In schlimmen Zeiten zeigt sich, dass wir zusammenstehen müssen.
22.03.2020
Perspektive

#ohnecorona - Zusammenhalten

Mein Wunsch für die Zukunft.

test
von Till Kupitz

Hamsterkäufe, Wirtschaftskollaps, Ausgangssperren: Eigentlich hätte ich nie gedacht, dass uns das in naher Zukunft mal passiert. Wieso auch? Krieg schien mir immer weit weg von Europa zu sein; an so etwas wie eine Pandemie habe ich erst gar nicht gedacht. Und doch steckt unsere Gesellschaft nun gefühlt mitten im Chaos. Wir taumeln wie ein Boxer, der vom Coronavirus einen satten Kinnhaken verpasst bekommt. Aus dem Nichts heraus, völlig unerwartet und unvorbereitet, mit ganzer Härte. Der Ausbruch des Virus ist für mich aber auch eine Art Zeichen unserer Erde: „Halt, es reicht. So kann’s nicht weitergehen!“

Die Natur atmet durch.

Ohne Corona würde die Wirtschaft nicht zurückschrauben und die meisten würden in den Urlaub fliegen oder fahren. Doch jetzt lese ich, dass das Wasser in Venedig wieder kristallklar ist, weil Kreuzfahrtschiffe nicht fahren und Touristen fehlen. Schwäne und Fische kehren dorthin zurück. Auch in chinesischen Städten – traditionell von einer großen Smogwolke eingehüllt – hat sich die Luftqualität verbessert.

Ein Virus, das viele Menschenleben kostet, kann natürlich auf keinen Fall durch positive Aspekte in Sachen Klimaschutz relativiert oder gutgeheißen werden. Doch ich möchte, dass wir in Zukunft auch in der Klimakrise an einem gemeinsamen Strang ziehen.

Höher? Schneller? Weiter?

Wenn ich über unsere Gesellschaft so nachdenke, war diese zuletzt vor allem eines: besessen von Wachstum. Ich würde mir wünschen, dass größere Unternehmen (und auch jeder Einzelne) nicht permanent mit beiden Augen auf den größtmöglichen Profit schauen. Sondern den Blickwinkel erweitern und Menschen nicht – koste es, was es wolle – von einer Höchstleistung zur nächsten zu treiben.

Nichts fast unsere leistungsorientierte Gesellschaft besser zusammen als der „Höher, schneller, weiter“-Gedanke. Wir wollen, auch ich kann mich da nicht von freisprechen, oft immer nur noch mehr. Mehr Geld, einen besseren Job, und und und. Aber merken wir nicht gerade in schlimmen Zeiten, was wirklich zählt? Ein sicherer Job, Familie und Freunde und auch mal zufrieden zu sein, mit dem, was man hat. Ein Stück weit zurück zu den Wurzeln sozusagen.

Familie. Freunde. Die schöne Natur: Das zählt im Leben wirklich.

Apropos Umweltschutz: Ich persönlich schätze gerade sehr, was ich an der Natur und dem Leben auf dem Land habe. Ich kann – wie zu Zeiten ohne Corona – vor die Tür gehen, ohne Hunderten von Menschen zu begegnen. Oft denke ich darüber gar nicht so nach, nehme es als selbstverständlich hin. Doch gerade nun wird mir klar, dass es ein Privileg ist, zwei Minuten entfernt den Wald statt Großstadtrubel zu haben. Wir alle brauchen das doch mal: raus in die Natur, den Kopf frei bekommen.

Mehr Menschlichkeit, bitte.
#stayathome

Mehr Menschlichkeit, bitte

Wenn ich einen Wunsch für die Zukunft äußern könnte, wäre es, dass wir durch die Pandemie alle stärker zusammenrücken. Das ist nämlich verloren gegangen. Das Internet ist voll von Hass, niemand gönnt dem anderen etwas und jeder achtet nur auf sich selbst. Ich weiß nicht, wie es euch geht – aber mich macht das nicht glücklich. Ich möchte, dass Menschlichkeit mehr zählt und dass wir für gemeinsame Werte einstehen. Wir sollten dankbar sein, dass wir Europa haben, frei reisen können und noch viele andere Privilegien haben. Stattdessen machen wir uns nieder und ziehen uns gegenseitig runter, statt einander aufzubauen.

Doch derzeit wirkt es fast so, als hätte das Virus Potential, zumindest uns als Europäer noch weiter auseinanderzutreiben. Jeder ist sich selbst derzeit der Nächste. Statt eine gemeinsame Lösung zu finden, gibt es Grenzkontrollen. Die Zeichen stehen auf Abschottung. Schade eigentlich. Denn gemeinsam ist man so viel stärker als jeder für sich allein. Aber meine Hoffnung bleibt, dass Europa am Ende doch noch gestärkt aus der Krise hervorgeht und alle einsehen: Wir brauchen einander. Doch ich lese davon, dass junge (wohlgemerkt eher wenige) Leute, in Deutschland oder den USA, nun absichtlich rausgehen, Corona-Party feiern und sich auf diese Weise einen Dreck für das Wohlbefinden älterer Leute interessieren. Das ist doch ziemlich traurig, oder?

Vielleicht ist es ja tatsächlich so, dass uns die Coronapandemie in einigen Dingen am Ende die Augen öffnet und unsere Gesellschaft solidarischer wird. Ich hoffe es zumindest.

Mix