Alle reden über Langsamkeit und Entschleunigung – nur fühlt es sich für mich nicht so an
Die ganze Situation fühlt sich für mich noch surreal an. So richtig hat sich in meinem Kopf noch nicht festgesetzt, was eigentlich los ist. Ich fühle mich etwa so, wie früher, als die Sommerferien losgingen - und ich das noch nicht so richtig realisieren konnte. Doch jetzt geht es offensichtlich um mehr.
Ich frage mich: Was würde ich jetzt ohne Corona tun, fühlen, denken? Und wie denke ich jetzt darüber?
Gefühlt reden alle über Entschleunigung – und, dass das Leben nun langsamer wird. Doch so richtig ruhiger oder entschleunigt fühlt sich mein Leben nicht an. Gerade auf der Arbeit ist alles noch hektischer geworden. In dieser Krisenzeit gilt es gerade für die Kirche im Erzbistum Paderborn, präsent zu sein, sich anzubieten und die Menschen neugierig auf Gott zu machen. Dazu möchte ich meinen Beitrag leisten. Ich springe von Dreh zu Interview und Besprechung. Gucke selten auf die Uhr aber umso öfter aufs Diensthandy. Und das in Zeiten, in denen ich WhatsApp, Facebook und Instagram privat deinstalliert habe. #digitaldetox in der Fastenzeit.
In etwas mehr als einer Woche wäre ich ins Heilige Land geflogen, um auf Jesu Spuren zu wandern. Ich habe mich sehr nach der Reise gesehnt, um (endlich mal) innerlich ruhig zu werden. Um Gott näher kennenzulernen und ihn zu fragen, ob das Leben, wie ich es gerade lebe, so gut ist. Daraus wird nichts – genauso wenig wie es den spontan geplanten Ersatzurlauben auf Juist oder in Holland.
Ich (und da spreche ich vermutlich für mehrere Menschen) muss mit dem Gefühl leben, dass mir ein Strich durch die Rechnung gemacht wurde. Dass meine Pläne nicht aufgehen. Dass ich nicht alles in der Hand habe. Irgendwie auch ermutigend, oder?
Ich habe mich in letzter Zeit eh schon mit dem Thema Selbstverwirklichung auseinandergesetzt. „Lass los, um glücklich und erfolgreich zu werden“, war dabei einer der Gedanken, der mich am meisten gepackt hat. Mir wurde aufgezeigt, dass eine „Macher-Attitüde“ falsch gedacht ist – weil letztendlich wir die Fäden nicht wirklich in der Hand haben. Wir können nur Chancen erkennen und uns dazu entscheiden, ob wir sie nutzen möchten oder nicht. Dafür lege ich Dir das folgende Video ans Herz.
Gleichzeitig denke ich nach dem Studientag Evangelisierung immer noch über das Thema Jüngerschaft nach. Dabei geht es im Endeffekt darum, Jesus Christus nachzufolgen, indem ich loslasse. Wie die Jünger die Netze fallen lasse. Ihm mein Leben hingebe.
Ist das die Chance, die ich in der Corona-Krise nutzen kann? Dass ich lerne, loszulassen? Im Privatleben, auf der Arbeit und im Glauben? Dass ich mich nicht unter Druck setze, weil ich noch dieses und jenes organisieren und drei Texte schreiben, Videos drehen und schneiden muss? Dass ich mir keine Vorwürfe mache, wenn zwei Hobbys kollidieren und ich bei einem absagen muss? Dass ich lerne, wirklich auf Gott zu hören und ihm zu vertrauen?
Wenn das so ist, dann möchte ich die Netze fallen lassen. Ich bete: „Herr mache du mich bereit für das, was du mit mir vorhast – und begleite mich durch die kommenden Tage und Wochen. Amen.“