Klamotten shoppen macht Spaß - doch ist schlecht fürs Klima.
12.11.2020
Lifestyle

Klimakiller Mode

Das Problem mit Fast Fashion - und wie wir es lösen können

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von Laura Grotenrath

Unser Kleiderschrank beeinflusst das Klima. Jede Unterhose, Socke, Pullover oder Leggins, die wir kaufen, verbraucht Ressourcen: Energie, Rohstoffe, Wasser und Arbeitskraft. Jede Kaufentscheidung ist deshalb auch ein Wahlzettel für oder gegen den Klimaschutz. 

Das Problem von Mode als Klimakiller ist komplex. Es reicht von der Textilproduktion über den Transport bis hin zu unserem Umgang mit Kleidung. YOUPAX-Autorin und Nachhaltigkeitsberaterin Laura Grotenrath erklärt die Hintergründe und gibt Tipps für den eigenen klimafreundlichen Kleiderschrank.

Das Problem

Fast Fashion verstärkt den Preisdruck

Fast Fashion

24 neue Kollektionen bringt die Modekette Zara pro Jahr in die Läden, H&M zwischen zwölf und 16. Diese schnelllebigen Trends bezeichnet man als Fast Fashion. Konkurrenz unter den Modeketten befeuert den Preisdruck auf Textilfabriken und steigert die Arbeitsbelastung der Menschen, die unsere Kleidung produzieren. Die Arbeitsbedingungen sind vielerorts im globalen Süden nach wie vor miserabel.

Eine repräsentative Umfrage von Greenpeace aus dem Jahr 2015 zeigt: 5,2 Milliarden Kleidungsstücke liegen in den deutschen Schränken, 40 Prozent davon werden selten oder nie getragen. Billige Fast Fashion macht’s möglich.  Am Verhältnis der Deutschen zum Kleiderkauf hat sich seit Jahren wenig geändert. Auch 2019 hat jeder Mensch in Deutschland durchschnittlich 56 neue Kleidungsstücke gekauft. Muss das sein?

Die Arbeitsbedingungen in der Textilproduktion sind häufig schlecht.

Ressourcenfresser Textilproduktion

Aus der Baumwollpflanze werden Textilien

Unsere Kleidung besteht hauptsächlich aus zwei Rohstoffen: Baumwolle und Erdöl. Baumwolle wird angebaut, geerntet, versponnen und gewebt. Vom Feld bis zum fertigen Produkt im Verkauf verbraucht ein einzelnesT-Shirt rund 2.500 Liter Wasser und hat etliche weitere Umweltauswirkungen.  

Aus Erdöl werden synthetische Kunstfasern hergestellt. Diese sogenannten Mikrofasern wie Polyester oder Nylon haben zwar praktische Eigenschaften – sie sind schnelltrocknend, teils wasserdicht und zugleich atmungsaktiv – aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung allerdings auch schwer recycelbar.

Beim Waschen während der Produktion und Zuhause geben jene Textilien wie Polyester oder Nylon, aus denen mittlerweile ein großer Teil unserer Kleidung besteht, Mikroplastik ab, das auf diesem Weg ins Grundwasser und in Meere gelangen kann, wo es der Umwelt und Tieren schadet. Ergänzt wird dieser kritische Cocktail oft durch weitere schädliche Stoffe: von Pestiziden zur Insektenbekämpfung auf Baumwollfeldern bis zu mehr als 6.500 verschiedenen Chemikalien, die bei der Textilveredlung zum Einsatz kommen.

Transport und CO2-Emissionen

Die meisten Kleidungsstücke haben bereits eine Weltreise hinter sich, bevor wir sie kaufen. 50.000 Kilometer hat eine handelsübliche Jeans von der Produktion bis zum Ladentisch bereits zurückgelegt, rechnet eine Bildungsplattform vor. Das wirkt sich negativ auf unser globales Ökosystem aus: Auf den Tausenden von Transportkilometern wird viel Erdöl verbraucht und große Mengen Kohlendioxid werden in die Atmosphäre gepustet. 

Die Bekleidungs- und Schuhindustrie ist, rechnet man all diese Faktoren ein, für insgesamt acht Prozent des weltweiten CO2-Verbrauchs verantwortlich. Das ist weniger als der CO2-Verbauch der Fleischproduktion, aber dennoch mehr als der gesamte Flug- und Schiffsverkehr zusammen, rechnet die Initiative Fashion Changers vor, die sich für ethisch-faire, umweltfreundliche und klimaverträgliche Mode einsetzt.

Die Lösung: Vier einfache Schritte zu nachhaltigem Kleidungskonsum

Fest steht: Die meisten von uns kaufen zu viele Kleidungsstücke aus Fast Fashion-Kollektionen. Das ist schlecht fürs Klima, die Umwelt und die Menschen, die diese Textilien herstellen. Die gute Nachricht ist: Es geht auch anders, nämlich ressourcensparend, kostengünstig und trotzdem modisch.

1. Weniger kaufen

Anstatt dem zwölften Trendteil vom Modediscounter, entscheide dich für qualitativ hochwertige, langlebige und zeitlose Kleidungsstücke. Bevor du ein neues Kleidungsstück kaufst, frage dich: Brauche ich das wirklich? Besitze ich bereits etwas ähnliches? Häufig schlummern in unseren Kleiderkommoden und -schränken verborgene, längst vergessene Schätze. So wird deine Aufräum- und Sortieraktion zum kostenfreien, umweltfreundlichen Shoppingtrip in den eigenen vier Wänden. Tipps für einen minimalistischen Kleiderschrank findest du unter dem Suchbegriff „Capsule Wardrobe

2. Tauschen statt kaufen

Gib gut erhaltene Kleidungsstücke, die dir nicht mehr passen oder die du aus anderen Gründen selbst nicht mehr tragen möchtest, weiter. Besonders gut eignet sich dafür eine Kleidertauschparty mit Freundinnen. Die funktioniert in Zeiten von Corona auch via Videochat mit späterer Übergabe bei einem gemeinsamen Spaziergang an der frischen Luft. Vielleicht wird so dein alter Schal zum neuen Lieblingsteil einer anderen. Was auf diesem Weg kein neues Zuhause findet, kannst du auf dem Flohmarkt oder Onlineplattformen wie Ebay Kleinanzeigen und Kleiderkreisel verkaufen. 

Eine Capsule Wardrobe kommt mit wenigen Teilen aus
Shoppen im eigenen Kleiderschrank spart Geld und Ressourcen
Aus alten Textilien kann Neues werden
Weniger ist mehr - auch im Kleiderschrank

3. Aus alt mach neu

Viele von uns verbringen seit den Corona-Maßnahmen deutlich mehr Zeit allein zuhause als zuvor. Wie wär’s da mit einem neuen Hobby? Mit ein wenig Kreativität und Handarbeitsgeschick lassen sich Kleidungsstücke upgraden. Inspiration dafür gibt es en Masse zum Beispiel auf Pinterest unter den Stichworten Refashion, Upcyling Kleidung oder visible Mending. Eine gerissene Jeans oder ein kleines Loch im Shirt kannst du häufig einfach und günstig selbst reparieren. Anleitungen dafür findest du online. Einen defekten Reisverschluss oder einen kaputten Schuh können Profis wie Schneiderinnen und Schuster häufig noch retten.

4. Qualität vor Quantität

Die nachhaltigste Option, Kleidungsstücke anzuschaffen, ist Second Hand. Du kaufst etwas, was bereits produziert wurde und entsprechend keine zusätzlichen, neuen Ressourcen verbraucht. Die zweitbeste Option ist die Wahl nachhaltiger Kleidungsstücke, diese sind im Idealfall unter ethisch fairen Standards aus natürlichen Fasern hergestellt, langlebig und zeitlos. Entsprechende Kleidung erkennst du an Siegeln wie GOTS, Fairtrade oder Der Grüne Knopf. Außerdem gilt: Investiere lieber in wenige hochwertige Kleidungsstücke als in viele günstige. Je häufiger und je länger du etwas trägst, desto besser wird die Klimabilanz mit Hinblick auf die Ressourcen für die Produktion.

Kurzfristig betrachtet mögen all diese Entscheidungen für sich genommen unscheinbar wirken. Mittel- und langfristig können wir als Verbraucherinnen und Verbraucher durch unsere Kauf- oder auch Nicht-Kauf-Entscheidungen Einfluss auf die Wirtschaft und Unternehmen nehmen, denn: Die Nachfrage beeinflusst das Angebot.

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