Diese Orte in der Hauptstadt versprühen eine besondere Atmosphäre
Ich habe Berlin schon häufig besucht. Im Rahmen von Studienreisen und als Touristin. Mehr als einmal habe ich vor dem Brandenburger Tor posiert und die Treppen der gläsernen Reichstagskuppel bestiegen. Es gibt Fotos von mir vor der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche und auch die berühmten Berliner Döner und Falafel mit einem Bier vom Spätkauf habe ich probiert. Lange Zeit konnte ich trotzdem nicht nachvollziehen, was so viele Menschen in die Millionenmetropole zieht. Zu anonym und groß erschien sie mir, von der Reizüberflutung in jeglicher Hinsicht ganz abgesehen. Trotzdem habe ich mich getraut und den Praktikumsplatz in der Hauptstadt angenommen. Neun Wochen lang habe ich während meiner Arbeit in einem Berliner Start-Up die Stadt und ihre Menschen kennen gelernt – und mich in sie verliebt.
Jeder Berliner Bezirk hat seinen eigenen Charme. Besonders ins Herz geschlossen habe ich Kreuzberg, auch bekannt als die multikulturelle und alternative Seele Berlins. Kreuzberg ist ein lebendiges Beispiel für gelebte Integration und fortschrittlichen Zeitgeist. Hier reihen sich Läden mit südländischen Lebensmittel an liebevoll eingerichtete, inhabergeführte Cafés mit leckerem, veganen Kuchen. Mein persönliches Highlight darüber hinaus ist Original Unverpackt, der Unverpacktladen auf der Wiener Straße. Hier bekomme ich alles, was ich brauche, um plastikfrei und somit nachhaltiger zu leben.
Auch wer die klassischen Touristenattraktionen der Stadt zwischen Siegessäule und Spree bereits kennt, kann in Berlin noch viel entdecken. Ich bin ein großer Fan von so genannten Walking Tours, die in vielen Großstädten angeboten werden. Bei den Stadtführungen präsentieren Einheimische ihre Heimat und legen dabei den Fokus auf unterschiedliche Themen. Ich habe bereits an einigen dieser Touren teilgenommen und einen klaren Favoriten: Die „AlternativeBerlin Tour“. Während der mehrstündige Expedition durfte ich zahllose Graffiti und Kunstwerke von Street Artists bewundern, besetzte Häuser passieren und über die ein oder andere Anekdote aus dem Nähkästchen des Guides lachen.
Im Zentrum von Berlin ist rund um die Uhr viel los. Selbst ich, als Kind des Ruhrgebiets, aufgewachsen zwischen A40 und Westfalenstadion, brauche gelegentlich Abstand von all dem Trubel. So lange ich denken kann, geben mir Kirchen ein Gefühl von Geborgenheit. Hier finde ich zu mir und kann – im wahrsten Sinne des Wortes – in Ruhe meine Gedanken ordnen. In der Millionenmetropole gibt es zahllose Kirchen. Besonders wohl fühle ich mich im Raum der Stille und des Gebets im Berliner Dom. Der kleine Raum an der Seite des touristenüberlaufenen Sakralbaus bietet eine angenehme Atmosphäre, um im hektischen Alltag einen Moment lang durchzuatmen und Kraft zu tanken.
Als ich meine Berliner Freunde frage, welcher ihr
Lieblingsort ist, sind sie sich uneinig. Berlin ist eine so vielfältige und
pulsierende Stadt, dass die Liste spannender Orte und cooler Places to Be
endlos ist. Während ich Kreuzberg ins Herz geschlossen habe, schlägt Anjas Herz
für den Prenzlauer Berg mit seinen vielen Cafés und Restaurants. Ihre Portion
Natur und Erholung holt sie sich am liebsten im Volkspark Schönholzer Heide ab.
Luise Kroening empfiehlt mir einen Besuch auf dem Tempelhofer Feld. Das über 300 Hektar große Flugfeld des ehemaligen Flughafens wurde nach seiner Schließung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und ist somit nicht nur für Luise „ein Symbol für das bürgerschaftliche Engagement der Stadt und das multikulturelle Miteinander.“ Für sie ist Berlin „geprägt von Diversität, zahlreichen Nachbarschaftsinitiativen, politischem Protest, Improvisation in der Stadtgestaltung, Kreativität der Bewohner, Grünflächen und anderen Gestaltungsräumen.“
Einig sind sich all meine Berliner Freunde und ich allein in einem Punkt: Was die Stadt ausmacht, ist ihre Vielfalt in nahezu allen Lebensbereichen. Es lohnt sich, mit offenen Augen durch die Straßen zu schlendern. Schätze warten an jeder Ecke. Meine größten Schätze während der Zeit in Berlin waren – wie so häufig – weniger die besuchten Orte als die Menschen, denen ich dabei begegnet bin. Den Sonnenuntergang vom Klunkerkranich, Berlin-Neuköllns wohl schönster Dachterrasse, aus zu sehen, war super. Erinnern werde ich mich daran, weil ich dabei neben meiner Freundin Liga stand. Der samstagsmorgendliche Einkauf auf dem Wochenmarkt auf dem Winterfeldtplatz hat mir gleich doppelte Freude bereitet, weil ich Biogemüse für einen Kochabend mit meinen Mitbewohnern eingekauft habe. Nach all dem Großstadttrubel freue ich mich, meine Familie in Castrop-Rauxel über Weihnachten zu besuchen. Gleichzeitig weiß ich jetzt, dass selbst die zweitgrößte Stadt der Europäischen Union ihre Anonymität verliert, wenn ich ihre Bewohner kennenlerne.