13.03.2018
Lifestyle

Kino: Rückenwind von vorn

Manchmal ist einfach der Wurm drin. Wenn im Leben alles anders kommt, als man dachte, dann herrscht: Rückenwind von vorn.

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von Caroline von Eichhorn

So geht es der Grundschullehrerin Charlie, um die 30, obwohl auf den ersten Blick in ihrem Leben alles super ist. Sie arbeitet erfolgreich und mit Freude an einer Schule in Berlin. Sie lebt glücklich mit ihrem Freund zusammen, der mit ihr Kinder haben möchte. Eigentlich perfekt. Doch für Charlie fühlt es sich falsch an.

Der Film „Rückenwind von vorn“ greift diesen wichtigen Lebensabschnitt auf – wenn die Jugend sich dem Ende neigt. Mit Ende 20 stellen sich viele junge Leute zum ersten Mal langfristigere Fragen: Wie möchte ich eigentlich leben? Mit wem? Will ich Kinder haben? Und wenn ja, wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Wohin will ich noch reisen, bevor das passiert?

Grundschullehrerin Charlie versucht, ihren Weg im Leben zu finden

»Am Ende geht es nicht nur um die Frage, wer man vom Selbstbild her gerne wäre, sondern darum herauszufinden was man wirklich für sich braucht.«

PHILIPP EICHHOLTZ
Regisseur

Den für einen selbst passenden Lebensentwurf zu finden ist eine schwierige Herausforderung. Da ist der eigene Wille, und da ist der Einfluss von gesellschaftlichen, sozialen, familiären und finanziellen Kriterien. Charlie, gespielt von Viktoria Schulz, befindet sich in diesem Dilemma. Und dabei verguckt sie sich in ihren Kollegen.

Es ist der dritte Film des Regisseurs Philipp Eichholtz, der seine Filme meist aus einem Gefühl heraus macht und auf eigensinnige Weise umsetzt. Er hält sich an die Richtlinien des „Sehr gute Filme Manifest“ von Axel Ranisch - produziert mit wenig Budget, aber dafür auch unabhängig von großen Geldgebern. Dementsprechend hat Eichholtz seine Produktionsfirma „von OMA gefördert“ genannt, auch wenn das nicht die ganze Wahrheit ist. Und: Der Herstellungsvorgang seiner Filme ist für die Branche ungewöhnlich schnell. Zwischen der ersten Idee und dem fertigen Film liegen häufig nur ein paar Monate, um möglichst viel Platz für intuitive Entscheidungen zu lassen.

Tanz mit mir: Die 30-jährige Charlie wird gespielt von Viktoria Schulz
Das Kinoplakat von "Rückenwind von vorn"
"Rückenwind von vorn" zeigt das Leben der 30-jährigen Berlinerin Charlie.

Ein Gerade-noch-Coming-of-Age-Film

Lange interessierte sich kaum jemand für Eichholtz Independent-Filme, schon gar keine Kinobetreiber - auch weil die großen Marketingbudgets fehlten. Bis sein Film „Luca tanzt leise“ von Netflix angefragt wurde. Plötzlich hat Eichholtz ein großes Publikum und mehr Bekanntheit. „Rückenwind von vorn“ wurde im Februar 2018 sogar Eröffnungsfilm der Perspektive Deutsche Kino auf der Berlinale und schaffte es ins deutsche Kino, wo er ab 15. März läuft.

»Jeder kennt eine solche Charlie. Fast jeder durchlebt selbst eine solche Phase wie sie, und, das macht der Film klar, sie ist ziemlich wichtig.«

CAROLINE VON EICHHORN
YOUPAX-Kinokolumnistin

„Rückenwind von vorn“ ist ein sympathisch handgemachter Gerade-noch-Coming-of-Age-Film. Er punktet nicht mit ungewöhnlichen Kameraeinstellungen, sie sind eher Niveau eines typisch deutschen Fernsehfilms. Die Dialoge wirken ungeschliffen, die dramaturgische Wende kommt etwas unverhofft. Aber diese Merkmale machen den Film wiederrum sehr echt.

Gut gelungen ist der frühlingshafte Soundtrack mit Liedern von Dota Kehr, Ofrin und Christian Steiffen. Die Schauspieler sind vortrefflich ausgewählt und ihre Rollen aus dem Leben gegriffen. Jeder kennt eine solche Charlie. Fast jeder durchlebt selbst eine solche Phase wie sie, und, das macht der Film klar, sie ist ziemlich wichtig. “Am Ende geht es nicht nur um die Frage, wer man vom Selbstbild her gerne wäre, sondern darum herauszufinden was man wirklich für sich braucht“, sagt Philipp Eichholtz.

Ab dem 15. März im Kino.

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