Jan Hilkenbach vor dem Leokonvikt in Paderborn, wo der BDKJ sitzt.
Jan Hilkenbach vor dem Leokonvikt in Paderborn, wo der BDKJ sitzt.
14.08.2018
Politik

Politisch, ohne sich so zu nennen

BDKJ-Diözesanvorsitzender Jan Hilkenbach verteidigt den Ruf der jungen Generation

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von Tobias Schulte

Wenn Jan Hilkenbach auf Abgeordnete des Bundes- und Landtags trifft, dann führt er „keine Kaffeekränzchen-Gespräche“, wie er sagt. Als Vorsitzender des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) im Erzbistum Paderborn diskutiert der 27-Jährige regelmäßig mit Politikern. Zu aktuellen Themen vermitteln seine Vorstandskollegen und er die Sichtweise der katholischen Jugendverbände – und verteidigen die junge Generation vor dem Vorwurf, unpolitisch zu sein.

»Das Leben von Jesus ist so inspirierend und mit so einer Konsequenz. Da verstehe ich die Bibel als Aufforderung an mich, politisch zu denken und mich in die Gesellschaft einzubringen.«

Jan Hilkenbach
Hauptamtlicher BDKJ-Diözesanvorsitzender

Jan Hilkenbach

Vier schwarze Bürostühle sind um einen Tisch mit Metallbeinen verteilt. Auf der weißen Tischplatte stehen eine Thermoskanne, Kaffeetassen, Kekse, Wasser und Apfelschorle. Jan Hilkenbach, Pastor Markus Wippermann (BDKJ-Diözesanseelsorger) und Anna Lena Schröder (Mitarbeiterin für einmischende Jugendpolitik) treffen in Gütersloh die Bundestagsabgeordneten Ralph Brinkhaus (CDU) und Elvan Korkmaz (SPD). Es sind Gespräche, die zur bundesweiten Reihe „U28 – Die Zukunft lacht“ gehören.

Jan Hilkenbach trägt ein hellblaues Hemd mit Jeans und Sneakern. Angespannt ist er nicht. „Wir bereiten uns gut auf die Gespräche vor und stehen hinter unseren Positionen“, sagt er. Gerade ein aktuelles Thema: ein mögliches soziales Pflichtjahr nach dem Abitur. Jans Position: „Als BDKJ setzen wir da auf eines der Grundprinzipien von Verbandsarbeit: Freiwilligkeit.“

Neben diesen Gesprächen ermutigt der BDKJ die Jugendverbände zu direkten Treffen und Aktionen mit politischen Akteuren. "Denn Kinder und Jugendliche können für sich selbst sprechen“, erläutert der BDKJ-Vorsitzende.

Jan Hilkenbach (links) und Pastor Markus Wippermann (Mitte) im Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Ralph Brinkhaus (CDU).
Jan Hilkenbach (links) und Pastor Markus Wippermann (Mitte) im Gespräch mit dem Bundestagsabgeordneten Ralph Brinkhaus (CDU).

Vorwurf: Die junge Generation ist unpolitisch, sie setzt sich für nichts ein

Jan Hilkenbach ist, so scheint es, an Politikern und politischen Themen viel näher dran als die meisten jungen Menschen. Der BDKJ-Vorsitzende bezeichnet seine Generation aber auf jeden Fall als politisch. Man solle ihm erstmal jemanden zeigen, der nicht politisch sei. Das scheinen längst nicht alle so zu sehen. Die Wochenzeitung „Christ und Welt“, die der ZEIT beiliegt, widmete dem Thema vor Kurzem eine Geschichte. Autor August Modersohn (24) schrieb einen Brief an seine Eltern. Von deren Generation höre er wiederholt den Vorwurf: Die Jugend von heute bringt es einfach nicht mehr. Sie kämpft für nichts. Obwohl es gerade auf sie ankommt.

Das konnte der 24-jährige Autor nicht auf sich sitzen lassen – ähnlich geht es  Jan Hilkenbach. Doch während Modersohn den Vorwurf umdreht und auf die Generation seiner Eltern zurückschießt, findet Hilkenbach den Vergleich zwischen den Generationen sinnlos. „Vorwürfe helfen nicht weiter. Jede Generation ist auf ihre Weise politisch“, kommentiert der BDKJ-Vorsitzende.

Dabei sei die Frage erlaubt: Was bedeutet es überhaupt, politisch zu sein? Für Jan Hilkenbach ist das viel mehr, als zur Wahl gehen oder Mitglied in einer Partei zu sein:

»Politisch sein fängt im Kleinen an. Sobald ich mit Personen in einen Dialog trete und für meine Ideen des Zusammenlebens werbe, habe ich eine politische Haltung.«

Jan Hilkenbach
Hauptamtlicher BDKJ-Diözesanvorsitzender

Jan Hilkenbach (von links), Elvan Korkmaz, Anna Lena Schröder und Pastor Markus Wippermann.
Jan Hilkenbach (von links), Elvan Korkmaz, Anna Lena Schröder und Pastor Markus Wippermann.
Jan Hilkenbach zeigt die Brille der unter 28-Jährigen.
Jan Hilkenbach zeigt die Brille der unter 28-Jährigen.

Da sich unsere Gesellschaft allgemein ausdifferenziert habe, sei es auch sehr unterschiedlich geworden, wie sich Menschen politisch einsetzten. "Politische Partizipation ist genauso vielfältig wie die Menschen." Politisch ist, wer zu Demonstrationen geht, wer Petitionen unterschreibt, wer etwas auf Facebook teilt, bei einem Flashmob mitmacht oder einfach sein Gesicht für etwas gesellschaftlich Relevantes zeigt.

„Für viele junge Menschen ist ihr Einsatz selbstverständlich – sie würden ihn aber nicht als politisch beschreiben“, sagt Hilkenbach. Es sei wichtig, das Politische im eigenen Handeln auch als solches wahrzunehmen. Zu erkennen, dass man eine Haltung hat, sich für etwas einsetzt und nicht Spielball der anderen ist.

Jan Hilkenbach in seinem Büro in Paderborn.

Kinder als mündige Bürger
Ein besonderes Anliegen ist es für Jan Hilkenbach, dass Kinder und Jugendliche in unserer Gesellschaft als vollwertig mündig angesehen werden. Kinder sollten nicht von Eltern oder anderen Erwachsenenfremdbestimmt werden, sondern mitentscheiden. "Das heißt nicht, dass alles  nach der Pfeife der Kinder tanzt. Aber wir müssen ihnen Vertrauen schenken, anstatt zehnmal hinterherzuschauen."

Christ sein heißt politisch sein

Um politisch zu sein, muss man sich nach dem Verständnis von Jan Hilkenbach also nicht unbedingt in einer Partei engagieren. Er hat es trotzdem gemacht. Schon als Jugendlicher war er in seiner Heimatstadt Brilon in der Kommunalpolitik aktiv. Er setzte sich für Spielgeräte in der Innenstadt und Zebrastreifen vor Schulen ein.

Neben der Kommunalpolitik war die Kirche mit ihren Gruppen und Verbänden die zweite prägende Kraft in Jan Hilkenbachs Jugend. Erst war er in der Jugenarbeit der Marianischen Sodalität Brilon, später auf Diözesanebene in der Katholischen jungen Gemeinde (KjG) aktiv.

Seit Anfang 2018 ist er hauptamtlicher Vorsitzender des BDKJ. Er setzt sich in dem Amt – natürlich höchst politisch – für Kinder und Jugendliche ein. Besonders aus seinem Glauben heraus: „Das Leben von Jesus mit all seinen Facetten ist so inspirierend und mit so einer Konsequenz. Da verstehe ich die Bibel als Aufforderung an mich, politisch zu denken und mich in die Gesellschaft einzubringen.“

Was er verbessern möchte, davon hat Jan Hilkenbach eine klare Vorstellung. „Absurd“ sei es, dass Freiwilligendienstler ihr ÖPNV-Ticket selbst zahlen müssten. Massiv müsse in Bildung investiert werden, „wenn man sieht, wie viele marode Schulen wir haben.“ Und in einer immer älter werdenden Gesellschaft sei es wichtig, dass junge Menschen früher zur Wahl gingen als bisher: „Ich glaube nicht, dass die 40- und 50-Jährigen mehr Kompetenzen haben als 16-Jährige.“

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