Stille - in der Fastenzeit kann sie ein Mittel sein, um zu Gott zu finden.
13.03.2020
Andacht

"Und als sie aufblickten, sahen sie nur noch Jesus"

Vom tieferen Sinn der Fastenzeit

test
von Dr. Peter Jochem

In der Fastenzeit hören wir von vielen positiven Dingen, die wir tun können. Da gibt es Dinge wie Heilfasten, „Sieben Wochen Ohne“ (zum Beispiel. Pessimismus oder Rechthaberei) oder Klimafasten. Fast könnte man auf die Idee kommen, die Einschränkungen, die gegen eine Ausbreitung des Coronavirus notwendig sind, auch als ein Fasten zu verstehen.

Ist das aber ein Fasten, wie es dem Herrn gefällt? Worum geht es beim Fasten? Einfacher ist zunächst zu sagen, worum es nicht geht: Es geht nicht um Selbstoptimierung, es geht auch nicht um die Rettung der Erde. Es geht auch nicht um die Verhinderung des Coronavirus, so wichtig dies auch sein mag. Wenn wir ehrlich sind, sind nämlich all diese Vorschläge nichts anderes als Strategien, mit denen wir unsere Ängste beruhigen wollen.

Da ist die berechtigte Sorge um unsere Gesundheit längst zu einer Panik geworden (Heilfasten und Corona). Die berechtigte Sorge, mit Schwarzmalerei und Rechthaberei andere Menschen zu verprellen, mutiert zum Beliebtheitswettbewerb, um bloß nicht aus dem Dschungelcamp zu fliegen. Und auch hinter einem Klimafasten kann sich der Größenwahn verstecken, diese Welt ewig zu machen, damit ich und meine Nachfahren es uns hier auf ewig gemütlich machen können.
Hier entlarvt sich also eine Bewegung, die oft gläubigen Menschen vorgeworfen wird: ein Handeln aus Angst vor dem Tod und dem ewigen Verderben.

Leere Regale sind in den Supermärkten in Zeiten des Coronavirus keine Seltenheit.
Leere Regale sind in den Supermärkten in Zeiten des Coronavirus keine Seltenheit.

Wie eine Zusammenfassung des Ziels der Fastenzeit

Und nun – wir sind hier ja bei YOUPAX und dann auch noch im Bereich der Andachten – wird manch ein Leser vorausschauend mutmaßen: Und nun kommt der Priester mit dem ewigen Leben um die Ecke?! Diese Mutmaßung kann ich mit einem ebenso entschiedenen Ja wie Nein beantworten. Denn es wäre anmaßend – zumal in Zeiten der Bedrohungen – wenn wir Christen so täten, als hätten wir keine Angst.

Am zweiten Fastensonntag haben wir aus dem Matthäusevangelium gehört, wie Jesus auf dem Berg verklärt wird, wie seine Kleider leuchtend weiß werden, er mit Mose und Elija spricht. Zeugen des Geschehens sind nur Petrus, Jakobus und Johannes. Als wenn dieses Geschehen nicht schon unheimlich genug wäre! Doch erst als eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie wirft und die Stimme des Vaters spricht, fallen sie schreckensstarr mit dem Gesicht zur Erde.

Was dann kommt, kann man als eine wahre Zusammenfassung dessen bezeichnen, was das Ziel einer österlichen Bußzeit, der Fastenzeit, ist, nämlich: aufblicken und nur noch Jesus sehen. Aber das ist kein romantischer Moment finaler Erkenntnis. Dieser Satz beendet die Szene der Verklärung Jesu auf dem Berg und erzählt, wie es Petrus, Jakobus und Johannes ergeht, die vor Schreck und von Furcht erschüttert auf ihr Antlitz gefallen sind und nun aufblicken und nur noch Jesus dastehen sehen. Sie sind doch zuvor von Jesus berührt und ermuntert worden, sich nicht zu fürchten und sich zu erheben.

Tabor - der Berg der Verklärung
Tabor - der Berg der Verklärung
Die Kriche auf dem Berg der Verkündigung.
Die Kriche auf dem Berg der Verkündigung.

Auch die Jünger haben Panik

Tiefer verstehen wir vielleicht die Erschütterung der drei, wenn wir uns in das zuvor Geschehene einfühlen. Am Anfang des vorherigen Kapitels fordern die Pharisäer und Sadduzäer Jesus heraus, er solle ein wirkmächtiges Zeichen zu seiner Legitimation geschehen lassen. Die Pharisäer und Sadduzäer wollen Klarheit und Sicherheit darüber, mit wem sie es bei Jesus zu tun haben, damit sie mit ihm rechnen – besser gesagt: kalkulieren – können. ER verweigert es ihnen und spricht klauselhaft, dass ihnen das Zeichen des Jona gegeben werde.

Darauf machen sich die Jünger Sorgen, dass sie nicht genügend Brote dabei haben. Und das, obwohl erst kurz zuvor die wundervolle Brotvermehrung, bei der alle satt geworden sind, sich ereignet hat.

Und dann fragt Jesus die Jünger, für wen ihn die Menschen halten. Und – zur Überraschung der Jünger – für wen diese ihn halten. Da legt Petrus das große Bekenntnis ab: Du bist der Sohn des lebendigen Gottes (vgl. Mt 16,16). Jesus preist Petrus dafür zunächst selig, weil ihm das sein Vater direkt offenbart habe, um ihn dann schroff zurechtweisen, weil dieser Jesus von seinem Weg zum Kreuz abhalten will: „Geh weg, hinter mich Satan! Ärgernis bist Du mir, weil du nicht sinnst, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“ (Mt 16,23)

Schließlich fordert Jesus jeden, der ihm nachfolgen will, auf, sein Kreuz zu tragen, und nimmt Petrus, Jakobus und Johannes mit auf den Berg der Verklärung.

Lass Dich von ihm berühren

In all dieser Verwirrung (verweigertes Zeichen), all dieser Sorge (zu wenig Brote), in all dieser Verunsicherung (für wen halten die Menschen mich, Seligpreisung und harte Zurechtweisung des Petrus) und in all dieser Angst und Panik bricht nun die Herrlichkeit Jesu durch, die in seiner Sohnschaft liegt. Das ist sicherlich tiefe Erschütterung nach all diesem Gefühls- und Gedankenchaos. Aber es zeigt deutlich an, worum es auf dem Weg über Golgatha hin in den Garten des Auferstehungsmorgens geht: Jesus als den zu erkennen, der er ist. Wer das tut und diesen Weg in seiner Nachfolge mit ihm wagt, wird auch sich selbst in ihm erkennen.

Mossaik in der Verklärungsbasilika.
Mossaik in der Verklärungsbasilika.

Auf diese Weise wird all das mit hinein genommen, was uns bewegt – auch die ganze menschliche Glaubensschwäche, über die nun der Glaube triumphiert. Denn jetzt erst wissen die Jünger, dass wahr ist, was Jesus dem Petrus gesagt hat: Dass eben nicht Fleisch und Blut dem Petrus offenbar gemacht haben, dass Jesus der Messias der Sohn des lebendigen Gottes ist, sondern sein Vater in den Himmeln (vgl. Mt 16,17). Jetzt hören sie die Stimme des Vaters selbst, die Jesus als den Sohn bezeugt (vgl. Mt 17,5). Im Präsens sagt dieselbe Stimme: HÖRT IHN. Darauf „trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf, habt keine Angst!“ Jetzt erkennen wir: Fasten ist zuerst ein Beziehungsgeschehen mit Jesus selbst im Mittelpunkt!

Also, in all Deinen Zweifeln, Deiner Verwirrung, Deiner Sorge und panischen Angst: Lass Dich von IHM berühren, steh auf, fürchte Dich nicht, sieh nur IHN da stehen und wisse, es ist ALLES da, geliebte Tochter geliebter Sohn, nämlich der Messias, der Sohn des lebendigen Gottes: Hör IHN - erzähle IHM!

Ganz so, wie wir das am dritten Fastensonntag hören werden, wenn uns Johannes von der Begegnung Jesu mit der Frau am Jakobsbrunnen berichtet. Jesus erzählt, die Frau erzählt und Jesus hört ihr zu und verheißt ihr, dass, wenn sie ihn bäte, er ihr Wasser geben würde, dass in ihr zur lebendigen Quelle wird, die sprudelt zum ewigen Leben. Das ge-nügt!

Und so beten wir:

Christus, göttlicher Herr,
Dich liebt, wer nur Kraft hat zu lieben:
unbewusst, wer Dich nicht kennt;
sehnsuchtsvoll, wer um Dich weiß.

Christus, Du bist meine Hoffnung,
mein Friede, mein Glück, all mein Leben:
Christus, Dir neigt sich mein Geist;
Christus, Dich bete ich an.

Christus, an Dir halt’ ich fest
mit der ganzen Kraft meiner Seele:
Dich, Herr, lieb’ ich allein –
suche Dich, folge Dir nach.

(Alphanus von Salemo)

Mix