view of cross during golden hour
17.06.2019
Miteinander

Wie funktioniert Ökumene?

Von der Wichtigkeit des Zusammenwachsens von Katholiken und Protestanten als Christen

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von Rebecca Pohl

Ökumene. Was ist das eigentlich? Den Begriff hat jeder schon mal gehört. Ökumenische Gottesdienste begleiten uns junge Christen seit den Kindergartentagen. Spätestens in der Grundschule war der Einschulungsgottesdienst sicher ökumenisch, es sei denn, man war vielleicht auf einer katholischen Schule. Ansonsten wurden Schulgottesdienste in der Regel gemeinsam gefeiert. Genauso wie der Religionsunterricht in einigen Grundschulen. Katholische und evangelische Schüler bekommen gemeinsam die Werte des christlichen Glaubens vermittelt. Auf der weiterführenden Schule sieht das dann vielleicht wieder anders aus. Aber im Grunde wachsen wir jungen Christen alle im ökumenischen Geist auf.
Ökumene ist mehr als das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten. Sie beschreibt im Allgemeinen das Zusammenleben mehrerer Konfessionen. Bei uns im Sprachgebrauch meinen wir normalerweise jedoch das Miteinander von katholisch und evangelisch.

»Ökumene ist mehr als das Zusammenleben von Katholiken und Protestanten.«


Wie entwickelt sich die Ökumene in einer Zeit, in der das Christentum in einigen Städten immer mehr an den Rand gedrängt wird und andere Religionen und Kulturen die Oberhand gewinnen. Müssen sich die beiden Konfessionen zusammen verbünden um überhaupt noch als Christen wahrgenommen zu werden?

Ich habe mich darüber mit dem katholischen und dem evangelischen Pfarrer aus meinem Heimatort unterhalten, die beide einen ganz besonderen Bezug zum Thema Ökumene haben.

Pfarrer Matthias Boensmann

»Katholisch und evangelisch gehören für mich zusammen.«

Pfarrer Matthias Boensmann, 52
Pastoralverbundsleiter im Pastoralverbund am Phoenixsee

Pfarrer Matthias Boensmann (52) ist Pastoralverbundsleiter im Pastoralverbund am Phoenixsee im Dortmunder Süden. „Ich bin jemand, der mit Ökumene aufgewachsen ist. Ich bin evangelisch getauft und bis zu meinem achten Lebensjahr evangelisch gewesen. Dadurch habe ich auch Kindergottesdienste und alles auf der evangelischen Seite mitbekommen und kann mich da bis heute gut dran erinnern. Dann ist meine Familie konvertiert, ich bin also mit acht Jahren katholisch geworden und dann auch zur Erstkommunion gegangen. Das war eine ganz neue Erfahrung für mich. Ich habe die Ökumene somit immer auf dem Herzen gehabt. Meine Eltern sind damals in ein ökumenisches Zentrum gezogen und in diesem Geist bin ich eben aufgewachsen, dass katholisch und evangelisch zusammengehören.“ So beschreibt Pfarrer Boensmann seinen ganz persönlichen Bezug zur Ökumene.

»In den meisten Familien sind sowieso beide Konfessionen vetreten, die leben Ökumene ja quasi schon zu Hause.«

Pfarrer Frank Thomaschewski
Leiter der evangelischen Kirchengemeinde
Syburg - Auf dem Höchsten

Auch der evangelische Pfarrer Frank Thomaschewski (55) aus der evangelischen Kirchengemeinde Syburg - Auf dem Höchsten, ebenfalls im Dortmunder Süden, hat einen besonderen Bezug zur Ökumene: „Mir ist bewusst, dass die Konfession, in die man hineingeboren wird, immer Zufall ist. Ich persönlich habe zwei katholische Großmütter und zwei evangelische Großväter gehabt und damals hat sich dann in den beiden Fällen die evangelische Seite durchgesetzt. Das hätte aber auch anders sein können.“ Er ist kein Freund von allzu großen Gräben und wünscht sich ein friedliches Miteinander, gerade in einer Zeit, in der man als Christen zusammenhalten muss. Die Gräben gäbe es schon in der evangelischen Kirche, in der mehrere Konfessionen aufeinandertreffen.
Der katholische Pastoralverbund und die evangelischen Gemeinden im Dortmunder Süden kommen gut miteinander aus. Vor einigen Wochen gab es einen Brand in der Kapelle der katholischen Kirche St. Joseph. „Das war zum Beispiel ein super schönes Zeichen, als bei uns die Kirche verräuchert war, da sind wir einfach in die evangelische Kirche rüber gegangen und haben dort unsere Gottesdienste gefeiert“, schwärmt Matthias Boensmann von der guten Zusammenarbeit mit den Protestanten. Auch auf der evangelischen Seite funktioniert die Kooperation mit den Katholiken super. Im vergangenen Jahr wurden erstmals das Patronatsfest der katholischen Gemeinde St. Kaiser Heinrich und das Gemeindefest der evangelischen Gemeinde gemeinsam gefeiert. In diesem Jahr wurde das anlässlich des 90-jährigen Jubiläums des Ev. Posaunenchors Dortmund-Höchsten wiederholt, der seit Jahren die St. Heinrichs-Prozession der katholischen Gemeinde musikalisch begleitet.

»Wir befinden uns in einer Zeit, in der man als Christen zusammenhalten muss.«

Pfarrer Frank Thomaschewski, 55
Leiter der evangelischen Kirchengemeinde
Syburg - Auf dem Höchsten

Pfarrer Frank Thomaschewski

Vieles wird schon getan, an dem Miteinander zwischen den beiden christlichen Konfessionen. Was passiert, wenn man in die Zukunft schaut? Oder erstmal nur aus dem beschaulichen Dortmunder Süden hinaus? „Ich glaube, dass wir in Zukunft noch mehr dahin schauen müssen, wie wir noch stärker zusammenwachsen und zusammenarbeiten können. Irgendwann sollen wir uns nicht mehr so stark als Katholiken oder Protestanten aufstellen, sondern als Christen. Denn wir werden in der Welt irgendwann in eine Defensivposition kommen und das Christentum wird nicht mehr das Bestimmende sein“, so Pfarrer Boensmann. „In der Dortmunder Nordstadt beispielsweise ist es das ja schon. Da ist nicht mehr das Christentum das Bestimmendes und da kann man die Fahne nur noch hochhalten, wenn man das in der Ökumene zusammen macht; die ganzen Projekte zusammen organisiert, Kindergärten zusammenlegt und alles andere.“ Auch die Zusammenlegung von Gebäude ist für die beiden Pfarrer eine Möglichkeit, in Zukunft noch mehr und noch näher zu kooperieren. Frank Thomaschewski schlägt vor: „Man muss schauen, dass man da zusammenlegt, auch was Gebäude angeht. Dass es dann im Stadtteil ein gemeinsames Gebäude gibt. Aber dann sollen die Gemeindehäuser zusammengelegt werden und nicht die Kirche, denn somit gehen Kultur und Tradition verloren, wenn man nicht mehr von außen erkennen kann, dass es eine Kirche ist.“ Ähnliche Stimmen gibt es von der katholischen Seite: „Ich glaube, dass man auch in Bezug auf die Gebäude nochmal schauen muss. Wir haben zwei Kirchen, zwei Gemeindehäuser in weniger als 200 Meter Luftlinie. Und da dann auch einfach mal zu überlegen: In die eine Ecke kann man einen Tabernakel stellen, in die andere stellt man etwas protestantisches und wenn man dann in eine andere Ecke noch ein Marienstatue stellt, die man bestenfalls zuziehen kann, damit sich die richtigen Protestanten nicht gestört fühlen, kann man so einen Raum auch synergetisch noch viel mehr nutzen. Da könnten dann auch richtige Gemeindezentren entstehen“, meint Matthias Boensmann.

»Ich glaube, dass wir in Zukunft noch mehr dahin schauen müssen, wie wir noch stärker zusammenwachsen und zusammenarbeiten können. Irgendwann werden wir uns nicht mehr so stark als Katholiken und Protestanten aufstellen, sondern als Christen.«

Pfarrer Matthias Boensmann
Pastoralverbundsleiter im Pastoralverbund am Phoenixsee

Die Ideen und die Vorstellungen von einer gemeinsamen Zukunft sind gegeben. Doch wie kommt die gelebte Ökumene bei den Gemeindemitgliedern an? Pfarrer Boensmann ist davon überzeugt, dass das ganze eine Generationenfrage ist. Die Älteren leben und lieben ihre Traditionen und können sich somit nur schwierig auf etwas neues einlassen. „Meine Generation zum Beispiel ist sich da schon bewusster, dass es ohne nicht geht, weil sie die Zukunft realistischer sehen. Und die jüngeren, so eher deine Generation, Anfang 20, die denken eher ‚Wo ist denn da der Unterschied zwischen evangelisch und katholisch?‘. Wenn sie nicht gerade gläubig in die Kirche gehen, bekommen die das gar nicht so mit, da sie es aus dem Religionsunterricht meist gar nicht groß anders kennen, weil es immer weniger Trennung gibt.“ Auch bei den Gemeindemitgliedern der evangelischen Gemeinde wird Ökumene gut aufgenommen. „In den meisten Familien sind sowieso beide Konfessionen vertreten, die leben Ökumene ja quasi schon zu Hause“, so Pfarrer Thomaschewski. Und auch in Bezug auf den anstehenden Kirchentag in Dortmund ist die Freude über die Hilfe der katholischen Brüder und Schwestern groß und wird sehr gut angenommen.


Die Ökumene kann an vielen Stellen gut laufen, dies ist nur ein Beispiel von vielen. „Ökumene sind ja nicht nur zwei Konfessionen, das ist ja mehr als evangelisch und katholisch. Da gehören noch ganz viele andere Konfessionen zu. Das eine Haus Gottes sozusagen, das ein paar Anbauten, unterschiedliche Dächer, unterschiedliche Zugangsweisen zu dem einen Gott hat und das sollte uns eigentlich verbinden. Nicht nur die ersten 500 Jahre, sondern auch darüber hinaus. “ Frank Thomaschewski ist sich sicher, dass die Ökumene in Zukunft nur weiterwachsen kann.

Die katholische Kirche St. Joseph in Dortmund-Berghofen
Die katholische Kirche St. Joseph in Dortmund-Berghofen

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