Hardehausener Medientage thematisieren "Jugendpastoral im digitalen Zeitalter"
Eine ganze Weile hatten die Experten auf dem Podium im Jugendhaus Hardehausen schon miteinander diskutiert, als sich die Zielgruppe kraftvoll zu Wort meldete. „Die Firmvorbereitung war beschissen und hinterher habe ich mich gefragt, wofür ich eigentlich meine Zeit geopfert habe.“ Hoppla, das saß! Till Schenuit sagte das, 17 Jahre alt, engagierter Jugendlicher aus dem kleinen Ort Belecke in der Nähe von Warstein. Es ging gar nicht um Firmvorbereitung bei dieser Veranstaltung, trotzdem war Tills Einwurf passend, bedeutete er doch so ungefähr dies: Ihr labert schön, aber vielleicht könnt ihr auch mal zuhören?
Fragen zu beantworten, die keiner gestellt hat, hat ja angeblich in der Kirche eine gewisse Tradition, aber im digitalen Zeitalter rächt sich das sofort. Was tun? Darum ging es bei den ersten Hardehausener Medientagen „Jugendpastoral im digitalen Zeitalter“, zu der das Erzbistum Paderborn und seine JUPA-Redaktion eingeladen hatte. Referentinnen für Jugend und Familie aus den Dekanaten waren gekommen, Menschen aus Jugendverbänden und Jugendbildungsstätten, eine Vielzahl von engagierten Jugendliche und sogar ein Vertreter des Erzbischofs. Prälat Thomas Dornseifer nämlich, er leitet im Erzbischöflichen Generalvikariat die Hauptabteilung Pastorale Dienste, vielleicht so etwas wie der Bereich Produktmanagement des Erzbistums. Er bekannte gleich in seiner Begrüßung, er sei ein „mediales Fossil“, aber immerhin besitze er ein Smartphone. Für die Teilnehmer der Tagung hatte er aber eine gewichtige Botschaft: „Ich möchte Sie ermutigen Ihren Glauben in die Sozialen Medien einzubringen. Sie sind die authentischen Zeugen unseres Glaubens in der digitalen Welt.“
Jugendliche, so berichtete Dr. Christian Klenk von der Uni Eichstätt, nutzen ihr Handy vor allem, um damit ins Internet zu gehen, und ins Internet gehen sie vor allem, um dort zu chatten, also zu kommunizieren. Kirche treffen sie dort kaum. Oder anders gesagt: In den Bereichen des Internets, in denen sie sich aufhalten, treffen sie Kirche nicht. Klar: Die Kirche hat eigene Seiten, es ist nicht so, dass man sich über seinen Bischof nicht im Internet informieren könnte, aber wer macht das? Vor allem Hauptamtliche oder Ehrenamtliche, also Menschen der Kirche.
In den Chaträumen und dort, wo Jugendliche sind, bei YouTube zum Beispiel mit seinen millionenfach gefolgten Stars, kommt Kirche auch vor. Es wird gespottet, gelästert und hasserfüllt hergezogen. Über die Kirche oder über das, was man dort für Kirche hält: zum Beispiel krude Internetseiten, in denen rechtsradikales Gedankengut propagiert wird. Einer der Referenten der Tagung, Dr. Michael Hertl, Internetredakteur bei der deutschen Bischofskonferenz, führte ein Beispiel vor: LeFloid macht sich lustig über kreuz.net. Kreuz.net kannten natürlich alle im Saal, aber LeFloid ist nur bei den Jugendlichen bekannt.
Ein junger Zuhörer aus dem Publikum fragte, warum nicht mal offiziell klargestellt werde, dass solche rechten Seiten nichts mit der Kirche zu tun haben? Damit wurde das Problem offenbar: Denn natürlich wissen in der Kirche alle, dass die inzwischen abgeschaltete Seite kreuz.net keine offiziell-katholische Seite ist, auch die Bischofskonferenz hat dies mehrfach klargestellt und sich distanziert, aber gehört haben dies nur wenig. Die Frage stellt sich also: Wie kommt man in die Netze und vor allem wer? Wer postet die frohe Botschaft? Mutig, glaubwürdig?
Die Kirche, so erläuterte Dr. Hertl, diskutiere noch immer eine grundsätzliche Frage: Ist Kommunikation ein Wesensmerkmal der Kirche oder nur eine Funktion? Für ihn persönlich stehe außer Frage, dass Kommunikation ein Wesensvollzug ist: Wenn Kirche nicht kommuniziert, ist sie nicht Kirche. Schließlich stehe am Anfang der so genannte Missionsbefehl Jesu: „Geht zu allen Menschen und verkündet ihnen das Evangelium“. Und der Apostel Paulus habe noch hinzugefügt: „Wer von dieser Botschaft gepackt ist, kann gar nicht anders, als sie weiterzusagen.“ Dies habe die Kirche auch immer getan, auch noch in den Anfängen der sozialen Kommunikationsmittel.
Zu Zeiten des Apostels Paulus waren die handelsüblichen Medien Briefe und Marktplätze. Beides hat er genutzt. Briefe, also lange Texte, schreiben die Bischöfe heute noch, doch die Marktplätze sind über die Jahrhunderte hinweg abhandengekommen und damit auch die Fähigkeit ¬- und die Bereitschaft - Argumente zu formulieren und die des anderen anzuhören. Genau darauf aber kommt es in den digitalen Medien an. Verlautbarungen, womöglich noch seitenlang, gehen nicht. Kurz und knackig muss es sein. Und authentisch bitte! Experten dafür gibt es in der Kirche, Leute will Till Schenuit nämlich. Für seine Generation sind die digitalen Medien völlig selbstverständlich. Aber was erwartet er dann von der Kirche? Hilfestellungen, sagt er. Auch für ihn ist manches nicht klar. Nicht die Technik, ihm geht es eher um Fragen wie: Was darf ich hochladen? Welche Grenzen gibt es, ethisch, rechtlich? Wie bringe ich meinen Glauben ins Gespräch? Orientierung, würden die Pädagogen sagen, sucht er. Und dies übrigens auch in der analogen Welt. Der Jugendgottesdienst zum Beispiel, den er regelmäßig in seiner Gemeinde mit vorbereitet, sei ihr ihn Gelegenheit, zur Ruhe zu kommen, mal nachzudenken darüber, was eigentlich so passiert im Leben. Denn krankwerden und sterben ist immer noch ganz real. Und noch eins gibt er den Teilnehmern der Hardehausener Medientage mit auf den Weg: „Es gibt auch immer noch die normale Kommunikation“ und meint damit die persönliche, von Angesicht zu Angesicht.
Diözesanjugendpfarrer Stephan Schröder will auf die Fragestellungen reagieren. Junge Menschen müssten sprachfähig im Glauben werden. Einen ersten Akzent habe man daher mit der Initiative YOUNG MISSION im Jugendhaus in Hardehausen gesetzt. Der nächste Schritt folge im kommenden Jahr. Stephan Schröder: "Wir werden Jugendliche zu Medienscouts für unser Erzbistum qualifizieren."