Der Religionslehrer Maik Schmiedeler gehört zu den 125 kirchlichen Mitarbeitenden, die sich in der Initiative #OutInChurch als schwul, lesbisch, bi, trans oder non-binär geoutet haben
Maik Schmiedeler hat einen klassischen Weg in der katholischen Kirche hinter sich. Er engagiert sich von frühester Jugend an vielfältig für seinen Glauben, ist ehrenamtlich aktiv. Erst in seiner Heimat, dem sauerländischen Medebach, wo er katholische Jugendverbandsarbeit in der Kolpingjugend und eine „tolle Messdiener-Zeit“ erlebt, mit allem, was dazu gehört: Gruppenstunden, Aktionen, Gottesdienste, Zeltlager und vielem mehr. Dann in der Bezirksleitung Hochsauerland/Waldeck und später auf Diözesanebene. Maik Schmiedeler wird für einige Jahre Diözesanleiter der Kolpingjugend und steht damit einem der großen Jugendverbände im Erzbistum Paderborn vor. Er engagiert sich in Arbeitskreisen „seines“ Verbandes, wie dem „AK Spiritualität“ oder der Gruppenleiterausbildung.
Heute ist Maik Schmiedeler 34 Jahre alt, arbeitet als Lehrer und unterrichtet katholische Religionslehre, sowie Deutsch und Musik an einer staatlichen Schule. Die Fächerauswahl ist kein Zufall. „Der Reli-Unterricht in der Oberstufe war wirklich prägend für mich, er hat mir Halt und Orientierung geben. Und das versuche ich auch heute weiterzugeben“, erklärt der Gymnasiallehrer voller Begeisterung. „Es geht um Anfang und Ende des Lebens, Sinnfragen, Werte – die Atmosphäre im Reli-Unterricht ist einzigartig. In keinem Fach wird es so emotional.“
».Der Reli-Unterricht in der Oberstufe war wirklich prägend für mich, er hat mir Halt und Orientierung geben. Und das versuche ich auch heute weiterzugeben.«
Maik Schmiedeler
Reli-Lehrer an einer staatlichen Schule
Emotional wird Maik Schmiedeler, wenn er über sein Leben spricht. Wenn er davon berichtet, was in den vergangenen zwei Wochen passiert ist, dann ist sogar Aufregung spürbar. Der gebürtige Medebacher ist Teil der Initiative #OutInChurch. Er gehört zu den Mitarbeitenden im Kirchen- und Schuldienst sowie der Seelsorge, die nun aussprechen, was sie lange verschwiegen haben: Maik Schmiedeler ist homosexuell, lebt seit zwölf Jahren mit seinem Partner zusammen. Ein katholisches Bistum könnte ihm die Lehrerlaubnis für Religion entziehen, wenn es schlecht für ihn läuft. Er verstößt gegen das kirchliche Lehramt, das diese Form von Liebe und Beziehung nicht vorsieht, sie sogar als ein Leben in Sünde betitelt. Das führt zu Druck: „Mir haben einmal Kollegen erzählt, dass unzufriedene Eltern gesagt hätten: ´Das (seine Beziehung) muss man eigentlich mal dem Bischof stecken.´“
Er gibt zu, dass ihm die Zusage zur Teilnahme an der Initiative trotzdem nicht schwerfiel. „Ich bin an einer staatlichen Schule angestellt und unterrichte noch andere Fächer.“ Sein Einsatz gilt daher vielmehr der Sache und den Kolleginnen und Kollegen beispielsweise an kirchlichen Schulen. „Niemand soll wegen der eigenen sexuellen Orientierung oder Identität Angst haben, niemand soll vom Wohlwollen eines Vorgesetzen abhängig sein“, sagt der 34-Jährige. Und er hat noch einen viel größeren Wunsch: „Ich wünsche mir, dass die Kirche ihre Vielfalt nicht als Bedrohung, sondern als Chance begreift. Und als Realität.“
»Keiner von uns ist ausgetreten. Wir wollen der Kirche nichts Böses. Wir sind Teil dieser Kirche. Wir leben unseren Glauben und wollen diesen weitergeben.«
Damit meint Maik Schmiedeler die vielen hauptberuflichen, aber auch ehrenamtlichen Mitarbeitenden, die katholisch und queer sind, also nicht der heterosexuellen Norm entsprechen, und sich trotz allem weiter in der Kirche engagieren. „Keiner von uns ist ausgetreten. Wir wollen der Kirche nichts Böses. Wir sind Teil dieser Kirche. Wir leben unseren Glauben und wollen diesen weitergeben“, erklärt er. Dabei macht er deutlich, dass die Kirche für ihn eben nicht einfach nur ein Verein sei, aus dem man austrete. Diesen Schritt wäre er bei einem normalen Verein schon längst gegangen, würde sich dieser so diskriminierend verhalten wie die Kirche. Aber es geht ihm hier eben um mehr, um den Ort, an dem er seinen Glauben leben kann. „Ich erlebe ein positives Bild von Kirche. Menschen, die mich willkommen heißen. Diese Kirche vor Ort ist anders als die Amtskirche mit ihrer Verwaltung.“ Seine Hoffnung: „Nach Familie und Freunden war das jetzt das dritte Outing. Damit hat es sich hoffentlich erledigt.“ Mit Blick auf die Ziele der Initiative #OutInChurch sagt er: „Ich hoffe, die Verantwortlichen schaffen es, unsere katholischen Werte und Normen in die Neuzeit zu übersetzen. Als Kirchen haben wir ein großes Potential für die Menschen.“
Maik Schmiedeler kann verstehen, dass Menschen in der Kirche verunsichert sind, weil nun an Dingen gerüttelt wird, die lange galten. „Aber kein Mensch hat das Recht auf Ignoranz oder Egoismus. Wir wollen eine ganz normale Gleichbehandlung. Wir wollen eine Kirche, die Einheit in Vielfalt lebt.“
Und was sagt das Erzbistum Paderborn dazu?
Wie das kirchliche Arbeitsrecht so ist auch die Ordnung für Missio canonica (kirchliche Lehrerlaubnis) seit längerer Zeit in Überarbeitung. Vielleicht noch in diesem Jahr liegt sie der entsprechenden Kommission der Deutschen Bischofskonferenz zur Beratung vor. Es soll zukünftig im Bereich der „Loyalität“ weniger um die Lebensform, sondern vielmehr um die Loyalität zu Zielen und Inhalten des Religionsunterrichtes gehen. Bis zum Beschluss einer neuen Ordnung durch die Deutsche Bischofskonferenz werden die momentan geltenden Kriterien hier im Erzbistum Paderborn ausgesetzt.
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