„Glaube ist für mich wie ein Hafen“
17.04.2013

„Glaube ist für mich wie ein Hafen“

Kim Schumann lebt nun seit mehreren Monaten in Mexiko und macht dort über die Paderborner Entsendeorganisation “mundus Eine Welt e.V.” einen entwicklungspolitischen Freiwilligendienst. Die 20-Jährige gibt dort in einem Partnerprojekt des Kolpingwerkes Paderborn Deutschkurse für Kinder, hilft aber auch, zum Beispiel traditionelle Feiern zu organisieren.

Religion spielt in Mexiko eine sehr große Rolle. Fast 90 Prozent der Bevölkerung sind Katholiken, Gottesdienste finden dort täglich mehrere Male statt. Auch auf öffentlichen Plätzen findet man Marienfiguren und Zeichnungen zu ihren Ehren. Das ist nur ein Unterschied, den Kim Schumann im Vergleich zu Deutschland entdeckt hat. Sie selbst ist auch bekennende Christin und lebt ihren Glauben im Alltag. Wie es allerdings die Mexikaner pflegen, beeindruckt sie doch.

Allerdings: Nicht mit allem kann sie sich anfreunden. Zum Beispiel, das in Mexiko kaum jemand Religion, Glaube und Gott zu hinterfragen scheint. „Ich habe in bestimmten Situationen Zweifel und hinterfrage manche Themen kritisch, die sich mit der Kirche befassen.“ Das habe sie auch in der Schule gelernt und im deutschen Bildungssystem allgemein: Dinge kritisch zu hinterfragen, seine eigene Wahrheit zu finden und nicht alles ohne Bedenken hinnehmen, was man gelehrt bekommt. „Das ist hier etwas anders, soweit ich das beurteilen kann. Zum Großteil gibt es nichts zu hinterfragen. Es ist kaum Platz und Toleranz für kritische Ansichten.“

Außerdem hat die 20-Jährige das Gefühl, Mexikaner brauchen zur Festigung ihres Glaubens an Gott immer etwas reales, bildliches. Auch Kim beschreibt ihren Glauben mit Bildern, aber metaphorisch: „Glaube ist für mich wie ein Hafen. Es gibt neblige, graue Zeiten, in denen man ihn vielleicht nicht sichten kann und sich verloren fühlt. Aber egal wie stürmisch eine Zeit auch sein mag, man weiß, dass er, der Hafen, immer da ist und man jederzeit bedingungslos anlegen und verweilen kann.“ Gott ist Hoffnung und zweites GewissenGott nimmt für sie dabei einen wichtigen Platz ein. Schließlich spiele er in allem, was sie tue, im Hintergrund eine Rolle. „Er ist derjenige, der uns die Kraft gibt, an das Gute zu glauben. Derjenige, der uns die Hoffnung und die Motivation gibt, an uns selbst zu arbeiten, um inneren Frieden zu erlangen und den Elan, um ebenfalls daran zu arbeiten, dass sich Probleme, die es in der Welt gibt, verbessern, vielleicht sogar gelöst werden können.“ Andererseits sei er auch ein zweites Gewissen, das die Menschen ermahne, wenn sie etwas tun wollen, was moralisch nicht korrekt wäre.

Glaube ist für Kim aber trotzdem nicht ausschließlich mit Gott verbunden. „Glaube ist ein sehr vielfältiger Begriff. Für mich beginnt es schon mit dem Glauben an mich selbst und an meine Stärken. Mit dem Glaube, dass wir die Welt verbessern können.“

Wie bei vielen anderen jungen Menschen auch haben die Eltern und Großeltern Kim in ihrem Glauben und ihrem Verständnis von Religion geprägt. Die eine Seite ihrer Familie ist katholisch, die andere evangelisch. So habe sie früh mit auf den Weg bekommen, dass Akzeptanz und Toleranz im Ausleben verschiedener Religionen wichtig sind. Mexiko erweitert den Horizont„Vor meinem Aufenthalt in Mexiko habe ich den Glauben so gelebt, wie ich es als 'üblich' ansehe.“ Dazu gehörte für sie einerseits die Feier der Oster- und Weihnachtstage und Gottesdienstbesuche. „Andererseits gehören zum Glauben-Leben auch alltägliche Verhaltensweisen: der respektvolle Umgang mit seinen Mitmenschen, daran zu arbeiten, vorurteilsfrei zu sein und natürlich Toleranz und Akzeptanz gegenüber anderen Menschen aufzubringen.“

Dieses Verständnis hat sich durch ihren Aufenthalt in Mexiko nicht geändert. Es sei zwar sehr interessant neue Traditionen kennen zu lernen und das besonders „intensive“ Glaubensverständnis der Mexikaner. „Damit kann ich gut umgehen.“ Andere Erfahrungen seien aber befremdlich. „Aber tolerieren tue ich alles und so erweitert sich mein Horizont.“

Kim's Blog: http://kim-in-mexiko.blogspot.de/

Glaubensserie: Gerade für junge Menschen ist es heute schwierig, einen Zugang zum Glauben zu finden und ihre Überzeugung im Alltag zu leben. Gläubig zu sein, ist heute einfach nicht „hip“ genug. Und trotzdem sind für viele Gott und christliche Werte in ihrem Leben sehr wichtig. Wir haben mit verschiedenen jungen Leuten gesprochen, was für sie „Glaube“ ist.

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