02.01.2023

Was bleibt von Papst Benedikt XVI.?

Ein Blick zurück auf „unseren“ deutschen Papst

von Dirk Lankowski

Was bleibt von Papst Benedikt XVI.? Diese Frage beschäftigt gerade Medien und Theologen. Ich selbst blicke noch etwas ungläubig auf die vergangenen Tage zurück, denn dass es „unseren“ Papst im Ruhestand im Vatikan noch gab, hatte ich zuletzt aus den Augen verloren. Und mit seinem Tod am Silvestertag konnte ja niemand rechnen, auch wenn sich zuletzt auch „unsere“ Queen verabschiedet hat. Das mag daran liegen, dass es einen amtierenden Papst Franziskus gibt, der omnipräsent ist, wenn er sich zu den Krisen in der Welt äußert. Und innerkirchlich haben wir gerade andere Themen als einen Ruhestands-Papst. Nun ist er gestorben, im wahrlich gesegneten Alter von 95 Jahren. Der Herr schenke ihm die ewige Ruhe und das ewige Licht leuchte ihm. 

Zwischen "Wir sind Papst" und Sommermärchen

Ich war 17 Jahre alt, als Joseph Ratzinger zum Papst gewählt wurde. Wir Messdiener- und Pfadfinderleiter waren gerade dabei, in unserer Gemeinde die Tage der Begegnung des Weltjugendtages 2005 in Deutschland vorzubereiten. Und wir hatten die Hoffnung, dass ein neuer Papst nach Köln kommen könnte. Und dann wurde es ein deutscher Papst. Ich war begeistert, ohne wirklich zu wissen, wofür dieser Papst stehen könnte. Es hatte etwas von einem Sommermärchen. Ich war ganz sicher nicht Teil der späteren „Generation Benedikt“, aber die Schlagzeilen entsprachen auch meinem Gefühl. Als Nachwuchsjournalist wagte ich gerade meine ersten Gehversuche und die Schlagzeilen waren später sogar prämierte Titel: „Wir sind Papst“ titelte die Bild und die Bravo legte ein Poster mit einem Papst vor blauen Himmel und dem Schriftzug „Bravo Bene“ bei.

Die Weltjugendtage kannte ich noch nicht. Mir ging es da so wie vielen Deutschen, denen diese großen Glaubensevents noch fremd waren. Während des Weltjugendtages konnte ich gar nicht erfassen, was da erst im Sauerland, später in Neuss, Bonn und natürlich Köln passierte. Unser Ausgangspunkt war schließlich eine Eissporthalle in Solingen, in der wir übernachteten. Und dann kamen die Eröffnungsfeiern in Fußballstadien, das Begrüßungsfest am Rhein und die Nacht auf dem Marienfeld. Mein Eindruck: Wenn Benedikt XVI. auftauchte, wurde Andacht zum Glaubens-Happening. Niemand war mehr zu halten. Was bleibt von Papst Benedikt XVI.? Sicher mehr als diese Bilder.

Papst Benedikt XVI. beim Weltjugendtag in Köln.

»Das Christentum ist eine positive Option, keine Sammlung von Verboten.«

Papst Benedikt XVI.
Oberhaupt der Katholischen Kirche von 2005 bis 2013

Auf die Frage antwortet mir ein guter Freund, dass es ohne die Würdigung seines theologischen Vermächtnisses nicht geht. Ein anderer meint, dass der verstorbene Papst em. schwer belastet ist durch das Missbrauchs-Gutachten aus München. Und er galt auch schon vor seiner Wahl als „Panzerkardinal“, der über die Kirche wachte. Gibt es denn nur diese Hochs und Tiefs?

Mich sprechen die Zwischentöne und bestärkenden Botschaften an, die mich persönlich in meinem Glaubensleben und Engagement in der Kirche in den letzten Jahren getragen haben. Das Gute in der Kirche wahrzunehmen, ohne die Notwendigkeit zur Veränderung auszublenden. Das Verbindende in der Ökumene zu stärken, ohne den Schmerz der Trennung zu vergessen. Einen dieser Zwischentöne hat Benedikt XVI. einmal treffend formuliert: „Das Christentum ist eine positive Option, keine Sammlung von Verboten.“ Vielleicht ist es das, was uns bei YOUPAX motiviert. Wir schauen auf Gottes klares „Ja“ – zu mir und dir – und zeigen, dass es kein Entweder-Oder bedeutet, einen spannenden Alltag zu erleben und gläubig zu sein. Deshalb sagen wir: „YES, YOUTH CAN! - MIT DIR WIRD´S EIN WIR.“

Während der Weltjugendtage - hier in Australien - motivierte Papst Benedikt XVI. die jungen Menschen, an einer besseren Welt mitzuwirken.

Papst Benedikt XVI. hat drei Weltjugendtage besucht: Köln, Sydney und Madrid. Er hat jungen Menschen vertraut. Er hat ihnen Optionen aufgezeigt. Für das Gute geworben. Und sie in die Pflicht genommen und zu einer Erneuerung von Gesellschaft und Kirche aufgerufen. Dahinter kann in Kirche und Gesellschaft niemand mehr zurück. Die Jugendlichen von damals sind heute junge Erwachsene, haben ihre Ausbildung oder das Studium beendet, arbeiten und leiten, sind Eltern, engagieren sich und wollen die Welt verändern. Ihnen ist es nicht gleichgültig, was in dieser Welt passiert.

Was bleibt von Papst Benedikt XVI.? Dass er uns ernst genommen hat:

„Ich weiß, dass Ihr als junge Menschen das Große wollt, dass Ihr Euch einsetzen wollt für eine bessere Welt. Zeigt es den Menschen, zeigt es der Welt, die gerade auf dieses Zeugnis der Jünger Jesu Christi wartet und zuallererst durch das Zeichen Eurer Liebe den Stern entdecken kann, dem wir folgen. Gehen wir vorwärts mit Christus und leben wir unser Leben als wirkliche Anbeter Gottes.“
(Papst Benedikt XVI. während des Weltjugendtags auf dem Marienfeld, Sonntag, 21. August 2005)

„Gestärkt durch den Geist und gestützt auf die Weitsicht des Glaubens, ist eine neue Generation von Christen dazu berufen, zum Aufbau einer Welt beizutragen, in der das Leben angenommen, geachtet und geliebt und nicht abgelehnt, wie eine Bedrohung gefürchtet und zerstört wird. Eine neue Zeit, in der die Liebe nicht gierig und selbstsüchtig, sondern rein, treu und wahrhaft frei, offen für andere und voll Achtung für ihre Würde ist, ihr Wohl sucht und Freude und Schönheit ausstrahlt. Eine neue Zeit, in der die Hoffnung uns von der Oberflächlichkeit, der Lustlosigkeit und der Ichbezogenheit befreit, die unsere Seele absterben lassen und das Netz der menschlichen Beziehungen vergiften. Liebe junge Freunde, der Herr bittet Euch, Propheten dieser neuen Zeit zu sein, Boten seiner Liebe, die die Menschen zum Vater hinziehen und eine Zukunft der Hoffnung für die ganze Menschheit aufbauen.“
(Papst Benedikt XVI. während des Weltjugendtags auf der Pferderennbahn Randwick, Sonntag, 20. Juli 2008)

„Liebe junge Freunde, erlaubt mir, euch als Nachfolger des Petrus dazu aufzufordern, diesen Glauben, der seit den Aposteln an uns weitergegeben worden ist, zu festigen und Christus, den Sohn Gottes, in das Zentrum eures Lebens zu stellen. […] Es ist nicht möglich, Christus zu begegnen und ihn nicht den anderen bekannt zu machen. Bewahrt also Christus nicht für euch selbst! Teilt eure Glaubensfreude den anderen mit! Die Welt braucht das Zeugnis eures Glaubens, sie hat Gott gewiss nötig. Ich meine, dass eure Anwesenheit hier – junge Menschen aus den fünf Kontinenten – ein wunderbarer Beweis für die Fruchtbarkeit des Auftrags Christi an die Kirche ist: ‚Geht hinaus in die ganze Welt, und verkündet das Evangelium allen Geschöpfen!‘ (Mk 16,15).“
(Papst Benedikt XVI. während des Weltjugendtags auf dem Flugplatz Cuatro Vientos, Sonntag, 21. August 2011)

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