Storytelling
07.11.2019
NEWS

Die Geschichte deines Lebens

Wie Erzählungen die eigene Mission lebendig machen

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von Christina Behrens

Geschichten erzählen unsere Großeltern, Pfadfinder am Lagerfeuer oder auch die Freunde beim heimischen Stammtisch. Wer gut Geschichten erzählen kann, dem hört man gerne zu. Die guten Geschichten bleiben dabei im Kopf und werden immer wieder erzählt. Es sind die Geschichten, die das Leben schreibt. Im Alltag, im Job und auch in der Kirche nehmen sie als unscheinbares Mittel zum Zweck die wichtigste Nebenrolle ein. Und die kann gelernt werden.

Geschichten sind vielseitig und in ihrer Form manchmal gar nicht so offensichtlich: Es gibt alte, klassische Geschichten wie in der Bibel, aber auch eher untypische, neumodische Formate wie Instagram-Storys. Es wundert daher wenig, dass gerade in beruflichen Kontexten der englische Begriff Storytelling immer öfter fällt – Geschichten erzählen ist wieder en vogue, gerade in den sozialen Medien.
Dass dieser Marketing-Hype jedoch wesentlich älter ist, weiß der Narrationsforscher Michael Müller. Er ist Professor für Medienanalyse und -konzeption an der Hochschule der Medien in Stuttgart und leitet dort das Institut für angewandte Narrationsforschung (IANA). "Es ist die Wiederentdeckung der Urfähigkeit des Menschen, die den Trend definiert", erklärt er über die erforschten Ursprünge des Phänomens. Diese sind weit älter als man zunächst annehmen mag.

Prof. Dr. Michael Müller
Prof. Dr. Michael Müller

»Wir Menschen sind verrückt nach Geschichten.«

Michael Müller
Professor für Medienanalyse und -konzeption

Unser Gehirn ist so gebaut, dass wir in Geschichten denken. Egal, ob wir über uns selber nachdenken, über Erlebnisse, die wir gemacht haben oder über andere, denen wir im Leben begegnen – viele Denkprozesse werden in narrativen Strukturen verarbeitet. Seit Mitte der 1980er Jahre wird erforscht, wie wichtig Narrationen für den Menschen sind. Nach Michael Müller ist dies die Besonderheit schlechthin, die dem Homo sapiens innewohnt. "Der Mensch ist der einzige Primat, der dazu in der Lage ist, Geschichten zu erzählen", erklärt er. "Geschichten erzählen und Geschichten rezipieren – das ist eine urmenschliche Fähigkeit, die es immer gab und immer geben wird, solange wir Menschen sind."

Geschichten erzählen von Veränderungen

Es gibt nicht die eine Geschichte, die immer aber es gibt Merkmale, die eine gute Geschichte ausmachen: ein Anfang, ein Ende, einen Protagonisten, und eine Transformation, die von der Hauptfigur durchlebt wird. Kurzum: Jede Geschichte handelt von einer Veränderung. Im Optimalfall berührt sie damit die Menschen, die ihr lauschen. Dabei sind es nicht nur die Zuhörerinnen und Zuhörer, die aufmerksam sind, sondern auch der Erzähler selbst. Denn das Zuhören ist grundlegend für die narrative Arbeit selbst. Sich auf die Suche nach den spannenden Geschichten zu machen, Menschen dazu zu ermuntern, diese zu erzählen und dann in die Zuhörerrolle zu schlüpfen, um sie selbst zu erfahren, ist Teil der Aufgabe. Storylistening nennt Michael Müller das. Es ist das Fundament für neue Geschichten, die ebenso erzählt werden wollen. Und davon gibt es noch viele.

Mit jeder erzählten Geschichte wird eine Botschaft vermittelt. Die Bilder, die beim Geschichten erzählen entstehen, prägen sich ein. Reine Fakten und logisch-sachliche Darstellungen können dabei nicht mithalten. Das Gehirn verknüpft die Informationen, die Botschaft selbst festigt sich. Gebunden an den Protagonisten, wird sie zu einer lebendigen Erfahrung. Das Wissen darum bietet die Chance, eine übergeordnete Bedeutung zu transportieren. Diese natürliche Handhabung wird ganz unbewusst im tagtäglichen Handeln benutzt und bietet – bewusst eingesetzt – die Möglichkeit, gezielt Denkprozesse anzuregen. Eine Chance, die das zwischenmenschliche Miteinander prägt. Im Sportverein, in den sozialen Medien, aber auch in der Kirche. Wer seine Botschaft anschaulich erzählen kann, vermittelt eigene Werte, Traditionen, Wissen und Kultur.

Die Bibel als Herzstück christlicher Geschichten

Mit der Bibel besitzt das Christentum wie auch andere Weltreligionen einen großen Schatz an Geschichten, der Jahrhunderte überdauert hat. Diese Geschichten gilt es, in das Jetzt zu übertragen, um sie greifbar zu machen: "Die Herausforderung besteht darin, neue authentische Geschichten von heute lebenden Menschen zu erzählen", erklärt Michael Müller und bringt damit die Herausforderungen der christlichen Glaubenskommunikation auf den Punkt. Als Herzstück dieser Geschichten dienen die Lehrstücke aus der Bibel. Diese beinhaltet die sogenannte Core-Story, um welche sich die neuen Geschichten ranken. Dadurch werden historische Geschichten neu beleuchtet und machen den Glauben in der heutigen Zeit erlebbar.

Das Erzählen von Geschichten lernen

Fachtag Storytelling

Mit der Kraft deiner Worte kannst du mehr als Kino im Kopf anderer Menschen erzeugen. Du lernst, wie du zeitgemäß Geschichten erzählen kannst.

Samstag, 30. November 2019
Wann? 9:30 - 16:30 Uhr 
Wo? kefb Dortmund
Kosten? 25 Euro

Einen Einstieg in die Thematik bietet der Fachtag Storytelling am Samstag, den 30. November bei der Katholischen Erwachsenen- und Familienbildung (kefb) Dortmund, das in Kooperation mit YOUPAX angeboten wird. Dabei wird nicht nur zugehört: Gemeinsam wird erarbeitet, wie eine Geschichte erzählt werden kann, sodass sie bei anderen Menschen ankommt. Jeder einzelne kann die angeborene Fähigkeit des Geschichtenerzählens in dem Seminar weiterentwickeln. Es gibt nicht nur Input und Handwerkszeug, sondern auch Übungen zur Umsetzung an die Hand. 

Folgende Fragen stehen im Mittelpunkt:

Was ist eine gute Geschichte und wie kann diese auf den Punkt gebracht werden?
Wo finden sich gute Geschichten?
Wo kann ich diese Geschichte einsetzen?

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