Niklas Zimmer auf dem Weihnachtsmarkt in Paderborn
01.12.2018
Heimat

"Meine Arbeit mit Kindern erfüllt mich menschlich."

Porträt über Niklas Zimmer aus Rösenbeck

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von Till Kupitz

Aufmachen - und ankommen. Weihnachten ist das Fest, an dem Jesus in unserem Leben angekommen ist. Und so hat sich auch YOUPAX in dieser Adventszeit aufgemacht, um vier junge Erwachsene zu treffen. Was bewegt sie? Wann mussten sie zuletzt Mut fassen oder sich aufmachen zu neuen Dingen in ihrem Leben? Den Anfang macht Niklas Zimmer aus Rösenbeck bei Brilon.

Es ist ein kalter Tag im Advent in Paderborn, knapp über null Grad. Doch es fühlt sich noch kälter an. Auf dem Weg zum Rathaus, wo ich mich mit Niklas treffe, begegnen mir viele Leute, die durch die Innenstadt schlendern. Alle dick eingepackt, eher grimmig dreinschauend. Als ich kurz vor dem Rathaus die Straße überqueren will, steht auf einmal ein junger Kerl neben mir, der mich angrinst: "Hi, ich bin Niklas", stellt er sich vor - gesucht und gefunden.

Niklas trägt eine dunkle Jeans und eine Winterjacke mit einem auffälligen orangen Streifen auf der Brust. Mütze oder Schal hat er nicht auf, seine Wangen sind vom eisigen Wind leicht gerötet. Mir geht es nicht anders, daher sind wir uns schnell einig: Ein warmes Getränk wäre nicht schlecht.

Auf dem Weihnachtsmarkt in Paderborn ist auch mittags schon einiges los.

Die Berufung gefunden

Wir gehen an hell beleuchteten Läden und mit Tannenzweigen geschmückten Verkaufsständen vorbei. Niklas erzählt mir, dass er an der Katholischen Hochschule hier in Paderborn im 5. Semester Soziale Arbeit studiert – aber die KatHo sieht er derzeit aber nur selten: Er macht seit September ein Praxissemester am Jugendhof Pallotti, einer Jugendbildungsstätte im sauerländischen Lennestadt.

Als ich ihn frage, wie es da so für ihn ist, antwortet Niklas ohne zu zögern: "Super, total cool! Ich bin schon jetzt traurig, dass ich im Januar da wieder weg bin." Auf das Studium und vor allem Hausarbeiten habe der 21-Jährige nach der täglichen Arbeit mit den Kindern gar keine Lust mehr:

»Ich habe mit dem Jugendhof Pallotti einen Ort gefunden, an dem ich mich total wohl fühle, wo ich gerne bleiben würde.«

Niklas Zimmer
macht ein Praxissemester an der Jugendbildungsstätte

Niklas’ Augen strahlen, wenn er über seine Arbeit an der Jugendbildungsstätte redet. Das tun wir beide auch, als wir nach ein paar Minuten einen Glühweinstand finden, der eine windgeschützte Ecke bietet. Ich bestelle einen Kakao, Niklas einen Apfelpunsch mit Sahne - ohne Alkohol: "Ich muss nämlich gleich noch denken", sagt Niklas verschmitzt und erzählt mir von seiner zweiten großen Aufgabe.

Seit September ist er Diözesanleiter der Katholischen junge Gemeinde (KjG) im Erzbistum Paderborn. Direkt nach dem Abitur hat er dort schon ein Freiwilliges Soziales Jahr absolviert und Spaß daran gefunden. "Dadurch bin ich sicherer geworden, dass ich Soziale Arbeit studieren möchte", erzählt Niklas rückblickend und rührt in seinem Apfelpunsch: "Genau genommen hat mir das FSJ dahingehend im positiven Sinn den letzten Rest gegeben."

YOUPAX-Autor Till Kupitz und Niklas Zimmer beim Treffen in Paderborn.
YOUPAX-Autor Till Kupitz und Niklas Zimmer beim Treffen in Paderborn.

Unter anderem betreut Niklas in diesem Ehrenamt Projekte wie "PK5!", eine Abkürzung für "Prima Klima in der 5!", wie der Sauerländer mir erklärt: "Es geht darum, dass fünfte Klassen für eine Woche zu uns ins Kloster Brunnen bei Sundern kommen und wir gemeinsam versuchen, die Klassengemeinschaft zu stärken. Die Kinder sollen einfach eine schöne Zeit zusammen erleben." So stehen auch Lagerfeuer, Nachtwanderungen oder eine kleine Party zum Abschluss auf dem Programm. Es werde viel gespielt, sagt Niklas und lacht, als er hinzufügt: "Das hält mich jung. Es lässt das Kind in mir wirklich am Leben."

Man spürt, dass es für ihn eine Art Berufung ist. Er redet leidenschaftlich und gerne über die Projekte der KjG. Für den Glauben hat er sich schon seit seiner Messdiener-Zeit engagiert, dennoch hat er eine wichtige Veränderung an sich bemerkt, erzählt Niklas nach einem Schluck aus seiner Weihnachtstasse: "Früher war das mehr eine Art Tradition für mich und deshalb habe ich gesagt 'Natürlich werde ich Messdiener' - jetzt ist das völlig anders. Gerade durch die KjG ist der Glaube zu einer inneren Überzeugung für mich geworden."

Die Stände auf dem Weihnachtsmarkt wirken anziehend.
Der Weihnachtsmarkt in Paderborn vor dem Rathaus.

Ein Jahr voller Veränderungen 

Dennoch musste Niklas erst einmal überzeugt werden, eine leitende Funktion in der KjG zu übernehmen. "Mir wurde das Amt schon vor eineinhalb Jahren angeboten, aber mein Bauchgefühl hat damals Nein gesagt", beschreibt Niklas die Situation. Zwei andere Personen, die das Amt ebenfalls nicht allein ausführen wollten, haben ihn aber in diesem Jahr überzeugt, gemeinsam die Leitung zu übernehmen: "Die Beiden haben mich menschlich irgendwie total überrumpelt und letztlich überzeugt, dass ich Anfang August zugesagt habe." Nun sind es sogar vier Leute, die gemeinsam eine schlagkräftige Diözesanleitung bilden.

Wenig Arbeit heißt das dennoch nicht für Niklas. Es gibt viele Pflichttermine am Abend, Mails müssen beantwortet werden. Dennoch gebe es "immer irgendetwas, das mich weiter in dieser Arbeit antreibt".

Seine neuen Aufgaben in der KjG, seine Zeit am Jugendhof Pallotti - zwei größere Veränderungen in diesem Jahr für Niklas, zu denen auch er sich aufmachen musste. Während an uns die Leute vorbeiziehen und Weihnachtsmusik aus den Lautsprechern dröhnt, frage ich Niklas, ob er bei diesen ganzen Veränderungen Mut braucht.

Man sieht ihm an, wie er nachdenkt und auf den Tisch starrt. Dann sagt er: "Mut brauche ich auf jeden Fall dafür, Prioritäten neu zu setzen und auch mal Zeit in Paderborn zu verbringen, die ich auch Zuhause hätte sein können - was aber nicht so sinnvoll gewesen wäre."

Niklas würden viele kleinere Sachen Mut abverlangen, beispielsweise einen alten Freund mal wieder anzusprechen: "Wenn ich dann frage, wie es ihm geht, könnte er ja genauso gut denken: 'Was will der jetzt von mir?' Auch sowas kostet manchmal Überwindung."

Vorfreude auf ein besinnliches Weihnachten 

Für seine Arbeit an der Seilbahn im Skigebiet in Willingen bleibt deshalb nur noch selten Zeit - aufgeben will er den Nebenjob aber nicht. Auch im heimischen Musikverein und Jugendorchester will er aber weiterhin aktiv sein. Deshalb ist Niklas quasi an zwei Orten heimisch: in Paderborn und Rösenbeck.

In diesem Jahr freut er sich nach den Veränderungen ganz besonders auf Weihnachten: "Da wird alles langsamer, alle Leute sind glücklich und zufrieden. Die Zeit zum Runterkommen brauche ich dann erst einmal." Auch Geburtstag hat er dann, am 1. Weihnachtstag. Dann kommen alte Freunde vorbei, die er länger nicht mehr gesehen hat. Es wird eine Zeit, um den Kopf einmal ganz durchzupusten, beschreibt Niklas die Zeit bis ins neue Jahr.

Niklas freut sich auf ein besinnliches Weihnachten in diesem Jahr.
Niklas freut sich auf ein besinnliches Weihnachten in diesem Jahr.

2019 heißt es dann: Praxissemster beenden und zurück an der Universität seine Bachelorarbeit schreiben. Dem Berufsleben blickt er dann positiv entgegen: "Ich habe durch mein Ehrenamt und das Studium jetzt schon so viel Energie und Wissen mitgenommen, dass ich mich beruhigt bei Arbeitgebern bewerben kann", erzählt er mir. Gerade seine Arbeit beim Jugendhof Pallotti habe dazu beigetragen, Lust aufs Berufsleben zu haben - seine Berufung, die nochmals deutlich wird.

"Die Arbeit mit den Kindern erfüllt mich menschlich, sodass ich sage: 'Damit muss ich nicht super reich werden'. Wenn ich in 20 Jahren schöne Geschichten erzählen kann, ist das viel mehr wert als Geld."

Niklas Zimmer
Diözesanleiter der KjG-Paderborn

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