Hommage an Alice Munro
23.08.2016

Hommage an Alice Munro

Kino: Ein Mutter-Tochter-Drama

Von Caroline von Eichhorn

„Vergiss nicht, dass du Abschiede nicht magst“, sind die letzten Worte der 18-jährigen Antía, bevor sie sich umdreht, die Tür schließt und weg ist. Ihre Mutter Julieta wirft ihr einen verzweifelten Blick nach, der ihre Ahnung offenbart, dass ihre Tochter nicht vorhat, wiederzukommen.

Um das traurige Ende einer Mutter-Tochter-Beziehung geht es in „Julieta“. Mit dieser Kurzgeschichtenverfilmung meldet sich der spanische Regisseur Pedro Almodóvar („Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs“) im Kino zurück. Er mied wochenlang die Öffentlichkeit, nachdem bekannt wurde, dass er über seinen Bruder in einer mittelamerikanischen Steueroase Geld geparkt hatte.

Als Vorlage für seinen Kinofilm dienen ihm Kurzgeschichten der Kanadierin Alice Munro. Diese wurde 2013 mit dem Literaturnobelpreis ausgezeichnet. Die Erzählung "Julieta", die im Band „Runaway“ (deutsch: „Tricks“, 2004) erschienen ist, ist im Film nur nebenbei wiederzuerkennen. Denn Almodovar hat sie frei interpretiert. Er möchte seinen Film weniger als Verfilmung denn als Hommage an die kanadische Schriftstellerin verstanden wissen.

Julieta sucht nach der Erklärung, wieso sie ihre Tochter verlassen hat und kramt dabei tief in der Vergangenheit. Gespielt wird ihre Rolle von Emma Suárez und in der Rückblende von Adriana Ugarte. Hat es mit dem Tod von Antías Vater Xoan zu tun? War sie zu egoistisch? Es geht um Schuldgefühle, um Reue und Verlust, aber auch um enttäuschte Erwartungen. Almodovar ist ein Realist, der mit seinen teils poppigen, teils düsteren Geschichten die spanische Gesellschaft beschreibt. Auf Englisch heißt der Film „Silence“, was sich aus einem wichtigen Element der Handlung ableitet. Immer wenn Julieta schweigt, geht etwas schief.

Typisch Almodovar - geschieht nichts ohne Grund. In „Julieta“ ist alles voller Farbe: jede Einstellung ist durchkomponiert, vor allem kommt viel Rot vor. Als Lippenfarbe zum Beispiel, auf dem Bademantel, der Tapete oder dem Nagellack. Es ist ebenso wenig dem Zufall überlassen, dass man bis zum Ende durchhalten muss, um zu erfahren, ob sich Julieta und Antía wieder annähern.

"Julieta“ läuft seit dem 4. August 2016 in den deutschen Kinos.

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