Das brandneue Testament
07.12.2015

Das brandneue Testament

Eine hochironische belgische Komödie, die die großen Fragen nach dem Lebenssinn aufwirft.

Von Caroline von Eichhorn

Und schwups, sind sie draußen. Die Todesdaten. An alle Menschen der Welt. Sie empfangen sie per SMS. Etwa Francois, ein Versicherungsvertreter, oder der Schüler Willy, dem offenbart wird, dass er nur noch 54 Tage zu leben hat. Die Menschen blicken entsetzt auf ihr Handy und können es nicht glauben.

Manche fangen zu weinen an, andere stürzen sich aus dem Fenster, weil sie wissen, dass sie heute noch nicht sterben werden. Bald ist das Thema groß in den Nachrichten.

Was ist passiert? Éa, gespielt von Pili Groyne, hat es gut gemeint. Sie ist die Tochter von Gott, einem cholerischen Brüsseler Spießbürger, der den ganzen Tag mit Bademantel und Schlappen herumläuft, seine Familie fertig macht und nebenbei von seinem geheimen Büro aus Züge verunglücken, Häuser verbrennen lässt und anderen Schabernack mit der Welt treibt. Eines Tages hat Éa die Schnauze voll von seiner Tyrannei, hackt sich in den Computer ihres Vaters ein und übernimmt die Gottesherrschaft. Als erstes sendet die Botschaft der Todesdaten in die Welt: #deathleaks. Und dann versucht sie, das Testament neu zu schreiben.


Der Film „Das brandneue Testament“ ist eine ziemlich skurrile Geschichte. Mit viel Fantasie hat Regisseur und Drehbuchautor Jaco van Dormael ein Szenario aufgezogen, in dem sich Moderne und Geschichte sowie Glaube und Internet mischen. Der allmächtige Gott wurde einfach in unsere banale Welt gesetzt. Als Vater, der nur Böses im Sinn hat. Das ist schön verrückt, allerdings ist der Plot auch nicht immer stringent und logisch.

Dass der Film mit den grausamen Ereignissen in Paris, die wiederrum mit Brüssel zusammenhängen, eine besondere Aktualität erlangt, war von keinem der Beteiligten geplant.

Éa verschickt die Todesdaten in die Welt. Foto: Ricardo Vaz Palma

Ebenso kreativ wie die Storyline ist die Gestaltung des Filmes – an Farben und Effekten wurde nicht gespart. So kriechen Gott und seine Tochter durch eine Waschmaschinentrommel, um in die Welt zu kommen. Ein Mann will in seinen letzten Tagen die Titanic aus Streichhölzern nachbauen. Eine Frau, gespielt von Catherine Deneuve, verliebt sich in einen Gorilla.

Der Regisseur Jaco van Dormael widmet sich in seinen Filmen gern jenen Außenseiterfiguren. In seinem vierten Film „Das brandneue Testament“ gibt er Gott diese Rolle. Van Dormael schreckt nicht vor makabren Witzen zurück, eben das macht seine Komödie so sehenswert. Dazu kommt subtile Gesellschaftskritik und ein Plädoyer für die Freiheit: mit der Tochter ist es eine weibliche Person, die Wunder in die Welt bringt. Ihr bester Freund ist Transgender. Auch die anderen Protagonisten im Film suchen nach ihrer wahren Identität.

Gott und Éa am Essenstisch. Foto: Kris Dewitte

Wer gerade nicht so viel Lust auf harmonische Besinnlichkeit in der Adventszeit hat, sollte sich „Das brandneue Testament“ ansehen. So lustig der Film auch ist, regt er auch dazu an, ernsthaft über den Sinn des Lebens nachzudenken. Er zeigt einem, wie wertvoll jeder Tag ist und wie wichtig es ist, sich sein Leben so zu gestalten, wie man Lust hat. Die Komödie ist etwas für Fans von derbem Humor und groteske Inszenierungen. Für Leute, die auch lachen können, wenn einem vielleicht ebenso zum Weinen zumute ist. Ist ja nur Kino.

Das brandneue Testament läuft seit Donnerstag, 3. Dezember, in den deutschen Kinos.

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