Ein ungewöhnlicher Ort für ein Interview – ich treffe Alexander, 36 Jahre alt und Gemeindereferent in Attendorn, auf seinem Minetest-Server. Er gibt mir eine Führung , zeigt verschiedene Kirchen, die seine Drittklässler im Unterricht nach der Erstkommunionvorbereitung gebaut haben. „Johannes“ ist mein Benutzername im Spiel. Die Accounts, die Alexander angelegt hat, sind nach den Aposteln benannt.
Wie kann man den Kindern spielerisch den Kirchenaufbau und das Kircheninventar beibringen? Das hat sich Alexander gefragt. Dabei ist er im Internet darauf gestoßen, dass es für das Spiel „Minetest“ (so ähnlich wie Minecraft, nur kostenlos) verschiedene Mods, also Erweiterungen gibt. Unter anderem einen mit Altären, Ambos, Kreuzen, Kerzen, Glocken und was man sonst noch alles so in einer Kirche braucht.
»Es war schön zu sehen, wie motiviert und kreativ die Kinder in Minetest ihre Kirchen gebaut haben.«
Alexander Müller
Gemeindereferent in Attendorn
Also beschaffte Alexander sich neun ausrangierte Laptops für den Unterricht und programmierte einen Server, damit die Kinder gemeinsam in einer virtuellen Welt ihre Kirchen bauen können.
Was braucht es in einer Kirche? Was kenne ich aus meiner Heimatkirche? Und wie ist eine Kirche überhaupt aufgebaut? Das haben sich die Schülerinnen und Schüler zunächst gefragt. „Wir haben gemeinsam gesammelt, welche Gegenstände es in einer Kirche so gibt“, sagt Alexander. Dabei wurden auch einige Gegenstände genannt, die Alexander von den Kindern nicht unbedingt erwartet hätte. „Tabernakel ist eigentlich ein Wort, das Kinder nicht unbedingt kennen, aber daran konnten sich die Kinder interessanterweise aus der Erstkommunionvorbereitung noch sehr gut erinnern. Auch, dass der Beichtstuhl genannt wurde, fand ich total interessant.“
Nachdem das grobe Konzept stand, haben die Kinder angefangen, zu bauen. In Zweierteams jeweils eine Kirche.
Alexander und ich gehen zusammen durch die verschiedenen Kirchen und schauen uns an, was die Kinder kreiert haben. Sie haben Weihwasserbecken selbst entwickelt, Friedhöfe gebaut und ihre Minetest-Kirche mit Kerzen geschmückt. „Ein Zeitfaktor war auch, wie man eigentlich ein Dach baut. Deshalb haben die meisten Kirchen jetzt ein Flachdach“, sagt Alexander und lacht. Das sieht natürlich etwas ungewöhnlich aus, doch die Kinder haben auch dort noch ihre Kreativität eingesetzt: „Ein Team hatte am Ende noch Zeit und die haben sich gefragt, wie man das Dach eigentlich nutzen kann. Dann haben sie darauf einfach einen Friedhof gebaut.“ Ich muss sagen, auf so eine Idee wäre ich nicht gekommen!
Alexander und ich gehen in die nächste Kirche – die sieht wieder ganz anders aus: Viel größer als die Vorherige, wie eine Hallenkirche. Die Fenster sind bunt und auf dem Altar stehen Kerzen. In der Ecke, etwas versteckt, sieht man auch ein paar Glocken und alle paar Minuten läuten sie sogar. Vor der Kirche steht noch ein kleines Gebäude und darin ein Wasserbecken, in das ich als „Hl. Minetest-Johannes“ sogar hineingehen kann. „In der Erstkommunionvorbereitung habe ich mal erzählt, dass in der frühchristlichen Zeit mit dem Untertauchen des ganzen Körpers getauft wurde. Das ist bei den Kindern wohl irgendwie hängen geblieben.“
Bis zur nächsten Kirche ist es kein weiter Weg. Als wir dort eintreten, fühle ich mich ein bisschen an die Capella Clementina, direkt am Petrusgrab im Petersdom, erinnert. Die Kinder haben eine ganz kleine, etwas düstere, mit Kerzen beleuchtete Kirche gebaut, die mit ihren Bänken schon fast etwas vollgestellt wirkt, aber dadurch ihre ganz eigene Atmosphäre hat.
So wie Alexander mich hier durch die Minetest-Kirchen-Landschaft geführt hat, endete auch das Schuljahr. Gemeinsam am Beamer gab es einen Rundgang durch alle Kirchen und die Kinder konnten ihren Mitschülern ihre eigenen Kirchen und kreativen Ideen vorstellen. „Zum Schluss war nicht mehr allzu viel Zeit, sodass einige Kirchen leider nicht ganz fertig geworden sind, aber fürs erste Mal war es ein tolles Projekt, bei dem die Kinder hochmotiviert dabei waren.“ Viele Kinder hätten sich nochmal von zu Hause aus eingeloggt und ihren Eltern die selbstgebaute Kirche gezeigt.
Im nächsten Jahr ist Alexander nicht mehr so häufig in der Schule in der Erstkommunionvorbereitung, da er seit dem 1. September in der Projektstelle Digitalseelsorge auf Bistumsebene arbeitet. Eventuell bietet er das Projekt dann auch wieder an, da momentan schon viele Schüler danach fragen.
Aber auch in der Digitalseelsorge wird es bestimmt die Möglichkeit, die nun vorhandenen Laptops und die Projektidee für die Glaubensarbeit zu nutzen. „Ein Traum in weiter Ferne wäre auch, so etwas auf Bistumsebene anzubieten, wo es eine große Minetest-Welt gäbe und wo von unterschiedlichen Stellen Sakramentenvorbereitung stattfinden könnte."
In dem Netzwerk „Libori-Social“ auf Mastodon, das Alexander zusammen mit Vikar Berschauer aus Lippstadt ins Leben gerufen hat, kann man unter anderem von Minetest-Kirche aber auch anderen Projekten aus dem Erzbistum Paderborn erfahren. Es ist ähnlich wie Twitter aufgebaut, also vor allem auf kurze Texte ausgelegt. In der lokalen Timeline sieht man gut übersichtlich gesammelt, was es so alles Neues im Erzbistum Paderborn gibt.
Schaut doch gerne mal vorbei, wir von YOUPAX sind dort nun auch vertreten.