Alexander Plümpe (links) und Maximilien Schnitzmeier (Mitte) reisten für die KLJB nach Sambia.
Alexander Plümpe (links) und Maximilien Schnitzmeier (Mitte) reisten für die KLJB nach Sambia.
19.08.2019
Miteinander

Nicht nur Geld hin- und herschieben

Bei einer Reise nach Sambia baute die KLJB Partnerschaften neu auf und erfuhr, wie man voneinander profitieren kann

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von Tobias Schulte

Die gewisse afrikanische Gelassenheit vermisst Maximilian Schnitzmeier jetzt schon. Als das Interview mit ihm und Vikar Alexander Plümpe über die Reise der beiden im Juli nach Sambia ansteht, stößt Schnitzmeier aufgrund eines vorherigen Termins später zur Telefonkonferenz dazu. „Wir takten unseren Arbeitsalltag, versuchen immer mehr Termine in einen Tag zu packen“, sagt er später im Gespräch. In Sambia habe er erlebt, wie die Menschen dort die Zeit anders wahrnehmen. Wie sie in den Tag hinein leben. Sich weniger Stress machen – ohne faul zu sein, wie man ihnen vorwerfen könnte.

Eingeschlafene Freundschaften wieder aufbauen - das war das Ziel der Reise nach Sambia. Als Diözesanvorsitzender und Diözesanseelsorger bilden sie die Spitze der katholischen Landjugendbewegung (KLJB) im Erzbistum Paderborn. Sie haben die drei Bistümer Mansa, Kasama und Mpika besucht und bei Treffen mit den dortigen Jugendkaplänen, Jugendkoordinatoren und Pastoralkoordinatoren die Struktur und Arbeit der KLJB erklärt. Die CARYM (catholic agricultural rural youth Movement) ist das afrikanische Äquivalent zur KLJB in Deutschland. Doch: „Die Vernetzung ist in den vergangenen Jahren eingeschlafen“, sagt Alexander Plümpe.

Alexander Plümpe und Maximilian Schnitzmeier stellten in Mansa (Sambia) die Verbandsarbeit der KLJB vor.
Alexander Plümpe und Maximilian Schnitzmeier stellten in Mansa (Sambia) die Verbandsarbeit der KLJB vor.

Partnerschaft durck Aktion "Minibrot"

Entstanden ist die Verbindung nach Sambia durch die Aktion „Minibrot“, bei der Jugendliche und junge Erwachsene der KLJB zum Erntedankfest kleine Brote verteilen, um auf den Hunger in der Welt aufmerksam zu machen. Dabei sammeln sie Spenden, mit denen soziale und gemeinnützige Projekte weltweit unterstützt werden – so auch in Sambia.

Doch das Geld sollte nicht einfach nur hin- und hergeschoben werden – mit den Menschen in den Projektorten sollten echte Partnerschaften entstehen.

»Die meisten Verantwortlichen waren noch nicht lange im Amt und daher auch mit den Strukturen von Jugendverbänden noch nicht so vertraut.«

Alexander Plümpe
Diözesanseelsorger der katholischen Landjugendbewegung im Erzbistum Paderborn


Partnerschaft von Paderborn nach Sambia
2011 schloss die KLJB im Erzbistum Paderborn einen Partnerschaftsvertrag mit der CARYM in den Diözesen Mansa und Kasama. Ein Bestandteil des Vertrags ist die Verpflichtung, sich regelmäßig gegenseitig zu besuchen. Die Paderborner Delegation wäre eigentlich 2017 an der Reihe gewesen. Die Diözesanversammlung beschloss, die Reise in diesem Jahr nachzuholen.

Oberstes Ziel war, Kontakte bei den Zuständigen in den Bistümern neu aufzubauen. „Die meisten Verantwortlichen waren noch nicht lange im Amt und daher auch mit den Strukturen von Jugendverbänden noch nicht so vertraut“, erklärt Plümpe. Zwischen Bistümern und CARYM müsse noch viel Vertrauen aufgebaut werden. Während der Paderborner Diözesanverband der KLJB 1948 gegründet wurde, entstand die CARYM in Mansa und Kasama erst 1985.

Momentan kontrollierten die sambischen Bistümer noch die Finanzen der Verbände. Um den Blick der Verantwortlichen zu weiten, präsentierten Plümpe und Schnitzmeier in Vorträgen, wie Jugendverbandsarbeit in Deutschland funktioniert. „Wir haben gezeigt, dass man mit einer festen Struktur die Sachen vor Ort voranbringen und sich national und international vernetzen kann, um auf höherer Ebene etwas zu erreichen“, skizziert Plümpe.

Afrikanische Langsamkeit und Gelassenheit

Neben den Vorträgen bei den Verantwortlichen im Bistum vernetzen sie sich mit einer Ortsgruppe, berichteten im katholischen Radio von ihrer Arbeit und lernten Sambia landschaftlich kennen. Sie erfuhren, dass Landwirte in Sambia traditionell ihre Wiesen nach der Ernte abfackeln, damit das neue Gras aus der Asche heraus wächst. Dass viele Schüler im Internat wohnen, da sie nicht jeden Tag 50 Kilometer aufs Land zu den Eltern pendeln können. Dass viele junge Erwachsene die CARYM überhaupt nicht kannten.

Durch eine Autopanne auf der Fahrt von Mansa nach Kasama kamen die beiden auch ungeplant in Kontakt mit einheimischen Kindern. Was sind die Sorgen und Freuden der Menschen dort? „Nicht viel andere als bei uns“, sagt Vikar Plümpe. „Es geht darum, dass wir das Leben geregelt bekommen.“ In Sambia sei das mit mehr afrikanischer Langsamkeit und Gelassenheit der Fall. „Die Menschen dort wirkten so, als hätten sie keine Probleme“, sagt Schnitzmeier. Zum Beispiel machten sie sich weniger Stress bei Terminen, da es aufgrund der schlechten Straßen und des unzuverlässigen öffentlichen Nahverkehrs kaum möglich sei, dass alle pünktlich eintreffen. Mehr als ein bis zwei Termine hätten die Menschen dort pro Tag nicht.

Es sind Erlebnisse, die ein gegenseitiges Verständnis aufbauen. Dazu zählt auch, was Plümpe und Schnitzmeier über das ländliche Leben der Menschen in Sambia erfahren haben. „Aufgrund des HI-Virus ist in Sambia eine ganze Generation weggestorben“, sagt der Diözesanseelsorger. Daher sei viel Wissen über die Landwirtschaft verloren gegangen. Um dem entgegenzuwirken, biete eine Ortsgruppe der CARYM Fortbildungen in Hühnerzucht oder Maisanbau an. Zudem seien die Bedingungen vor Ort durch Monsun und Starkregen schwierig.

Ein Punkt, an dem die KLJB ansetzen möchte, um in Sambia eine nachhaltige Landwirtschaft aufzubauen. Derzeit sei eine weitere Gruppe des Paderborner Diözesanverbands in Sambia, um sich um Förderanträge für Projekte zu kümmern.

Gruppenbild mit Mitarbeitern des Generalvikariats in Mansa.
Gruppenbild mit Mitarbeitern des Generalvikariats in Mansa.
Reifenpanne: Auf dem Weg von Mansa nach Kasama sorgte ein unvorhergesehener Stopp zu Kontakt mit der einheimischen Jugend.
In Kasama informierten sich Jugendliche über die CARYM.
In Kasama informierten sich Jugendliche über die CARYM.
Ein Elefant lief den KLJB-lern während einer Safari über den Weg.
Ein Elefant lief den KLJB-lern während einer Safari über den Weg.

Während der Messe knattert das Strom-Aggregat

Jesus zu folgen und das Land nach vorne zu bringen – diese beiden Ziele verfolgen KLJB und CARYM gemeinsam. „Doch das Folgen Jesu wird in Sambia viel deutlicher nach vorne getragen“, sagt Plümpe. Die Menschen sagten immer wieder, dass Gott helfen möge. Sie beteten offen füreinander. Der Gottesdienstbesuch sei selbstverständlicher – und energievoller. „Die Atmosphäre in der Messe ist viel enger vernetzt. Sie lebt von der lauten, schwungvollen Musik“, sagt Schnitzmeier.

Durch die vielen Gesänge habe eine Messe in der einheimischen Sprache Bemba zwei Stunden gedauert. „Da ging ganz schön die Post ab“, sagt Plümpe. Das galt auch für die Predigt. Die beiden berichten, dass der Priester das Volk vor lauter Eifer fast schon angebrüllt hätte. Dazu knatterte im Hintergrund ein Aggregat, da in Sambia täglich für vier Stunden der Strom abgestellt werde. Die Wasserkraftwerke könnten nicht genügend Strom produzieren.

„Wenn man nun vor Ort war, Bilder vor Augen hat, dann erhält man eine ganz neue Motivation“, sagt Maximilian Schnitzmeier. Auf der Reise habe er erkannt, wie wichtig internationale Partnerschaftsarbeit sei. „Da müssen wir mehr Initiative ergreifen“, sagt der Diözesanvorsitzende der KLJB. Nun wolle er einen Schwerpunkt seiner Arbeit darauf legen, die Partnerschaft wieder ans Laufen zu bekommen. Sicher mit dem nötigen Schuss Verständnis für die afrikanische Gelassenheit.

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