auch die Homosexualität. 

Sexualmoral

»Bei keinem anderen Punkt gab es während der Schlussabstimmungen mehr Nein-Stimmen aus dem Kreis der Bischöfe als beim Themenbereich Sexualität - 65 von rund 260.«

Christoph Strack, Kirchenexperte bei Deutsche Welle 
in seinem Kommentar auf dw.de

»Im Hinblick auf die Frage des Umgangs der Kirche mit gleichgeschlechtlichen Partnerschaften stelle ich fest, dass es vielen Bischöfen offensichtlich noch immer sehr schwer fällt, Menschen so zu akzeptieren, wie sie leben und sind.« 

Thomas Andonie im Interview auf katholisch.de

Die beiden Zitate verdeutlichen den Konflikt, der sich zwischen denen, die stark an den Traditionen und überlieferten Glaubenslehren festhalten und denjenigen, die mutigen Schrittes offen sind für liberalere Überlegungen und Interpretationen. Gerade weil es keinen einstimmigen Konsens gibt in diesen Fragen, können Jugendliche auch noch keine klaren Antworten bekommen:

»Da braucht es Zeit, Antworten zu finden. Aber die meisten Bischöfe wollen, gerade was Fragen der Sexualität angeht, den Jugendlichen zuhören und die Menschen so annehmen, wie sie sind.«

Frère Alois, Prior der Ökumenischen Gemeinschaft von Taizé 
im Interview auf dw.de

Fazit

Auch wenn der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz Reinhard Marx mit einem »positiven Gefühl« nach Hause fährt und auch der Vorsitzende der Jugendkommission Stefan Oster festhält: 

»Wir waren als Bischöfe mit den jungen Menschen und den Experten und Expertinnen auf dem Weg. Und am Ende steht ein gemeinsames Ergebnis, der finale Text, der wirklich neu ist im Vergleich zum Arbeitstext am Anfang«,
so wird sich im Laufe der nächsten Zeit zeigen, wie weit das Wort greift.

Das Abschlussdokument ist erst der Anfang. Es kommt auf die Ortskirchen und die Jugendverbände vor Ort an. Erst wenn Taten folgen, kann von Erfolg gesprochen werden.

Der Sender EWTN hat die Abschlussmesse mit Papst Franziskus übertragen. Sie ist in voller Länge auf Youtube zu sehen:

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