06.06.2024
Erzbischof Bentz im Gespräch mit Studierenden der KHG Paderborn
MITEINANDER

Wie gut mit Kritik umgehen?

Studierende der KHG Paderborn fragen Erzbischof Bentz, wie er reagiert, wenn Kritik auf ihn zurollt

von Tobias Schulte

Sand oder Fels? Nein, jetzt kommt nicht das Gleichnis vom klugen Mann, der sein Haus auf Fels und nicht auf Sand baut. Jetzt geht’s darum, wie ich damit umgehen kann, wenn eine Welle der Kritik anrollt. An mir persönlich, an meiner Arbeit, am Thema Religion und Kirche. Reagiere ich dann wie ein Sandstrand, bei dem die Welle bricht und ausläuft? Oder wie ein Fels, bei dem die Welle knallhart aufprallt?

Dieses Bild hat Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz vor einigen Jahren von seinem Geistlichen Begleiter gelernt. Jetzt gibt er es weiter, an diesem Mittwochabend in der Katholischen Hochschulgemeinde (KHG) in Paderborn. 15 Studierende sind gekommen, um mit ihm um über das Thema „Umgang mit Kirchenkritik“ zu reden.

„Da ging der ganze Film wieder los“

Einmal sei er als Paderborner Erzbischof schon wegen Kritik laut geworden, erzählt Bentz, der sich selbst als sensiblen Menschen beschreibt und für seine freundliche und offene Art geschätzt wird.

Er ist gerade auf Tour, um die 19 Dekanate des Erzbistums kennenzulernen. Für jedes Dekanat nimmt er sich einen Tag Zeit. 

Bei einem Besuch steht am Abend eine Fragerunde mit Ehrenamtlichen an. Da wirft ein Ehrenamtlicher Bentz vor, dass in Paderborn Missbrauch vertuscht werde. Dass „die Bischöfe“ die Studie zur Aufarbeitung des Missbrauchs im Erzbistum Paderborn aktiv verhindern würden.

»Durch massive Kritik lerne ich mich selbst auch immer mehr kennen. Indem ich mich frage: Warum triggert mich das? Was verletzt mich daran?«

Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz

„Da habe ich ihn energisch zurückgewiesen“, erzählt Bentz. „Ich habe gesagt, dass er lügt, dass ich zwei Tage vorher mit Frau Priesching, die die unabhängige Aufarbeitungsstudie leitet, gesprochen habe und sie mich informiert hat, dass sich die Studie aufgrund des Volumens verzögert.“

Er erzählt, dass ihn der Vorwurf des Ehrenamtlichen so getroffen habe, weil er in seiner Zeit als Generalvikar von Mainz schon erlebt hat, dass er für den Umgang mit sexuellem Missbrauch kritisiert wurde und Stellung beziehen musste – zu Fällen, lange bevor er selbst Verantwortung getragen hat. „Als jetzt die Kritik des Ehrenamtlichen kam, ging in meinem Kopf der ganze Film aus Mainz wieder los“, sagt Bentz.

Erzbischof Dr. Udo Markus Bentz im Gespräch mit Studierenden der KHG Paderborn über das Thema Umgang mit Kritik.

Bin ich gemeint? Oder meine Funktion?

Situationen, die die Studierenden der KHG auch kennen. Egal ob Partys oder in der Familie – immer wieder werden sie mit Kritik an der Kirche konfrontiert. Werden gefragt: Warum dürfen nur Männer Priester werden? Warum dürfen die nicht heiraten? Wie kann es sein, dass die Kirche so viel Prunk und Reichtum hat, wo es doch so viel Armut gibt? „Da fühlt man sich manchmal hilflos“, sagt Studentin Mara.

Deshalb fragt Student Christoph, der Religion auf Lehramt studiert: „Wie geht man damit um, wenn ich mich als Religionslehrer mit der Kirche identifiziere, Teil der Kirche bin und dadurch auch verletzlich für die Kritik bin?“

Erzbischof Bentz sagt: „Wenn die Kritik auf mich zurollt, hilft es mir klarzumachen: Geht das gegen mich als Person oder hat das mit meiner Rolle und Funktion zu tun?“ Er gibt zu, dass das manchmal gar nicht so leicht sei. „Das muss man auch aushalten. Ich hatte auch schon schlaflose Nächte“, sagt Bentz. Und: „Da hilft es, sich Hilfe und Begleitung zu suchen, um die Situation zu reflektieren. Durch massive Kritik lerne ich mich selbst auch immer mehr kennen. Indem ich mich frage: Warum triggert mich das? Was verletzt mich daran? Jede Kritik ist die Chance, mich und was mich ausmacht kennenzulernen."

Zurück zu der Situation bei der Dekanatstour. Hat er in der Situation also wie ein Fels reagiert? Ja und nein. Ja, weil die Welle schon lautstark abgeprallt ist und Wasser aufgewirbelt hat. Nein, weil Bentz nach der Runde auf den Ehrenamtlichen zugeht, ihm erzählt, was ihn an dem Thema so triggert – und auch der Ehrenamtliche verrät, was ihn dabei so beschäftigt und verletzt.

„Ich kann besser mit Kritik leben, wenn ich weiß, warum mein Gegenüber auch damit ringt“, sagt Bentz. Deshalb sein Tipp: gut zuhören und Nachfragen stellen. Damit die Welle ausschwappt statt krachend zu zerschellen.

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