Wenn Deutscher Literaturgesang und Gregorianischer Choral auf Rock und Metal treffen
11.06.2014

Wenn Deutscher Literaturgesang und Gregorianischer Choral auf Rock und Metal treffen

Jonas Möller und Christoph Bruch werden Kirchenmusiker

„Es lohnt sich auf jeden Fall, die Ausbildung ist so reichhaltig, das bietet keine Musikschule“, sagt Jonas Möller (18) aus Müsen im Siegerland, der genau wie Kurskollege Christoph Bruch (18) aus Attendorn die Doppelbelastung gern auf sich genommen hat. Denn beide stehen auch gerade in den Abiturprüfungen und machen so nebenher den sogenannten C-Kurs, um sich zum ehrenamtlichen oder nebenberuflichen Kirchenmusiker ausbilden zu lassen. Im Auftrag des Erzbistums Paderborn bieten die Kirchenmusiker Helga Lange und Dieter Moers für die Dekanate Siegerland und Südsauerland die Ausbildung zum Organisten und Chorleiter an. Die Ausbildung endet nach zwei Jahren mit praktischen und theoretischen Prüfungen in allen Unterrichtsfächern sowie im Fach Klavier.

Und sie freuen sich über die beiden jungen Nachwuchsmusiker in ihrem Kurs. „Es ist eine anspruchsvolle und zeitaufwendige Ausbildung, daher ist das Engagement der jungen Abiturienten umso mehr zu würdigen“, so Dekanatskirchenmusiker Dieter Moers. Zu den Fächern gehören: Orgelliteraturspiel, Liturgisches Orgelspiel, Chorleitung, Singen und Sprechen, Deutscher Literaturgesang, Gregorianischer Choral, Liturgik, Tonsatz, Gehörbildung, Partiturspiel, Musikgeschichte und Orgelkunde.

„Mein Ziel ist es schon, mal selbst in Gottesdiensten Orgel zu spielen“, blickt Christoph Bruch in die Zukunft. Cello und Akkordeon hat er bis dato gespielt und dann in Attendorn einen Orgel-Schnupperkurs belegt, der ihm die Motivation zum C-Kurs gebracht hat. „Als Kirchgänger war es schon immer ein Reiz für mich, mal die Orgel spielen zu wollen“, so Jonas Möller, der im C-Kurs „nur“ die Teilausbildung „Orgel“ absolviert und über das Klavierspiel zur Musik kam. Beide Abiturienten stimmen harmonisch ein, wenn es um die Antwort auf die Frage „Was ist das Schwierige am Orgel-Spiel?“ geht: „Das Zusammenspiel zwischen Händen und Füßen. So ein Fußpedal haben die wenigsten Instrumente.“

Begeisterung für Orgelmusik und ein so traditionelles Instrument – für junge Menschen eher ungewöhnlich? Jonas Möller glaube an ein Stück Vererbung: „Schon mein Großvater hat Orgel in der Kirche gespielt.“ Aber beide sind von den Möglichkeiten begeistert, was aus einer Orgel an Klang herauszuholen ist. Nicht Gitarre, nicht Schlagzeug oder gar Synthesizer haben ihren musikalischen Weg begleitet, sondern die Faszination für das königliche Instrument.

Und welche Musik klingt bei ihnen so ganz privat aus dem Smartphone? Rock, Pop, Hip Hop, sogar zeitweise Metal. „Da sind wir sehr vielseitig interessiert“, sind die beiden Abiturienten offen. „Ich kann Euch gern auch mal meine CD-Sammlung mit klassischen Orgelwerken leihen“, bietet Dekanatsmusikerin Helga Lange mit einem Augenzwinkern an. Das „Ja“ kam eher zögerlich - ritardando - rüber, im Gegensatz zu den Antworten zuvor bei der ersten Prüfung dieses C-Kurses: Orgelbau.

In Paderborn wurden die Prüflinge nach Ostern in zentralen Werkwochen auf diese Thematik vorbereitet. Dazu gehört auch der Besuch des Orgelmuseums in Borgentreich. Dessen Leiter, Jörg Krämer (zugleich Dekanatskirchenmusiker und Orgelbeauftragter des Erzbistums), war nach Olpe gekommen, um gemeinsam mit Dieters Moers und Helga Lange die Prüfung abzunehmen. „Der Museumsbesuch und der intensive Workshop wecken meist ein neues Verständnis für das Instrument“, so Dieter Moers.

„Wir prüfen drei Teilbereiche: Klangaufbau der Orgel, Technik der Orgel und geschichtliche Aspekte“, erklärt Jörg Krämer, der mit den motivierten, emsigen und gut vorbereiteten Schülern in Olpe überhaupt keine Probleme hatte. „Alle bekommen Noten im Bereich sehr gut“, war Krämer sehr zufrieden, der mit einer sehr fairen Prüfung und seiner sachlichen Art den Prüflingen schnell die Aufregung nahm.

Labialpfeifen oder Lingualpfeifen – für die technikbegeisterten Abiturienten überhaupt kein Problem die Unterschiede und Funktionsweisen zu erklären. Musikalische Bewegungen, Historien des Orgelbaus oder Fachbegriffe wie Register oder Traktur – für die Nachwuchsmusiker sicher im Wissensrepertoire. Nach dieser Zwischenprüfung ging es gleich weiter im Unterricht: Tonsätze und Gregorianik. „Ihr habt gute Fortschritte beim Gesang gemacht“, freute sich Helga Lange. Die dritte im Bunde des aktuellen C-Kurses in Südwestfalen ist Karola Suermann. „Ein himmlischer Klang und man hört ganze Orchester zwischen den Pfeifen“, sprüht die 64-Jährige vor Begeisterung, wenn sie ihre musikalische Beziehung zur Orgel erklären soll.

Kirchenmusikerin Helga Lange mit den Prüflingen beim Tonsatzunterricht, Gesang und Gregorianik.
Bestandene Zwischenprüfung im Bereich „Orgelkunde“: Jonas Möller, Karola Suermann, Christoph Bruch (vorne) mit ihren Prüfern Jörg Krämer, Helga Lange und Dieter Moers.

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