31.10.2018
Lifestyle

An den Rändern der Welt

Ein Naturfotograf besucht die letzten indigenen Gemeinschaften der Welt

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von Caroline von Eichhorn

Sonnenaufgang, Staub wirbelt über die Steppe, ein nackter Junge führt zwei Kälber an der Leine. „Muh. Mäh“, schallt es durch die karge, flache Landschaft. An einem Zaun lehnen zwei hagere Kinder mit weißer Farbe im Gesicht.

Die Mundari leben in der Steppe des Südsudans.

Was im ersten Moment surreal wirkt, ist der Alltag der Hirten am weißen Nil im Südsudan: Die Mundari. Es soll noch etwa 70.000 – 100.000 von ihnen geben. Sie leben eng mit den Tieren. Sie nennen ihre Kinder nach ihnen und sie reiben sie mit Asche ein, um sie zu säubern und vor Insekten zu schützen. Ein friedliches Leben. Um die Mundari herum herrscht Bürgerkrieg.

Seit 30 Jahren ist der Naturfotograf Markus Mauthe in entlegenen Gegenden wie im Südsudan unterwegs. Er besucht Kulturen die vielleicht nicht mehr lang existieren werden. Der Regisseur Thomas Tielsch hat ihn über zwei Jahre hinweg begleitet.

Die beiden reisen etwa auch zu den äthiopischen Mursi, die runde Tonscheiben in ihre eingeschnittenen Unterlippen legen. Sie besuchen die Bajau, indonesische Seenomaden und die Awa, ein brasilianische Urvolk, das am Amazonas lebt. Ihre Welten scheinen magisch. Sie wirken lebensklug, gastfreundlich und unverstellt. Betörend schön, irgendwie.

Doch der Film dokumentiert auch, wie gefährdet die Lebensräume sind. „Das sind fragile Gesellschaften in ebenso fragilen Lebensräumen, deren Ende nahe zu sein scheint“, sagt Regisseur Thomas Tielsch. „Nomaden werden sesshaft, Indios tief in den Wäldern des Amazonas sehen fern, andere verteidigen ihren Lebensraum mit internationaler Hilfe.

Die Bajau sind indonesische Seenomaden.

Der Film beschreibt die wachsende Anpassung indigener Lebensweisen an die westliche Zivilisation.“ Eine meist unfreiwillige Anpassung als Folge von kulturellen und wirtschaftlichen Verdrängungsprozessen. Bald schon wird die westliche Zivilisation in alle Ecken unserer Erde vorgedrungen sein, „und niemand ist mehr übrig, von dem wir lernen können“, sagt der Fotograf Markus Mauthe, der sich damit auch selbst angreift: Schließlich tragen seine Reisen und der Film dazu bei, dass die Kulturen von Fremden zur Schau gestellt werden.

Was können wir tun, um die Schönheit und Vielfalt dieser Erde zu erhalten? Die Frage stellt man sich, wenn man den Film sieht – und gleichzeitig fragt man sich, welchen Preis die Schönheit hat. Die Mundari etwa sind nach unseren Maßstäben arm und unterernährt. Ihre Kultur bewahren? Oder bessere Lebensumstände ermöglichen? Am besten wäre natürlich beides.

Markus Mauthe zeigt seine letzten Schüsse.

Ab dem 1. November in diesen deutschen Kinos.

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