17.12.2019
Perspektive

Schock deine Freunde - studier Theologie!

Warum es sinnvoll ist, Theologie zu studieren.
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Von Miriam Pawlak
Ich gehe auf das Ende meines Magisterstudiums zu und habe das Gefühl, immer noch viel zu wenig zu wissen. Der Gedanke wird mich wahrscheinlich auch nicht mehr loslassen, weil Theologie niemals ausgeschöpft sein wird. Das liegt sicher daran, dass sie die Rede von, über und nicht zuletzt auch mit Gott ist. Gott – allein dieses Wort kann ganze Vorlesungen und Seminare füllen. Der Begriff fällt in meinem Alltag selbstverständlich. Ich bin – Gott sei Dank – nicht allein in der Auseinandersetzung mit dieser einzigartigen Geisteswissenschaft. Da jeder einen anderen Blick auf das Fach hat und ich unterschiedliche Perspektiven dazu kennenlernen möchte, habe ich vier Studis in Bochum getroffen und sie gefragt, warum sie sich ausgerechnet für das Studium der katholischen Theologie entschieden haben:
Jeremias, 18 Jahre, erstes Semester
Jeremias, 18 Jahre, erstes Semester

»Ich habe schon ein abgeschlossenes Bachelorstudium in Anglistik/Romanistik. Mich hat die Theologie als Wissenschaft aber immer schon interessiert und so habe ich in meiner Bachelorarbeit sogar schon theologische Elemente eingebracht. Zudem wurde ich stark durch meinen Freund gebrieft, der auch hier in Bochum Theologie studiert hat.«

Freya
studiert Katholische Theologie und 
Sinologie (Chinawissenschaften) im Bachelor 

»Zuhause haben wir viel über theologische Fragen diskutiert. Das fand ich immer sehr spannend. Grundsätzlich finde ich, dass in der Theologie Fragen aufgeworfen werden, die einen selbst betreffen. Mehr als in allen anderen Wissenschaften geht es um mich persönlich.«

Miriam
hat ihren Master in Katholische Theologie und Französisch 
gemacht und promoviert jetzt in der Theologie

»Mich hat der Pastor unserer Gemeinde begeistert, weil er mir theologisches Wissen mit auf den Weg gegeben hat. Zeitgleich hatte ich eine tolle Reli-Lehrerin, die thematisch echt fit war.«

Jeremias
studiert Katholische Theologie und Germanistik 
im Bachelor

»Katholisch sein gehört grundlegend zu meiner Identität dazu. Für mich war nach der Schule klar, dass Theologie auf jeden Fall mein erstes Studienfach wird. Die Begeisterung hat sich dann auch durchs Studium getragen, sodass ich mich später für den vollen Studiengang, den Magister Theologiae, entschieden habe.«

Matija
studiert Katholische Theologie im Magister

Freya, 22 Jahre, erstes Semester
Freya, 22 Jahre, erstes Semester

Theologie ist ergreifend

 Theologie geht uns Menschen unbedingt etwas an. Gerade darin sieht Miriam nicht nur die Chancen des Faches, sondern es ist eben zugleich eine Herausforderung. Sie erklärt, dass es nicht immer einfach ist, sich mit lauter Fragen zu beschäftigen. Sie sagt: »Da fehlt einem manchmal der Abstand dazu, weil es Fragen gibt, die tief in das eigene Leben greifen. Das kann auch anstrengend sein.«

Ich verstehe sie darin allzu gut. Jedoch gehört Anstrengung zu jedem guten Fach dazu. Wer sich nicht auspowern kann, dem fehlt was. Da tut die Abwechslung gut, die die Theologie zu bieten hat. Sie hat etwas Spannendes und Fesselndes an sich. Es ist ein Fach, das berührt, das skeptisch, nachdenklich – besonders aber Freude macht. Es motiviert, weil es wie jede Wissenschaft immer neue Fragen aufwirft – mit dem Unterschied, dass sie den Menschen ins Zentrum stellt. Die Frage nach Gott folgt dann automatisch, weil der Mensch, so die Grundannahme, ein Beziehungswesen ist, und Gott das direkte Gegenüber. Das Du, das den Menschen sucht. Jeder ist berufen, zu antworten, aber niemand muss. Wer diesen Ruf als Aufforderung zum Studium versteht, geht einer spezifischen Berufung nach.

Niemand soll dich wegen deiner Jugend gering schätzen. Sei vielmehr den Gläubigen ein Vorbild in deinen Worten, in deinem Lebenswandel, in der Liebe, im Glauben, in der Lauterkeit!  Lies ihnen eifrig aus der Schrift vor, ermahne und belehre sie, bis ich komme! 1 Tim 4,12-13
Niemand soll dich wegen deiner Jugend gering schätzen. Sei vielmehr den Gläubigen ein Vorbild in deinen Worten, in deinem Lebenswandel, in der Liebe, im Glauben, in der Lauterkeit!
Lies ihnen eifrig aus der Schrift vor, ermahne und belehre sie, bis ich komme!
1 Tim 4,12-13

Theologie übt Kritik

Glaube und Vernunft gehören auf jeden Fall zusammen. 
Die Theologie wird auf den Prüfstein gestellt, sie will nachvollzogen und diskutiert werden – von Menschen, die kompetent und anspruchsvoll mit ihren Quellen (vor allem der Bibel) und Traditionen umgehen, von Menschen, die bereit sind, die Lehre der Kirche zu reflektieren, sie für heute und immer wieder neu auszulegen, ohne sich von ihren Wurzeln zu lösen. Theologie ist interreligiös ausgerichtet. Sie beschäftigt sich nicht nur mit sich selbst, sondern basiert auf Dialog und Vernetzung – besonders mit der Kirche als Institution. 

Wer Theologie studiert, studiert gleichzeitig die Geschichte von Gott und Mensch. Theologie regt eine Vielfalt an Debatten an, sie sucht den Kontakt zu anderen Wissenschaften und öffnet zahlreiche Berufsfelder, die entdeckt werden wollen. 
In der Theologie lernt man die Methodenvielfalt und das notwendige analytische Instrumentarium zu beherrschen, das letztlich dazu führt, dass Theologie praktisch gelebt werden kann. Hierfür bedarf es neben historischen, philologischen, exegetischen und rechtlichen Skills auch ausgeprägte philosophische Kenntnisse. Zudem werden ethische Kriterien, pädagogisches Know-how und auch die Praxis aus der Liturgie und Pastoral geschult.

Vor dem Reden lerne! Sir 18,19
Vor dem Reden lerne!
Sir 18,19
Denn der HERR gibt Weisheit, aus seinem Mund kommen Erkenntnis und Einsicht. Spr 2,6
Denn der HERR gibt Weisheit, aus seinem Mund kommen Erkenntnis und Einsicht.
Spr 2,6

Theologie beruf(t)

Durch die Verzahnung von theoretischen Denkformen und tatkräftiger Umsetzung im Alltag lässt sich Theologie in zielorientierte Lebensentwürfe einbringen, wie Jeremias bezeugt, dessen Berufswunsch Lehrer ist:

»Ich glaube, dass ich später als Lehrer im Religionsunterricht viele Freiheiten in der Unterrichtsgestaltung haben kann. Außerdem ist es das Fach, das ich den Schülerinnen und Schülern am authentischsten vermitteln könnte.«

Die Mehrheit der Theologiestudierenden in Bochum möchte Religionslehrerin oder -lehrer werden. Sie stellen eine wichtige Gruppe für die Gesellschaft dar, weil es zu ihren Aufgaben gehört, das Christentum im Bildungskontext versprachlichen zu können – damit jedes Kind die Chance hat, ihr und sein Dasein als gottgewollt zu verstehen. Was Eltern und andere Erziehungsberechtigte nicht leisten können, wird im Auftrag der Kirche durch Menschen wie Jeremias und Freya geschenkt.

Das Studium qualifiziert aber auch noch für ganz andere Wege. Theologinnen und Theologen werden zu Fach- und Leitungskräften in zahlreichen Bereichen: Kirche, Politik, Journalismus, Ethikkommissionen sowie in kulturellen und sozialen Feldern. Außerdem ist es für manche Studierende interessant, in der Theologie weiter wissenschaftlich zu arbeiten.

Matija ist davon überzeugt, dass er in der Theologie seinen Sitz im Leben gefunden hat: 
»Für mich ist klar, nach dem Studium nicht mit der Theologie aufzuhören, sondern in Form einer Promotion damit weiterzumachen. Ich möchte mich mit einem bestimmten Thema auseinandersetzen und dieses über mehrere Jahre bearbeiten.« 

Die große Chance sieht er für sich persönlich darin, durch das wissenschaftliche Arbeiten den Glauben voranzubringen, diesen aber dadurch auch nicht zu verlieren.
Freya unterstreicht diesen Zusammenhang und sagt:
»Die spirituelle Ebene ist mir genauso wichtig wie das kritische Hinterfragen des Glaubens.«

Damit betont sie die Bedeutung der Theologie in der Welt von heute. Theologie ist eben auch deshalb wichtig, weil sie erstens gerade die Fragen lebendig hält, die sich unsere Gesellschaft kaum noch stellt. Miriam verweist dabei auf die Dringlichkeit und Aktualität der theologischen Debatten:  
»Solange es die Kirche gibt, solange es Gläubige gibt, ist es wichtig, diese Fragen auch wissenschaftlich zu betrachten.«

Zweitens ist Theologie auch dafür zuständig, Vorurteile abzubauen. Sie muss klarstellen, was Kirche ist, wofür sie steht und wofür nicht – gerade, wenn viele Menschen einfach nicht wissen, was Christinnen und Christen wirklich glauben.

Theologie ist wertvoll

Ich habe für mich schnell gemerkt, dass das Theologiestudium nicht nur persönlichen Mehrwert mit sich bringt. Es bereichert das gesellschaftliche Miteinander, bespielt den politischen Diskurs und balanciert die Beziehung von Staat und Kirche immer wieder neu aus. 
Als Starter-Paket-Theologie kann ich nur empfehlen: Nicht mutlos werden. Es braucht vor allem Geduld, Ausdauer, ein gutes Maß an Selbstdisziplin, Freude, Spontanität und Neugier. Alles andere ergibt sich mit der Zeit von selbst. Es ist wichtig, sich Freiräume für Inspiration zu schaffen, damit das Studium mit ganzem Einsatz (Körper und Geist) gelingt. 

Theologie ist eben etwas Besonderes. Sie ist es wert, aufrichtig angegangen zu werden. Sie ist es wert, weil wir es wert sind.

Ist dein Interesse geweckt?

Nützliche Informationen zur katholischen Theologie, zu Studieneinrichtungen in ganz Deutschland, und Veranstaltungen findest du hier.

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