Wiener Schmäh vom Feinsten
07.03.2017

Wiener Schmäh vom Feinsten

Kinotipp: „Wilde Maus“

Von Caroline von Eichhorn

Josef Hader als gefeuerter Musikkritiker auf Rachetrip und Pia Hierzegger als neurotische Psychologin persiflieren in der Komödie „Wilde Maus“ gekonnt bourgeoises Jammern auf hohem Niveau.

„Ist das ein Witz?“ fragt Georg. „Leider nein“, entgegnet sein Vorgesetzter. „Wenn ich Sie weiterbeschäftige müsste ich drei Jungredakteure entlassen. Familienväter, alleinerziehende Mütter.“

So schnell ist der Job von Musikkritiker Georg bei der Wiener Zeitung weg. Er schaut noch bei der Sekretärin vorbei, erzählt ihr, er würde sich jetzt auf seine Buchkarriere konzentrieren, und wandert raus in den Regen. „Oarschlooooach“, schreit Georg, gespielt von Josef Hader, im Wiener Dialekt so laut er kann, sobald er in seinem Auto sitzt.

So beginnt „Wilde Maus“, der erste Film bei dem der österreichische Kabarettist Josef Hader sowohl Drehbuch als auch Regie selbst gemacht hat. Und wie sonst auch seine Kabarettprogramme ist dieser Film derb – eine pechschwarze Mittelschichtsatire, mitten aus dem Wiener Lotterleben.

„Wilde Maus“

Die seit Jahrzehnten schwelende Medienkrise erwischt immer wieder etablierte Redakteure eiskalt – dieses Mal ist Georg dran. Gleichzeitig sitzt seine 43-jährige Frau Johanna, gespielt von Pia Hierzegger, zu Hause und versucht schwanger zu werden. Es mag auf natürlichem Wege seit drei Jahren nicht funktionieren. Die Beziehung ist schon angespannt – vom verlorenen Job will Georg ihr jetzt nicht erzählen.

„Meine Ausbildung ist in jeder Hinsicht mangelhaft“, sagt Josef Hader, der Regie und Drehbuch nie wirklich gelernt hat, allerdings bei seinen Schauspielrollen immer häufiger auch beim Drehbuch mitgewirkt hat. Zum Beispiel 2016, als Hader in der Rolle des Stefan Zweig in dem mehrfach ausgezeichneten und derzeit bei den Oscars eingereichten Biopic „Vor der Morgenröte“ spielt. Josef Hader konzentriert seine Film- und Fernsehauftritte auf wenige Projekte, oft und besonders gern auf solche, bei denen er die Gelegenheit hat, gestalterisch mitzuarbeiten.

Wer Josef Hader mag, wird „Wilde Maus“ lieben. Urkomische Situationen neurotischer Großstädter reihen sich dicht aneinander, bourgeoises Murren auf hohem Niveau, dazwischen Wiener Ball- und elektronische Clubmusik, und tolle Aufnahmen des Praters und Schnee.

Mit seinem ersten Film feierte Hader die Premiere gleich im Wettbewerb der Berlinale. Für einen Bären als Auszeichnung hat es zwar nicht gereicht, doch überaus sehenswert ist der Film allemal – Wiener Schmäh vom Feinsten. Und trotz des Jammerns ist der Film unterm Strich eine Flucht ins absurd schöne, niemals perfekte Leben.

„Wilde Maus“ läuft ab dem 9. März in den deutschen Kinos.

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