Die Patronin von Europa: Katharina von Siena
11.07.2014

Die Patronin von Europa: Katharina von Siena

SAINTS4LIFE: Katharina von Siena

Die Domglocken läuten 14 Uhr. Nur dumpf höre ich die zwei Schläge unten in der Domkrypta. Ich müsste schon längst wieder auf dem Weg nach Hause sein. Ich mache ein Kreuzzeichen, eine Kniebeuge und steige die Treppen hinauf. Als ich mich noch einmal zum Altar wende, fällt ein heller Lichtstrahl durch die bunten Fenster und bricht sich in den Fliesen.

Ich trete näher heran, um die Glasmalereien betrachten zu können. Sie sind anders als die anderen. Auf den ersten Blick sehe ich nur Farbkleckse, erst viel später die feinen schwarzen Linien, die den Personen ihr Gesicht verleihen. Meine Augen bleiben an einem dreigeteilten Fenster hängen, dass drei Frauen abbildet. Unten ein Judenstern und eine Frau im Ordensgewand. Das muss Edith Stein sein. Und die oberste Darstellung erinnert an die Auferstehung: die drei Frauen mit dem Engel an Jesu Grab. Aber die Frauen, die zwischen beiden Fensterbildern dargestellt sind? Ich erkenne sie nicht wieder. Lange blicke ich sie an. „Katharina von Siena und Birgitta von Schweden“, sagt eine Frauenstimme zu mir.

Ich war so in Gedanken vertieft, dass ich nicht gemerkt habe, wie sie und eine weitere Frau sich zu mir gestellt haben. Aus den Augenwinkeln erblicke ich zwei unterschiedliche Ordensgewänder. „Die Patroninnen von Europa“, ergänzt sie leise und zeigt mit ihrem Finger auf die gegenüberliegende Seite. „Sehen Sie, und da sind die Patrone Europas, der heilige Benedikt von Nursia, und die Slawenapostel Cyrill und Methodius. Die sechs blicken einander an.“ Diese Darstellungen waren mir vorher tatsächlich noch nie aufgefallen. Und sechs Patrone Europas?

Als hätte die Schwester meine Frage gehört, ergänzt sie: „Erst Johannes Paul II. hat zusätzlich drei heilige Frauen zu Patroninnen ernannt.“ Jetzt meldet sich auch die andere Schwester zu Wort: „Das wurde auch Zeit! Als hätten nur Männer Einfluss auf die Entwicklung Europas gehabt.“ Ihr zierlicher Körper füllt kaum das weiße Gewand aus, aber ihre Stimme ist kräftig. Der schwarze Schleier betont das müde, und dennoch strahlende Gesicht. In ihrer faltenüberzogenen Hand hält sie das große Kreuz ihres schweren Rosenkranzes.

Die andere Schwester kann ich keiner Gemeinschaft zuordnen. Mich irritiert der weiße Kranz, der eng auf dem schwarzen Schleier liegt. Eine Erinnerung an Jesu Dornenkranz vielleicht? Diese Ordensfrau habe ich noch nie zuvor in Paderborn gesehen. Weil ich sie nicht danach fragen will, sage ich: „Edith Stein ist ja sehr bekannt. Aber ich weiß gar nicht so viel über die beiden anderen, Katharina und Brigitta.“

Die Schwester in dem mir so fremden Ordensgewand lächelt mir zu und beginnt, zu erzählen: „Die Heilige mit dem Kreuz ist Katharina. Sie lebte im 14. Jahrhundert. Schon sehr früh, als Sechsjährige, spürte sie ihre Berufung und trat trotz des Widerstandes ihrer Eltern bei den Schwestern von der Buße des heiligen Dominikus ein. Nach einer Vision wollte sie nicht mehr zurückgezogen leben, sondern sich vielmehr um ihre Mitmenschen, Arme, Kranke kümmern. Aber sie machte auch vor der großen Kirchenpolitik nicht Halt. Sie reiste, predigte und kritisierte offen die Oberen. Die Päpste müssen sehr unter ihr gelitten haben, aber sie haben sie auch um ihren Rat gefragt. Ihretwegen zog der Papst endlich aus Avignon zurück nach Rom in den Vatikan.“

Die Schwester zwinkert der anderen zu. „Na ja, Brigitta von Schweden hat dafür quasi Vorarbeit geleistet. Auch sie wollte die Einheit der Christen und forderte die Päpste ihrer Zeit auf, nach Rom zurückzukehren. Sie hat es nicht mehr erleben dürfen. Sie und Katharina wollten etwas gegen den Verfall der Kirche zu ihrer Zeit tun.“ Auch die Dominikanerin zwinkert nun der anderen zu. „Wir sollten los“, sagt sie und zu mir gewandt: „Es war uns eine Freude.“ - „Danke“, sage ich, noch ganz verwundert über die beiden Freundinnen. Ich schaue noch ein Mal zu Katharina und Birgitta hinauf. Wieder fällt ein Lichtstrahl durch das Fenster und die beiden Frauen zwinkern mir zu. Ich muss weiter…

Isabella Henkenjohann

Unsere JUPA-Mitarbeiterin Isabella Henkenjohann ist für den Bereich "SAINTS 4 LIFE" zuständig und schreibt jeden Monat über eine spannende Begegnung mit einem Heiligen. Vorschläge können an redaktion@jupa-paderborn.de gesendet werden.

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