Die Paderborner Hochschule wird im Wintersemester 2020/21 abermals zur Anlaufstelle für namhafte Literaten.
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09.11.2020
Lifestyle

„Jedes Buch ist neu und aufregend“

Literaturprofessor Norbert Otto Eke sagt, warum sich lesen lohnt – und dass die deutsche Literatur aktuell weder gut noch schlecht ist.

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von Dietmar Gröbing

Besondere Zeiten erfordern besondere Maßnahmen. Auch in Sachen Forschung und Lehre. So kommt die regelmäßig im Wintersemester anberaumte Reihe „Deutsche Literatur der Gegenwart“ der Universität Paderborn diesmal in modifiziertem Gewand daher. Corona will es so. Während sonst im Hörsaal G öffentlich gelesen, nachgefragt und diskutiert wird, ereignen sich die Dinge diesmal auf digitalem Weg. Die Zusammenkünfte mit den geladenen Schriftstellerinnen und Schriftstellern werden aufgezeichnet und können zu den üblichen Zeiten (montags ab 16.15 Uhr) gestreamt werden. Heute, am 9. November, startet die zweite Vorlesung. Der zugehörige Link ist an einen gültigen Mail-Account der Uni Paderborn gebunden.

Auf Einladung der Verantwortlichen stellen sieben heimische Schriftstellerinnen und Schriftsteller ihre neuesten Romane persönlich vor. Ergänzt wird die Reihe durch eine Gastdozentur, die diesmal Feridun Zaimoglu übernimmt. Insgesamt fünfmal verschafft der deutsch-türkische Autor aus Berlin Einblicke in sein Denken und Wirken. Zum Auftakt am 14. Dezember steht Zaimoglus Werk „Evangelio“ im Mittelpunkt. Eröffnet wird das bis Februar andauernde Digitalevent am Montag, 2. November, mit Lutz Seiler und seiner Publikation „Stern 111“. Initiiert hat die Reihe der Paderborner Literaturprofessor Norbert Otto Eke, der im Interview erzählt, auf welches Werk er sich besonders freut.


Herr Eke, warum ist es sinnvoll, die Vortragsreihe „Deutsche Literatur der Gegenwart“ zu verfolgen?

Die Lesungsreihe bietet, immer dicht an den aktuellen Entwicklungen, Einblicke in die vielfältige und reiche deutschsprachige Literaturlandschaft. Vor allem schafft sie die Möglichkeit zu Begegnungen mit Autorinnen und Autoren, die entweder gerade besonders im Fokus der Aufmerksamkeit stehen und/oder die deutschsprachige Literatur mit ihren Werken in besonderer Weise geprägt haben beziehungsweise prägen.

Der Paderborner Literaturprofessor Norbert Otto Eke fungiert als Initiator der Lesereihe.
Der Paderborner Literaturprofessor Norbert Otto Eke fungiert als Initiator der Lesereihe.

Auf welchen Vortragenden freuen Sie sich besonders?

Eigentlich wie jedes Jahr auf alle, sonst hätte ich sie nicht eingeladen. Besonders freue ich mich natürlich auf den diesjährigen Poetik-Dozenten, Feridun Zaimoglu, der mir seinen Vorlesungsstoff bereits vorab hat zukommen lassen. Großartige Texte im Grenzbereich zwischen Poesie und Theorie, die viel Gesprächsstoff bieten.

Wie gut beziehungsweise schlecht ist die deutsche Literatur der Gegenwart?

Über die Literatur als Ganzes ist schwer zu urteilen, nur über einzelne Werke. Wer könnte und wollte sich bei der Vielzahl der in diesem Jahr erschienenen Bücher ein Urteil nach der Kategorie gut/schlecht erlauben? Literatur funktioniert wie jedwede Kultur nicht nach dem Motto „Daumen hoch“ oder „Daumen runter“. Wir haben eine extrem breite Literaturszene, die für jeden Geschmack etwas bereithält. Jedes Buch, jedes Drama, jede Lektüre ist neu und aufregend.

Lutz Seiler eröffnet den diesjährigen Lesungsreigen.
Lutz Seiler eröffnet den diesjährigen Lesungsreigen.

Können Sie den Eindruck bestätigen, dass junge Leute kaum noch zu (analogen) Büchern greifen?

Statistisch gesehen mag das so sein. Das große Interesse nicht zuletzt an unseren Lesungen, unsere Erfahrungen in Studium und Lehre zeigen aber, dass für Untergangsstimmung kein Anlass besteht.

Literaturprofessor Norbert Otto Eke (l.) lauscht einem eingeladenen Schriftsteller, in diesem Fall Georg Klein.
Literaturprofessor Norbert Otto Eke (l.) lauscht einem eingeladenen Schriftsteller, in diesem Fall Georg Klein.

Warum lohnt es sich, zu lesen?

Lesen eröffnet Erfahrungsräume, ist Freiheit des Denkens, des Träumens. Es bereit das, was schon die antiken Rhetoriker neben dem Lernen als zweiten Aspekt der Literatur namhaft gemacht haben: Vergnügen.

Wie finde ich als junger Mensch den passenden Autoren beziehungsweise Literaturstil für mich?

Da gibt es kein Rezept, außer dem Lesen selbst. Als Lesender muss man sich erproben; man muss offen sein für neue Erfahrungen; man muss sich herausfordern und überraschen lassen. Dann findet man das jeweils Passende.

Der Berliner Schriftsteller Feridun Zaimoglu hat die diesjährige Gastdozentur inne.
Der Berliner Schriftsteller Feridun Zaimoglu hat die diesjährige Gastdozentur inne.

Haben Sie eine Buchempfehlung für angehende Leser?

Gegenwärtig würde ich natürlich all die Autoren empfehlen wollen, die in der diesjährigen Lesereihe auftreten. Wir haben uns ja etwas dabei gedacht, gerade diese Autorinnen und Autoren einzuladen. Ganz besonders ans Herz legen möchte ich Ihren Lesern jedoch Feridun Zaimoglus „Evangelio“. Er wird daraus zu Beginn der Poetik-Dozentur lesen.

Der Roman „Evangelio“ befasst sich mit Martin Luthers Aufenthalt auf der Wartburg im Jahr 1521. Der Reformator, Protestant und Papstgegner nutzt seine monatelange Kasernierung zur Übersetzung des Neuen Testaments. Abseits der Transkribierung ereignen sich allerlei Scharmützel, die aus der Perspektive von Luthers (fiktivem) Weggefährten, dem katholischen Landsknecht Burkhard, geschildert werden. Zaimoglu gewinnt der „zwangsökumenischen“ Bruderschaft manch funkensprühenden Dialog ab. Die Niederschrift befasst sich nur am Rande mit verbrieften Daten, ist die meiste Zeit ein fabuliertes Historienpamphlet, das nicht mit drastischer Sprache und Momenten spart. Feridun Zaimoglu liest am 14. Dezember sowie am 11., 18. und 25. Januar und final am 1. Februar.

Ein kompletter Übersichtsplan mit allen Lesungsterminen ist unter kw.uni-paderborn.de zu finden.

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