Zwischen Liebeskummer, Schulstress, Domwallfahrt und „Hilde unplugged“
12.07.2013

Zwischen Liebeskummer, Schulstress, Domwallfahrt und „Hilde unplugged“

Ein Tag mit Schulseelsorger Christian Haase

Ein ganz normaler Vormittag in Hagen. Der Hof der katholischen Hildegardis-Schule ist verwaist. Es herrscht Ruhe und in Klassen sieht man Schüler brav an ihren Tischen sitzen und den Ausführungen der Lehrer folgen oder etwas mitschreiben. Dann erklingt der Pausengong und die Ruhe ist vorbei. Schülerinnen und Schüler laufen kreuz und quer durch die Pausenhalle. Für Christian Haase steht jetzt der wichtigste Arbeitseinsatz des Tages an. Der 35-Jährige ist Schulseelsorger an der Hildegardis-Schule, jetzt heißt es Kontakte knüpfen, Gespräche führen, genau hinhören und manch aufmunterndes Wort sprechen. Aus den 15 Minuten Pause ergibt sich meist mehr. Bis zur ersten oder zweiten großen Pause ist es jedoch ein langer Weg – nicht nur für Schüler.

8 Uhr steht Schulgottesdienst für die Siebtklässer in der Schulkapelle des Gymnasiums an. Christian Haase feiert einen Wortgottesdienst mit den jungen Schülern, die trotz der frühen Uhrzeit gerne und laut die modernen Kirchenlieder mitsingen. Am Schluss verlassen alle gut gelaunt die Kapelle. „Ein guter Start in den Tag“, meint Christian Haase und packt seine Tasche. Ihn führt der Weg zu einer Tasse Kaffee ins Lehrerzimmer. Jeder hat hier seinen festen Platz, obwohl Christian Haase sein eigenes Büro hat und nur acht Stunden Religion in der Unterstufe unterrichtet.

Lehrerin Hedi Feldmann wünscht ihrem Kollegen einen guten Morgen. Sie freut sich über das Angebot der Schulseelsorge: „Es ist für uns absolut wichtig, dass es für Schüler und Lehrer hier einen Ansprechpartner gibt, der nichts mit Notenvergabe zu tun hat“, sagt Hedi Feldmann. Das stimmt zwar nicht ganz, denn auch die Fünf- und Sechsklässler wollen benotet werden, aber Christian Haase war es ganz wichtig, nicht die Schüler benoten zu müssen, die er auch berät und begleitet, und dass sind eher die älteren Schüler.

Liebeskummer, Familienprobleme, Schulstress oder Mobbing – die Liste an Themen ist lang, mit denen sich Christian Haase unter Schweigepflicht beschäftigt – wenn die Schülerinnen und Schüler wollen. Sorgen hat ihm in diesem Jahr der aktuelle Abiturjahrgang mit verkürzter Schulzeit bereitet. „Die Schüler standen sehr unter Druck, für Freunde, Familie und Hobbys war kaum noch Zeit da, und bei manchem Schüler sind bei einer guten Zwei die Tränen gekullert, weil die ganzen NCs verschärft wurden“, so Christian Haase. Da reiche oft nicht mehr die Aufmunterung, dass „Noten dich nicht als Person auszeichnen.“ Deswegen war er die ganze Zeit während der mündlichen Abiturprüfungen mit Taschentüchern und Süßigkeiten in der Schule präsent.

„Jetzt geht es richtig los“, sagt Christian Haase und schaut auf die Uhr, „in einer Minuten beginnt die Pause“. Der Kaffee wird ausgetrunken und der Schulseelsorger – vor Stellenantritt war er Gemeindereferent in Dortmund – macht sich auf in die Pausenhalle und auf den Schulhof. Dort gibt es fast überall ein großes Hallo, wenn Christian Haase auftaucht. Schülersprecherin Nadine Palmowski hat ein Anliegen und kann es im Gespräch direkt loswerden. „Für uns ist Christian Haase jemand, der einfach immer da ist, egal was ist“, sagt die 17-Jährige. „Er zwingt keinem etwas auf, auch wenn er natürlich für die christlichen Werte hier steht, er sorgt für ein gutes Schulklima und im Grunde genommen ist er ein cooler Typ, sogar bei Facebook“, erzählt sie und gerät fast ins Schwärmen. Gutes erzählen über Christian Haase kann auch Lukas Haurand. „Der ist für uns eher ein Freund, keine Lehrkraft oder so“, sagt der 18-Jährige. „Für uns alle ist es mittlerweile selbstverständlich, dass es jemanden gibt, wo man hingehen kann, wenn man Sorgen hat.“

Christian Haase ist es aber auch wichtig, bei der Gestaltung der Hildegardis-Schule und ihrem christlichen Profil mitzugestalten. Da gibt es „Tage der religiösen Orientierung“, einen Jugendkreuzweg, die Domwallfahrt, einen Fair-Trade-Tag oder eben auch die Gründung einer Anti-Mobbing-AG. Zur Heiligsprechung von Schulpatronin Hildegard von Bingen gab es dann auch ein kleines Festival mit dem Titel „Hilde unplugged“.

Die Liste, mit der sich Schulseelsorge beschäftig, ist lang. Spätestens, wenn nach 15 Minuten der Gong ein zweites Mal klingelt, kehrt wieder Ruhe ein. Dann gibt es noch eine ganze Reihe andere Themen, die abgearbeitet werden…

In der Schulkapelle feiert Christian Haase Gottesdienst mit den Schülern.
Nadine Palmowski und Lukas Haurand im Gespräch mit Christian Haase.

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