Wenn Kirche einheizt...
19.11.2012

Wenn Kirche einheizt...

„Kirche mit Feuer“ in Soest

Es war ein kalter Samstagabend in Soest, feuchte Luft und Nieselregen – eine echte Herbstnacht eben. Und wer die große Eingangstür der St.-Albertus-Magnus-Kirche öffnete, kam in dicker Jacke, mit Schal oder Mütze. Doch den Besuchern sollte zwischen den dicken Kirchenmauern schnell warm werden.

„Irgendwas ist hier doch anders“, meinte Lukas, als er durch die Kirchentür kam. „Anders“ ist es in der Albertus-Magnus Kirche mindestens ein Mal im Monat, wenn die Gottesdienste der Reihe „Kirche mit Feuer“ stattfinden. Das ist Kirche zum Anfassen, Kirche zum Mitmachen und Kirche, wie man sie sonst so wahrscheinlich nicht erwarten würde. An diesem Samstagabend war das Jugend-Gottesdienst (JUGO)-Team der Gemeinde für die Gestaltung verantwortlich und hatte dafür in der Kirche ordentlich umgeräumt. Während es draußen ungemütlich kalt war, sollte die Gemeinde zusammenrücken. Stimmungsvolles Licht in gelb und rot ließ die dicken, kalten Kirchenmauern in warmen Farben erstrahlen. Dort wo sonst der Altar steht, hatte sich die Kirchenband „Resonanz“ mit Schlagzeug und E-Gitarre aufgebaut. Und Altar und Kirchenbänke waren so aufgestellt, dass das Thema des Abends im Mittelpunkt stand: Das Feuer.

Die kleine Flamme, die Gemeindereferent Andreas Krüger zu Beginn des Gottesdienstes in die Kirche brachte, sollte in mehrerlei Hinsicht Symbolcharakter haben. „Nur wenn wir in der kalten Jahreszeit ein Feuer haben, können wir überleben“, sagte Krüger zu den jungen Besuchern, die ihre dicken Winterjacken inzwischen geöffnet hatten. „Nur wenn in unserem Herzen ein Feuer brennt, wird die Kirche überleben“, ergänzte Andreas Krüger. Und wie dieses Feuer in dem JUGO-Team brennt, bekam die Gemeinde an diesem Abend eindrucksvoll zu spüren.

Das Evangelium des Sonntags beschäftigte sich mit der Vision vom Untergang der Welt. Doch neben den großen Katastrophen, wie Kriege, Hunger oder den Folgen des Klimawandels hatte auch jeder Besucher seine ganz eigenen Ängste vor persönlichen Katastrophen – vor dem persönlichen Weltuntergang - mit in die Kirche gebracht. Was ist, wenn die Freundin mich auf einmal nicht mehr mag? Was ist, wenn das mit der Ausbildung doch nicht klappt? Und wer ist bei mir, wenn meine Eltern sich nicht mehr verstehen? Es waren hunderte kleine Zettel mit großen Sorgen, die am Ende unter Flamme vor dem Altar zusammen gekommen waren. „Der Typ am Kreuz ist da, wenn es brennt, weil er dich so gut wie sonst kein anderer kennt“, lautete schließlich die etwas unkonventionell formulierte Erkenntnis des JUGO-Teams. Und als die Kirchenband mit Schlagzeug und E-Gitarre los legte und im Lied fragte: „Wer will sich das schon antun, religiös sein oder so?“, war endgültig klar: Dieser Gottesdienst war anders.

„Das ist zwar nicht so meine Musik, der Gottesdienst hat mir aber trotzdem richtig gut gefallen, die Jungen Leute haben sich richtig Mühe gegeben, das ist gut, wenn wir solche Jugendlichen in unserer Gemeinde haben“, meinte eine ältere Dame nach dem Gottesdienst, bevor sie aus der inzwischen gut gewärmten Kirche in die kalte Soester Herbstnacht hinaus ging.

Diese etwas anderen Gottesdienste gibt es in der St.-Albertus-Magnus-Kirche ein Mal im Monat. Unterschiedliche Gruppen des Pastoralverbundes bereiten dabei eine Messe vor, die bisherige Strukturen bewusst aufbrechen und ändern soll. „Kirche kann etwas mit dem Leben zu tun haben, man muss es halt nur anpacken“, sagte Angelika Krüger aus dem JUGO-Team zu der Idee von erlebbarer Kirche. Während in der kalten Jahreszeit die „Kirche mit Feuer“ ein wärmender Ort sein soll, geht es bei den erlebnisorientierten Gottesdiensten im Sommer hinaus in die Wärme: Zum Möhnesse. Dann heißt es nämlich „Kirche am See.“

Die nächste „Kirche mit Feuer“ findet am Samstag, 15. Dezember um 18:30 Uhr statt. Vorbereitet wird der Gottesdienst unter dem Leitspruch „Man kann ja doch nichts machen...“ von den Mitgliedern des Chors Dekanatas.

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