Wie du durch das Gefühl der Gottesferne auch wachsen kannst
In meiner spirituellen Entwicklung hat mich das irritiert: Mal fühlte ich mich Gott nah, mal fern, mal spürte ich ihn auch gar nicht. War ich weniger gut in meinem Glauben, wenn mir Gott fern war? Müsste ich nicht immer ein starkes, erhabenes Gefühl haben, weil er doch immer in meiner Nähe sein sollte?
Das ist ein zentrales Spannungsverhältnis: Auf der einen Seite ist Gott nicht von dieser Welt und deutlich größer als wir. Gott lässt sich also nicht einfach rufen und er kommt. Auf der anderen Seite steht die liebende Zusage Gottes in Gestalt von Jesus Christus, der uns errettet hat.
Sogar Heilige liebte mit diesen Spannungen und dem Gefühl der Gottesferne. Darunter sind insbesondere Theresa von Avila, Therese von Lisieux und Mutter Teresa. Sie hatten unterschiedliche Ansätze, damit umzugehen, doch eines hatten sie gemeinsam: Sie überstanden diese dunklen Phasen. Sie glaubten weiterhin an Gott und vollendeten ihr Leben als Heilige. Heilige, die uns damit durchaus als Vorbilder dienen können.
Gerade für einen aufgeklärten Glauben ist die Erfahrung der Gottesferne wichtig. Fernab von Emotionen benötigt es auch rationale Gründe, an Gott zu glauben. Außerdem ist die Freiwilligkeit im Glauben ein zentraler Aspekt. Es ist also durchaus nicht immer schlimm, Gott auch mal nicht zu spüren. Im Gegenteil, es kann den Glauben sogar vertiefen.
Dennoch können wir aber eben auf Gottes Zusage und Anwesenheit vertrauen und hoffen. Es ist ja auch nicht so, dass wir nie Gottes Nähe spüren können. Es gibt vielfältige Möglichkeiten dazu: Sei es tatsächlich in intensiven Momenten wie Erscheinungen, in Gottesdiensten oder eben auch in den leisen, stillen und kleinen Momenten des Lebens: Gott ist da und macht sich erfahrbar. Und wer weiß: Vielleicht erkennt man in der Rückschau auf Momente der gefühlten Gottesferne, dass Gott einem dann am Nächsten war.