Mit Klappstuhl und Picknickdecke zum Gottesdienst
03.09.2012

Mit Klappstuhl und Picknickdecke zum Gottesdienst

„Kirche am See“ lockt an den Möhnesee

Ein Baum, rüstige 800 Jahre ist er alt, seine Äste sind weit verzweigt und sein dichtes Blätterwerk spannt sich wie ein schützendes Segel über den grünen Grund. Wer den Eingang der „Kirche am See“ sucht, sucht vergeblich. Im Freizeitpark in Möhnesee-Körbecke steht keine Kirche, sondern nur ein Altar unter einer alten Eiche. Und genau an diesem Ort treffen sich jeden Sonntag im Sommer um elf Uhr hunderte Menschen. Mit einem Klappstuhl unterm Arm und einer Picknickdecke in der anderen Hand strömen auch an diesem Sonntag mehr als 400 Gläubige zu diesem besonderen Platz der Begegnung. Um tollen Menschen zu begegnen – und Gott.

Während die Band „Resonanz“ aus Soest noch mit dem Soundcheck beschäftigt ist und das Jugendgottesdienstteam Soest (JuGo) die letzten Abläufe durchgeht, treten immer mehr junge und auch alte Leute auf den Platz. Von Soest über Paderborn bis Dortmund hat sich das einmalige Angebot „Kirche am See“ herum gesprochen. Alle zeigen sich begeistert von dem Projekt, das nach einem ersten Probejahr viele Fans und Stammgäste gefunden hat. Mit Fahrrad, Auto oder zu Fuß reisen sie aus nah und fern an.

Als Ullrich Auffenberg, Pastor und maßgeblicher Initiator der Aktion, den Jugendgottesdienst unter dem Thema „Ich will nicht ins Paradies“ eröffnet, fügt er an, dass man sich an diesem Morgen eigentlich schon im Paradies befinde. Und er hat Recht. Das Zwitschern der Vögel, die Sonnenstrahlen, die sich ihren Weg durch die Äste bahnen, und der Duft der erwachenden Natur sind wahrlich paradiesisch.

Doch im Evangelium steht, dass nur „reine“ Menschen ins Paradies kommen. Was bedeutet es, „rein“ zu sein? Gibt es in unsererm Glauben etwa so was wie Regeln, nach denen entschieden wird, wem sich die Tür zum Paradies öffnet und wer disqualifiziert ist? Pastor Ulrich Auffenberg findet schnell Antworten und es wird deutlich: „Christsein ist kein Ponyhof.“ Denn in jedem wohnen nicht immer nur Liebe und Dankbarkeit, sondern auch mal Neid, Wut und Ärger. „Aber Gott wohnt in unseren Herzen und es ist unsere Aufgabe, Herz und Kopf zu verbinden“, appelliert Auffenberg.

Später kling dann der Gottesdienst mit der Musik der Band „Resonanz“ aus. Herzlich wird sich verabschiedet. Und das Herz spielt auch beim Konzept der „Kirche am See“ eine Rolle, alle sind eingeladen, die Gottesdienste mitzufeiern. „Hier sind wir nicht eingeengt in Mauern oder strenge Formen, sondern dort, wo Kirche entstanden ist, nämlich am Wasser“, erklärt Pastor Auffenberg. Bereits am nächsten Sonntag sind wieder alle eingeladen, zum Treffpunkt von Glauben und Gemeinschaft zu ziehen. Dann bereiten die Firmbewerber vom Möhnesee eine Jugendmesse unter der Überschrift „Tankstelle Gottesdienst“ vor. Gottesdienst feiern mit frischem Rasen unter den Füßen, einem grünen Blätterdach über dem Kopf und einem Blick auf den blauen Möhnesee – ja, das ist paradiesisch. „Und ab und zu kommt auch mal was Gutes von oben. Nicht erschrecken, das sind nur Eicheln“, verrät Auffenberg zwinkernd.

Von Oktober bis März wird die Aktion „Kirche am See“ in der Soester Albertus-Magnus-Kirche unter dem Titel „Brennpunkt Kirche“ fortgesetzt. Dann wird die Idee in einer Kirche weiterleben, „in der hoffentlich noch was brennt“, erklärt Gemeindereferent Andreas Krüger aus Soest. Schon jetzt ist das zarte Pflänzchen dieses Gemeinschaftsprojekts zu einem starken Baum geworden. Es bleibt abzuwarten, ob dieser Baum auch 800 Jahre alt wird.

Mehr zur Kirche am See unter http://www.katholische-kirche-moehnesee.de

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